Die Herren des Nordens
er würde noch am gleichen Tag seine Ladung aufnehmen wollen,
um den
Trader
mit der nächsten Flut am Abend wieder im Wasser zu haben. Er hatte einen Anker bereitliegen, sodass wir uns im Dunkeln vom
Ufer und der Salzmarsch |245| wegstoßen und in der Mitte des Flusses ankern konnten, um dann mit der frühen Dämmerung auszulaufen.
Er kaufte dreiunddreißig Sklaven. Die jüngsten waren fünf oder sechs Jahre alt, die ältesten vielleicht siebzehn oder achtzehn.
Es waren alles Frauen und Kinder, kein einziger Mann war dabei. Wir hatten den Rumpf fertig abgekratzt und hockten am Ufer,
als sie ankamen. Mit den gierigen Augen von Männern, die ihre Bedürfnisse nicht erfüllen können, starrten wir die Frauen an.
Die Sklaven weinten, und so konnte man kaum sagen, ob die Frauen hübsch waren. Sie weinten, weil sie Sklaven waren und weil
sie aus ihrem Land fortgebracht worden waren und weil sie das Meer fürchteten und weil sie uns fürchteten. Ein Dutzend Bewaffneter
ritt hinter ihnen. Ich erkannte keinen von ihnen. Sverri ging an der Reihe der aneinandergeketteten Sklaven entlang, prüfte
die Zähne der Kinder und zog den Frauen die Kleider herunter, um ihre Brüste zu begutachten. «Die Rothaarige wird dir einen
hübschen Preis einbringen», rief einer der Reiter Sverri zu.
«Das werden sie alle.»
«Ich hab sie mir gestern Abend vorgenommen», sagte der Mann, «also kriegt sie vielleicht ein Kind von mir. Dann hast du zwei
Sklaven zum Preis von einem, du glücklicher Hund.»
Die Sklaven waren schon in Ketten, und Sverri musste für diese Fesseln und Ketten ebenfalls zahlen, genau wie er Nahrungsmittel
und Bier kaufen musste, um die dreiunddreißig Schotten auf dem Weg nach Jütland am Leben zu halten. Wir sollten diese Vorräte
aus dem Kloster holen, und Sverri führte uns durch die Salzmarsch, über den Fluss und hinauf zu dem umgestürzten Steinkreuz,
wo uns sechs berittene Männer bei einem Wagen erwarteten. Der Wagen war mit Bierfässern, Bottichen mit eingesalzenem |246| Hering und geräuchtertem Aal und einem Sack Äpfel beladen. Sverri biss in einen Apfel, verzog das Gesicht und spuckte den
Bissen wieder aus. «Verwurmt», beschwerte er sich und warf den Apfel in unsere Richtung. Es gelang mir, ihn aus der Luft zu
schnappen, obwohl sich auch alle anderen nach ihm streckten. Ich brach den Apfel durch und gab Finan eine Hälfte. «Sie schlagen
sich um einen wurmstichigen Apfel», freute sich Sverri. Dann schüttete er einen Beutel Münzen auf dem Boden des Wagens aus.
«Hinknien, ihr Bastarde», knurrte er uns an, als die sieben Reiter näher an den Wagen kamen.
Gehorsam knieten wir vor den Neuankömmlingen nieder. «Wir müssen die Münzen prüfen», sagte einer von ihnen, und ich erkannte
die Stimme und sah auf und hatte Sven den Einäugigen vor mir.
Und er erwiderte meinen Blick.
Ich senkte den Kopf und biss in den Apfel.
«Fränkische Deniers», sagte Sverri stolz und hielt Sven ein paar der Silbermünzen hin.
Sven nahm sie nicht. Er starrte mich an. «Wer ist das?», wollte er wissen.
Sverri warf einen Blick auf mich. «Osbert», sagte er. Er wählte ein paar weitere Münzen aus. «Das hier sind Alfreds Pennys»,
sagte er und streckte sie Sven entgegen.
«Osbert?», sagte Sven. Immer noch starrte er mich an. Ich sah nicht aus wie Uhtred von Bebbanburg. Mein Gesicht war von neuen
Narben gezeichnet, mein ungekämmtes Haar bildete eine verfilzte Masse, mein Bart war struppig, und meine Haut war so dunkel
wie gebeiztes Holz, und dennoch starrte er mich weiter an. «Komm her, Osbert», sagte er.
Ich konnte mich nicht gut bewegen, weil ich mit der Kette um meinen Hals mit den anderen Ruderern verbunden |247| war, aber ich stand auf, schlurfte, so weit es die Kette erlaubte, in seine Richtung und kniete wieder nieder, denn ich war
ein Sklave, und er war ein Herr.
«Sieh mich an», knurrte er.
Ich gehorchte und sah ihm gerade in die Augen, und ich bemerkte sein gutes Kettenhemd und seinen guten Umhang und das gute
Pferd, auf dem er saß. Ich ließ meine rechte Wange zittern und Speichel aus meinem Mundwinkel tropfen, als wäre ich halbverrückt,
und ich grinste, als würde ich mich freuen, ihn zu sehen, und ich nickte wie ein Blöder mit dem Kopf, und er musste sich denken,
dass ich einfach nur einer von den vielen zugrunde gerichteten, irre gewordenen Sklaven war, und er winkte mich weg und nahm
die Münzen von Sverri. Sie schacherten, doch
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