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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Sverri schien diese Unterhaltung erfreut zu haben, denn
     am nächsten Morgen rief er seinen Dank in Richtung des anderen Schiffes und befahl uns, den Anker zu lichten und uns an die
     Ruder zu setzen. Es war ein windstiller Tag, glatt lag das Meer vor uns, und wir ruderten an der Küste entlang nordwärts.
     Ich starrte aufs Land, sah Rauch von den Kochfeuern der Siedlungen aufsteigen und dachte daran, dass dort die Freiheit lag.
    Ich träumte von der Freiheit, doch inzwischen glaubte ich nicht mehr daran, dass ich sie jemals wiederfinden würde. Ich dachte,
     ich würde an diesem Ruder sterben, wie so viele andere, die unter Sverris Peitsche gestorben waren. Von den elf Ruderern,
     die an Bord gewesen waren, als man mich zu Sverri gebracht hatte, lebten nur noch vier. Finan war einer von ihnen. Wir hatten
     jetzt vierzehn Ruderleute, denn Sverri hatte die Toten ersetzt und, seit ihn das rote Schiff bedrohte, noch mehr Sklaven für
     seine Ruder gekauft. Manche Schiffsführer ließen lieber freie Männer für sich rudern, aber diese Männer erwarteten einen Anteil
     des Gewinns, und Sverri war ein Geizhals.
    Am späten Vormittag erreichten wir die Einmündung |243| eines Flusses, und ich sah auf einer Landzunge an seinem südlichen Ufer einen hohen Holzstapel, der angezündet werden sollte,
     falls Plünderer kamen, um die Leute hinter der Küste zu warnen. Und ich hatte diesen Holzstapel schon früher einmal gesehen.
     Er war wie hundert andere seiner Art, und dennoch erkannte ich ihn wieder, und deshalb wusste ich, dass er bei den Ruinen
     der römischen Festung lag, wo meine Versklavung ihren Anfang genommen hatte. Wir waren an die Mündung des Tine zurückgekommen.
    «Sklaven!», verkündete uns Sverri. «Das kaufen wir hier. Sklaven, genau wie ihr Bastarde es seid. Außer, dass es Frauen und
     Kinder sind. Schotten. Versteht hier jemand ihre Dreckssprache?» Niemand von uns antwortete. Es musste auch keiner von uns
     Schottisch verstehen, denn die Sprache von Sverris Peitsche war auch so verständlich genug.
    Sklaven nahm er nicht gerne als Ladung auf, denn sie erforderten ständige Überwachung und Verpflegung, doch der andere Händler
     hatte ihm von Frauen und Kindern erzählt, die vor kurzem erst in einer dieser endlosen Grenzzwistigkeiten zwischen Northumbrien
     und Schottland gefangen worden waren, und diese Sklaven versprachen sehr gute Gewinne einzubringen. Falls von den Frauen und
     Kindern welche hübsch waren, würden sie auf den jütländischen Sklavenmärkten hohe Preise erzielen, und Sverri musste gute
     Geschäfte machen, und deshalb ruderten wir mit der Flut den Tine hinauf. Es ging auf Gyruum zu, und Sverri wartete, bis die
     Wasserlinie fast den Saum aus Tang und Treibgut erreicht hatte, der den Höchststand der Flut anzeigte, bis er den
Trader
aufs Ufer laufen ließ. Das tat er nicht oft, doch er wollte, dass wir den Rumpf abkratzten, bevor wir uns auf den Weg nach
     Dänemark machten. Außerdem war es bei einem |244| auf Grund gesetzten Schiff leichter, menschliche Fracht einzuladen. Also brachten wir den
Trader
ans Ufer, und ich sah, dass die Sklavenpferche wieder aufgebaut worden waren und auf dem zerstörten Kloster ein neues Strohdach
     lag. Alles war wie zuvor.
    Sverri ließ uns Sklavenkragen umlegen, die aneinandergekettet wurden, sodass wir nicht entkommen konnten, und dann, während
     er die Salzmarsch durchquerte, schabten wir mit Steinen den freiliegenden Schiffskörper ab. Finan sang bei der Arbeit in seiner
     irischen Sprache, aber manchmal lächelte er mich auch schief an. «Zieh die Abdichtung zwischen den Bohlen raus, Osbert», sagte
     er.
    «Damit wir sinken?»
    «Ja, aber Sverri geht mit uns unter.»
    «Lass ihn lieber leben, damit wir ihn umbringen können», sagte ich.
    «Und wir werden ihn umbringen», sagte Finan.
    «Niemals die Hoffnung aufgeben, was?»
    «Ich habe es geträumt», sagte Finan. «Ich habe es drei Mal geträumt, seit das rote Schiff gekommen ist.»
    «Aber jetzt ist das rote Schiff wieder verschwunden.»
    «Wir werden ihn umbringen. Ich versprech’s dir. Ich werde auf seinen Gedärmen tanzen, das weiß ich genau.»
    Um die Mittagszeit hatte die Flut ihren Höhepunkt erreicht, sodass das Wasser den ganzen Nachmittag hindurch fiel. Schließlich
     lag der
Trader
weit über den unruhigen Wellen und konnte erst lange nach Einbruch der Dunkelheit wieder aufs Wasser gebracht werden. Sverri
     fühlte sich nie wohl, wenn sein Schiff am Ufer lag, und ich wusste,

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