Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
Weib.“
„Ach, das glaube ich aber schon.“ Sie betrachtete ihn von oben bis unten und hielt inne, weil er so etwas Besonderes war. Wirklich bemerkenswert. Das Licht des Stroboskops ließ regenbogenfarbene Reflexe über sein Gesicht und seinen Körper regnen, einen Körper, der so markant war, als sei er aus Stein gemeißelt. Lucien trug ein schwarzes T-Shirt und eine Jeans. Unter dem Stoff zeichneten sich so deutlich seine Muskelstränge ab, dass man als Frau das Höschen festhalten musste. Alles meins.
„Ich habe gesagt, fass mich nicht an!“, bellte er.
Sie sah ihm wieder in die Augen und hob die Hände. „Ich fasse dich gar nicht an, Baby.“ Aber ich will dich anfassen … ich habe da einen Plan … ich werde es tun.
„Dein Blick sieht aber nicht danach aus.“ Er betrachtete sie mürrisch.
„Das liegt daran, dass …“
„Ich werde mit dir tanzen“, unterbrach sie ein anderer Krieger. Schon wieder Paris.
„Nein.“ Anya ließ sich nicht ablenken. Sie wollte nur Lucien und keinen anderen.
„Könnte ein Lockvogel sein“, meldete sich ein anderer Lord zu Wort, der sie wahrscheinlich schon misstrauisch beobachtet hatte. Sie erkannte seine tiefe Stimme. Sabin, der Wächter des Zweifels.
Ich bitte euch, ein Lockvogel? Als wollte sie jemanden aus anderen Gründen als den eigenen irgendwohin locken. Lockvögel, das waren dumme Mädchen, die sich selbst opferten. Im Auftrag der Jäger verführten sie die Lords, damit sie hinterrücks von den Jägern umgebracht werden konnten. Und mal im Ernst: Welcher Idiot würde einen Lord umbringen, ohne sich vorher ein wenig mit ihm vergnügt zu haben?
„Ich glaube kaum, dass die Jäger sich so schnell nach der Seuche wieder aufraffen konnten“, gab Reyes zu bedenken.
Ach ja, die Seuche. Einer der Lords war von dem Dämon der Krankheit besessen. Sobald er einen Sterblichen berührte, infizierte er diese Person mit einer grauenhaften Pest, die innerhalb kürzester Zeit tödlich verlief.
Seitdem er dies wusste, trug Torin jederzeit Handschuhe und verließ die Burg kaum, um zu vermeiden, dass er menschliche Wesen ansteckte. Er lebte zurückgezogen und schützte so die Menschen vor seinem Fluch. Schließlich konnte er nichts dafür, dass eine Gruppe Jäger in die Burg geschlichen war und versucht hatte, ihm die Kehle durchzuschneiden. Das war vor einigen Wochen gewesen.
Torin hatte überlebt, im Gegensatz zu den Jägern.
Aber leider waren da draußen noch viel mehr Jäger. Im Ernst, sie waren wie die Fliegen. Sobald man einen ausgeschaltet hatte, tauchten an seiner Stelle zwei neue auf. Auch gerade jetzt warteten sie irgendwo da draußen und lauerten auf ihre Chance. Die Lords mussten weiterhin vorsichtig sein.
„Außerdem wäre sie auf keinen Fall an unseren Sicherheitsleuten vorbeigekommen“, fügte Reyes hinzu. Seine schrille Stimme holte Anya aus ihren Tagträumen.
„Genauso wie sie es niemals geschafft hätten, in die Burg zu kommen und Torin fast den Kopf abzuschlagen?“, fragte Sabin.
„Verdammt! Paris, du bleibst hier und passt auf sie auf, während ich draußen mal nach dem Rechten sehe.“
Sie hörte Schritte und leises Fluchen.
Na toll. So ein Mist. Wenn die Krieger draußen irgendwelche Spuren von Jägern fanden, dann hatte sie keine Chance mehr, sie von ihrer Unschuld zu überzeugen. Unschuld insofern, als sie zumindest mit den Jägern nichts zu tun hatte. Lucien würde ihr nie sein Vertrauen schenken und sich in ihrer Gegenwart entspannen. Er würde sie niemals anfassen, es sei denn, er wäre wütend.
Doch sie ließ sich ihre Überlegungen nicht anmerken. „Vielleicht habe ich nur die Schlange vor der Tür gesehen und bin mit den anderen hereingekommen?“, sagte sie zu Paris und einem anderen Lord, der sie aufmerksam beobachtete. Mit gepresster Stimme fügte sie hinzu: „Und vielleicht kann ich mit dem großen Kerl hier mal eine Minute allein sprechen. Das ist privat.“
Auch wenn sie den Hinweis verstanden hatten, rührten sich die übrigen Lords keinen Millimeter von der Stelle.
Gut. Dann musste es eben anders gehen.
Als sie anfing, sich langsam im Rhythmus der Musik zu bewegen, sah sie Lucien in die Augen und strich sich mit den Fingerspitzen über den flachen Bauch. Stell dir vor, das wären deine Hände, suggerierte sie ihm in Gedanken.
Natürlich gab er nicht nach. Aber seine Nasenflügel bebten auf diese aufregende Art, und sein Blick folgte jeder Bewegung ihrer Hände. Er schluckte.
„Tanz mit mir.“ Dieses Mal
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