Die heimliche Braut
könnte nicht glücklicher sein. Nicholas ist ein wunderbarer Mann. Du wirst schon sehen!”
“Dann hatte Vater also recht mit seiner Schwärmerei über ihn? Mein Gott, das nimmt ja überhaupt kein Ende.”
“Nein, vermutlich nicht!”, bekräftigte sie lachend. Sie stellte sich bereits vor, wie ihr Onkel die Ereignisse hier auf Dunkeathe schildern würde.
“Und dass auch Vater heiratet! Liegt das wohl am Brunnenwasser hier oder an was sonst?”
“Das glaube ich nicht”, entgegnete Riona. “Trotzdem: Sieh dich vor beim Trinken!”
“Ja, denn sonst könnte wer weiß was passieren”, sagte er in seiner leichtfertigen, jungenhaften Art. Riona aber kannte ihn zu gut, als dass sie sich von seiner gespielten Unbekümmertheit hätte täuschen lassen.
“Wie geht es Aigneas?”
“Gut, und sehr glücklich ist sie auch. Per Handschlag verheiratet. Mit einem Burschen aus dem Nachbartal.”
“Aha! Hast du denn schon einige der jungen Damen hier getroffen? Lavinia und Priscilla oder Eleanor?”
“Aye. Die waren alle im Rittersaale und machten viel Getue um mich, als sie erfuhren, wer ich bin.”
“Das kann ich mir vorstellen! Wo du doch so ein hübscher Kerl bist. Schade, dass Lavinia und Priscilla bereits versprochen sind, nicht wahr?”
Kenneth fuhr mit der Hand über das Fenstersims, als wolle er prüfen, ob die Maurer auch ganze Arbeit geleistet hatten. “Stimmt, alle sind sehr liebreizend. Du trägst übrigens ein schönes Kleid, Riona!”
Er war bemüht, das Thema zu wechseln, doch das wollte sie ihm nicht durchgehen lassen. “Es gehörte Eleanor. Sie ist ein süßes und großmütiges Mädchen. Hat dein Vater dir bereits mitgeteilt, dass sie nach der Hochzeit mit euch zurück nach Glencleith reist?”
Kenneth warf ihr einen scharfen Blick zu. “So?”
“Allerdings.”
Er begutachtete wieder das Fenster. “Wie lange wird sie denn bleiben?”
Riona musste sich ein Lächeln verkneifen. “Das weiß ich nicht, aber es könnte schon geraume Zeit währen.” Sie zog ihre Stirn in Falten, als mache sie sich ernste Sorgen. “Sie ist mir eine gute Freundin, weshalb ich dir ans Herz lege, sie gütig und höflich zu behandeln – auch wenn sie Normannin ist.”
Gleichgültig zuckte er mit den Achseln. “Gewiss werde ich höflich sein!”
“Gut. Und achte darauf, dass sie nicht zu einsam ist. So ganz allein unter lauter Schotten.”
“Ich habe Wichtigeres zu tun, als Amme für ‘ne Normannin zu spielen.”
“Aber ein wenig Zeit kannst du doch sicher für sie erübrigen. Sonst wäre es nämlich besser, sie bliebe gleich hier auf Dunkeathe …”
“Nicht nötig! Sie wird in Glencleith ja auch noch Vater und Fredella haben. Außerdem gibt es dort etliche Mädchen ihres Alters.”
Allmählich wurde es schwer, sich das Grinsen zu verbeißen. “Nun, wenn sich’s als zu mühsam erweist, kannst du sie ja hierher zurückbringen. Nicholas und ich werden sie mit Freuden aufnehmen.”
“Werde ich mir merken.”
“Aha! Hier seid ihr beiden also”, rief Onkel Fergus, der plötzlich im Türrahmen auftauchte. Wie sein Sohn war er in ein feines weißes Linnenhemd sowie seine Schottentracht gekleidet. “Ich wunderte mich schon, wo du wohl stecken könntest, Kenneth.” Bewundernd musterte er seine Nichte. “Riona, meine Schönste, du siehst so bezaubernd aus wie deine selige Mutter.” Sein Lächeln bekam einen wehmütigen Stich. “Ich werde dich so sehr vermissen, dass ich fast glaube, es wäre besser gewesen, wir wären daheim geblieben.”
Riona eilte auf ihn zu und drückte liebevoll seinen Arm. “Auch du wirst mir fehlen, Onkel. Leider ist es zu spät, um noch etwas zu ändern. Ich habe mich in den Herrn zu Dunkeathe verliebt.”
Onkel Fergus räusperte sich. “Dann”, so brummte er schroff, “sehen wir lieber zu, dass wir dich unter die Haube bekommen.” Er tätschelte ihr die Hand und wandte sich an seinen Sohn. “Komm, Kenneth! Die Dudelsackpfeifer warten schon. Zeigen wir diesen Normannen, wie waschechte Schotten Hochzeit feiern!”
Etliche Stunden später – wenn auch für den Bräutigam nicht annähernd früh genug – stand Nicholas, seine Braut auf Händen tragend, vor der Schwelle zu seinem Schlafgemach.
“Wenigstens die Treppe hätte ich doch zu Fuß hinaufgehen können”, murrte Riona lachend.
“Ich möchte auf keinen Fall, dass du müde bist”, erwiderte er, die Stimme leise und tief.
Dann trug er sie über die Schwelle. Der Kerzenständer war aus der Ecke geholt,
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