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Die Herren von Everon

Die Herren von Everon

Titel: Die Herren von Everon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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den Rationen Konzentratnahrung, die Jef bei sich trug. Sie enthielten für Mikey nicht genug Masse, aber für die zwei Tage, die sie bis zu dem ersten Vorratsposten benötigten, würde es gehen. Sobald sie einmal dort waren, konnte Jef, wenn nichts anderes, so doch bestimmt Antilopenfleisch kaufen – falls Mikey in der Zwischenzeit in sich nicht die Fähigkeit zum Jagen wiederentdeckte.
    Jef saß am Feuer und blickte in die Flammen. Mikey hatte sich auf der anderen Seite des Feuers zusammengerollt. Der Schlafsack war ausgebreitet und wartete, aber es war erst kurz nach Sonnenuntergang, und trotz des langen Tagesmarsches war es Jef noch nicht nach Schlafen zumute. Immer noch hatte er das merkwürdige Gefühl, beobachtet zu werden, aber jetzt war es so, als hätten sich die Beobachter zurückgezogen, als respektierten sie sein durch den Feuerschein markiertes, kleines privates Reich. Seltsamerweise hatte er von Anfang an nicht den Eindruck gehabt, die Beobachter seien ihm feindlich gesinnt. Es war eher so, als fasziniere er einen Kreis von scheuen, aber neugierigen Waldtieren.
    Er brauchte dem Gefühl nur keine Beachtung zu schenken, und schließlich gelang ihm dies auch. Doch nun überkam ihn ein neues Gefühl – eine eigentümliche Traurigkeit, etwas wie Einsamkeit. Er hatte einige Zeit über das Rätsel der Wegweiser und die Tatsache nachgedacht, daß sie nichts zu dem Ökosystem beizutragen schienen, und von dort aus waren seine Gedanken weitergewandert zu den Kolonisten, denen hier und denen auf anderen neubesiedelten Planeten, schließlich zu seinen Mitmenschen auf der Erde.
    In gewissem Sinn war Jef sein ganzes Leben lang unter den anderen Angehörigen seiner eigenen Rasse so etwas wie ein Fremder gewesen. Er hatte soviel Zeit wie möglich im Freien verbracht, in den Wildparks und den Zoos, und unter seine Mitmenschen hatte er sich nur gemischt, soweit es notwendig war, um seine Verpflichtungen zu erfüllen, eine Ausbildung zu erwerben und eine Beschäftigung zu finden. Instinktiv hatte er immer das Gefühl gehabt, man müsse sein Leben zu einem bestimmten Zweck führen. Aber, verloren unter den unübersehbaren Menschenmassen auf der Erde, konnte er nicht glauben, daß er jemals einen Zweck für seine eigene Existenz finden werde, solange er in diesem endlosen Strom mitschwamm, ein Fischlein unter zahllosen anderen.
    Es hätte ihm nichts ausgemacht, einer aus der Masse der unzählbaren Milliarden zu sein, wenn er an seinesgleichen etwas zu lieben und zu bewundern gefunden hätte. Aber als Masse hatten seine Mitmenschen diese Empfindungen niemals in ihm erweckt. Als Individuen konnten sie freundlich und empfindsam und teilnahmsvoll sein. Doch sobald sie sich zu irgendeinem Gebilde von einer Gemeinde bis zum Staat zusammenschlossen, fingen sie an, sich gemäß dem kleinsten gemeinsamen Nenner zu verhalten. Aus dem Bedürfnis, freundlich zu sein, wurde Selbstsucht, die Empfindsamkeit ging unter in der Verhärtung des Gefühls, und die Teilnahme verlor sich in dem Drang, andere zu überrunden, auf Kosten von jedem anderen und allem anderen zu überleben. In Jefs bewußt erlebten Jahren auf der Erde hatten sich die beiden Giganten, die Regierungsbürokratie – die sechzig Prozent aller Arbeitsfähigen beschäftigte – und das organisierte Verbrechertum – das zwanzig Prozent, wenn nicht beschäftigte, so doch beherrschte –, in einem endlosen Machtkampf ineinander verkeilt. Und das Schlachtfeld war durch die Existenz der großen Masse von Erwerbslosen geschaffen worden, die auf Kosten der anderen Bürger lebten.
    Nur auf dem kleinen Randgebiet der internationalen Ämter und der Forschung konnten Altruismus und die Hoffnung auf eine edlere Bestimmung der Menschheit existieren. Und selbst hier – wie es sich im Falle von Wills Tod erwiesen hatte – konnten die egoistischen Interessen der Regierungsbehörden hineinspielen und die Vorherrschaft gewinnen.
    Dreiundzwanzig Jahre des Lebens auf der Erde, so sagte Jef jetzt zu sich selbst, sollten ihn gelehrt haben, daß die menschliche Rasse nicht besser wurde, wenn man sie auf andere Welten verpflanzte. Und doch war er in genau dieser Erwartung nach Everon gekommen. Er hätte nicht enttäuscht sein dürfen, als er entdeckte, über welche Gesinnung Martin, Armage und die anderen, die er im Haus des Konnetabels getroffen hatte, verfügten. Es war unlogisch, aber enttäuscht war er trotzdem.
    Seine Stimmung hatte sich verdüstert. Er stocherte mit einem Zweig im Feuer

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