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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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musste. Ich hätte
     ihm den Todesstoß versetzen können, doch ich wandte mich von ihm ab, ließ ihm Zeit aufzustehen, und alle Dänen sahen, dass
     ich ihm diese Möglichkeit gewährte, und dann sahen sie, wie ich meinen Schild wegwarf. «Ich lasse ihm noch eine Gelegenheit
     zu kämpfen», rief ich ihnen zu. «Er ist ein erbärmlicher Dieb, aber ich lasse ihm noch eine Gelegenheit, sich zu wehren!»
    «Du sächsischer Hurensohn», stieß Ivarr hervor und griff mich erneut an. Das war seine Art zu kämpfen. Angreifen, angreifen,
     angreifen, und er wollte mich mit seinem Schild |465| wegdrängen, doch ich wich ihm erneut aus und schlug ihm mit der flachen Seite meiner Schwertklinge von hinten auf den Helm.
     Dieser Schlag brachte ihn zum zweiten Mal aus dem Gleichgewicht, und ich sprang wieder einige Schritte von ihm weg. Ich wollte
     ihn demütigen.
    Dass ich ihn erneut zum Taumeln gebracht hatte, ließ ihn vorsichtig werden, und er umkreiste mich langsamer. «Ihr habt mich
     zum Sklaven gemacht», sagte ich, «und nicht einmal dabei wart Ihr schließlich erfolgreich. Wollt Ihr mir nicht lieber Euer
     Schwert geben?»
    «Ziegenschiss», sagte er. Dann stürzte er vor, zielte auf meine Kehle und senkte dann schnell sein Schwert, um mein linkes
     Bein zu treffen, doch ich machte einfach einen Schritt zur Seite und schlug ihm Schlangenhauch auf den Hintern, sodass er
     wegstolperte.
    «Gebt mir Euer Schwert», sagte ich, «dann lasse ich Euch am Leben. Wir sperren Euch in einen Käfig, und ich führe Euch in
     ganz Wessex vor. ‹Hier ist Ivarr Ivarson, einer aus der Lothbrok-Sippe›, werde ich den Leuten sagen. ‹Ein feiger Dieb, der
     vor den Schotten davongelaufen ist.›»
    «Bastard!» Er stürzte sich wieder auf mich und versuchte dieses Mal, mich mit einem wilden Schwertstreich in den Bauch zu
     treffen, doch ich trat zurück, und seine lange Klinge zischte an mir vorbei, und er grunzte, als er in verzweifelter Raserei
     wieder ausholte, und ich stieß mit Schlangenhauch an seinem Schild vorbei und traf seine Brust, und die Gewalt des Stoßes
     ließ ihn rückwärts stolpern. Bei meinem nächsten Hieb, der ihn an der Seite des Helmes traf, taumelte er, und mein dritter
     Vorstoß traf mit solcher Wucht auf seine Schwertklinge, dass sein Schwertarm zurückfuhr und die Spitze von Schlangenhauch
     an seiner Kehle lag.
    |466| «Feigling», sagte ich, «Dieb.»
    Er schrie vor Wut und holte wild mit seinem Schwert aus, doch wieder trat ich zurück und ließ die Klinge an mir vorbeirasen.
     Sofort darauf schwang ich Schlangenhauch nach oben und ließ ihn mit aller Kraft auf sein rechtes Handgelenk niederfahren.
     Er keuchte auf. Die Knochen seines Handgelenks waren gebrochen.
    «Es ist nicht leicht, ohne Schwert zu kämpfen», sagte ich, schlug erneut zu und zielte auf seine Klinge, sodass ihm das Schwert
     aus der Hand geschleudert wurde. Nun stand blankes Entsetzen in seinen Augen. Nicht das Entsetzen eines Mannes, der den Tod
     vor sich hat, sondern das Entsetzen eines Kriegers, der ohne sein Schwert in der Hand sterben soll.
    «Ihr habt mich zum Sklaven gemacht», wiederholte ich, stieß ihm Schlangenhauch gegen das Knie, und er versuchte, die paar
     Schritte zu seinem Schwert zu machen, und ich traf ihn mit einem noch härteren Hieb erneut am Knie. Meine Klinge fuhr durch
     seinen ledernen Beinharnisch und traf den Knochen. Ivarr sank in die Knie. Ich schlug ihm mit Schlangenhauch auf den Helm,
     und dann stellte ich mich hinter ihn. «Er hat mich zum Sklaven gemacht», rief ich seinen Männern zu, «und er hat mein Pferd
     gestohlen. Aber er ist dennoch ein Lothbrok.» Dann bückte ich mich, hob sein Schwert an der Klinge hoch und streckte es ihm
     entgegen. Er nahm es.
    «Danke», sagte er.
    Und dann tötete ich ihn. Ich schlug ihm den Kopf halb von den Schultern. Er machte ein gurgelndes Geräusch, erbebte am ganzen
     Körper und brach zusammen, doch sein Schwert hatte er nicht losgelassen. Wenn ich ihn ohne sein Schwert hätte sterben lassen,
     hätten mich viele der Dänen, die dem Kampf zusahen, für mutwillig grausam |467| gehalten. Sie verstanden, dass er mein Feind war, und sie verstanden, dass ich Grund genug hatte, ihn zu töten, doch keiner
     von ihnen hätte verstanden, wenn ihm der Einzug in die Totenhalle Odins verwehrt geblieben wäre. Und eines Tages, dachte ich,
     würden mich Ivarr und sein Onkel dort willkommen heißen, denn in der Totenhalle feiern wir mit unseren Feinden und erinnern
    

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