Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler
seiner Vorfahren haust. Überhaupt ist Nathan meine Lieblingsfigur im Roman, deshalb durfte er auch den Titel zieren.
Am Neupfarrplatz biegen wir in die Residenzstraße und dann rechts auf den Domplatz. Hier steht das Wahrzeichen Regensburgs: der Dom . Das Innere hat sich seit Jakob Kuisls Zeiten stark verändert. Wenn Sie die Sebastiansstatuette sehen wollen, in der Paulus Mämminger die Botschaft für den kaiserlichen Agenten versteckt, müssen Sie deshalb ins Domschatzmuseum nebenan gehen. Der lange Pfeil der Statuette ist tatsächlich eine Röhre, durch die zum Glaubensfest des heiligen Sebastian die Gläubigen geweihten Wein saugten. Wahre Geschichten sind eben oft skurriler als jede Erfindung.
Heutzutage kann man auf den Stufen des Doms hervorragend in der Sonne dösen und ein Nickerchen machen – ohne dabei wie Magdalena fast vom Mob gelyncht zu werden. Legen Sie hier eine kleine Pause ein. Sollte Ihnen der Sinn jedoch nach einem Mittagessen mit grandioser Aussicht stehen, dann gehen Sie hinüber zum Haus Heuport .
Dasehemalige Patrizierhaus steht genau gegenüber vom Dom. In meinem Roman residiert dort der venezianische Gesandte Silvio Contarini, heute befindet sich darin ein Restaurant. Auch wenn Sie nichts essen wollen, gehen Sie unbedingt hinein! Nirgendwo sonst können Sie so gut nachempfinden, wie es sich als Patrizier oder Gesandter gelebt haben muss. Es gibt einen lauschigen Innenhof, prunkvolle Säle, große Fenster hinaus zum Domplatz – und an der Treppe die Statue des schönen Jünglings, in dessen Rücken Ratte, Kröte und Schlange nisten. Im Buch ein früher Hinweis auf den wahren Charakter Silvios.
Links neben dem Dom steht der Bischofshof , in dem der Henker Kirchenasyl sucht. Damals herrschte hier eine eigene Gerichtsbarkeit, die hinter dem großen Portal an der Westseite begann. Die bischöfliche Brauerei hat es tatsächlich gegeben, mittlerweile ist sie allerdings umgezogen. Das Bier ist jedoch immer noch zu empfehlen. Ich selbst habe während eines längeren Regengusses im dortigen Restaurant Unterschlupf gefunden und bin Glas für Glas mehr auf den Geschmack gekommen.
Wenn Sie um den Bischofshof herumgehen, stoßen Sie auf die daran angrenzende Porta Praetoria – Regensburgs ältestes Kulturdenkmal. Das römische Tor stammt aus dem Jahr 179 nach Christus und ist einer der letzten Überreste des damaligen Kastells Castra Regina, welches Regensburg seinen Namen gab. 1649 wurde es Teil des bischöflichen Brauhauses und erst über zweihundert Jahre später wiederentdeckt. Den vermauerten Durchgang vom Bischofshof hinaus auf die Gasse Unter den Schwibbögen habe ich erfunden. Doch die Bögen gab es tatsächlich. Sie waren früher überdachte Brücken, die vom Bischofshof zu einigen ebenfalls dem Bischof gehörenden Häusern auf der anderen Straßenseite führten.
Nurein Stückchen weiter stadtauswärts stand in dieser Straße das Wirtshaus Zum Walfisch , in dem Magdalena und Simon Unterschlupf finden. Heute zeugt nur noch das Wirtshausschild mit Jonas und dem Wal von der einstigen Spelunke, das jetzige Lokal hat mit dem legendären ›Walfisch‹ nichts mehr gemein. Eine der schillerndsten Figuren Regensburgs verkehrte im späten 17 . Jahrhundert hier: der englische Gesandte Sir George Etherege, ein Dandy par excellence. Der schrullige Adlige umgab sich mit Huren, Spielern und Gauklern, schrieb Komödien, feierte rauschende Feste und trauerte seinem verruchten London nach. Um der Regensburger Langeweile zu entfliehen, verkehrte er in den übelsten Kneipen und tanzte mit Dirnen halbnackt auf der Straße. Na, erkennen Sie ihn wieder? Mit dem venezianischen Gesandten Silvio Contarini habe ich versucht, dieser einzigartigen Figur wieder Leben einzuhauchen. Aber sicher war Sir Etherege ein viel sympathischerer Zeitgenosse als der schmierige kleinwüchsige Venezianer.
Auch eine andere Figur in meinem Roman hat ein historisches Vorbild: die Kupplerin Dorothea. Im 18 . Jahrhundert führte eine gewisse Dorothea Maria Bächlein ein Bordell im Peterstor im Süden der Stadt. Leider ist von Tor und Bordell nichts mehr zu sehen. Und auch das Henkershaus in der heutigen Königsstraße 2 steht nicht mehr.
Schwierig gestaltete sich zudem die Recherche der Regensburger Brunnenstube , in der mein Showdown spielt. Früher befand sie sich in der Nähe des Galgenbergs südlich der Stadt, heute liegt sie unter der vielbefahrenen Universitätsstraße. Als ich die Brunnenstube besichtigen wollte,
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