Die Herren von Everon
Stunden – und dann noch einmal vier Stunden, um sie hinzutreiben. Warum müssen wir so weit draußen bleiben! So ein Unsinn …“
„… die Maolots.“
„Verdammt, wenn sich einer zeigt, schneiden wir ihn in zwei Teile. Ein Viehtrieb in vier Stunden! Wir hätten uns eine Stunde entfernt aufhalten sollen, dann wären bis Mitternacht die Bäume gefällt und die Herde an Ort und Stelle.“
„Warte ab, bis du mehr als einmal dabei mitgemacht hast. Maolots sind schlau.“
„Was kann ein Tier bei aller Schläue gegen einen Industrie-Laser ausrichten? Ich zahle dir zehn Scheine für den ersten, den ich mit heiler Haut davonkommen sehe.“
„Das ist keine Wette. Sobald du einen siehst, ist es klar, daß er nicht davonkommen wird.“
„Na, dann nicht …“
„Außerdem ist es gar nicht notwendig, daß die Satellitenfotos schon Wisente auf dem Land zeigen. Es ist nur eine Hilfe vor Gericht, wenn sie es tun.“
„Ja, sicher. Sag mal, Holbert, wieviel tausend Stück besitzt du? Wie oft hast du schon neue Weiden erschlossen?“
Irgendwo auf der anderen Seite der Herde rollte das tiefe, weithinschallende Brüllen eines erwachsenen Maolot-Mannes durch die Nacht.
Die Wisente grunzten und gerieten in Bewegung. In wenigen Sekunden hatten die Bullen mit gesenkten Hörner einen festen Außenring gebildet. Ihr Unbehagen wegen der ihnen unbekannten Lastwagen ging unter in der sicheren Überzeugung, Maolots vor sich zu haben.
Jedes Fahrzeug verfügte über Suchscheinwerfer. Helle Strahlen schwenkten über die Grasspitzen. Über Interkom klangen Fragen und Rufe von Lastwagen zu Lastwagen.
„Was siehst du?“
„Nichts, zum Kuckuck! Was siehst du denn?“
„Es ist nur einer.“
„Wie kommt es, daß du so klug bist, Harlie?“
„Haltet das Licht hierher! Ich glaube, ich habe etwas gesehen …“
„Nimm dein eigenes Licht!“
„… verdammt, er war zu schnell weg …“
Ganz allmählich wurden die Stimmen leiser und weniger aufgeregt. Die Wisente beruhigten sich wieder.
Aus einer anderen Richtung ließ ein Maolot kein rollendes Brüllen, sondern einen durchdringenden Jagdruf erschallen.
Die Aufregung begann von neuem. Die Wisente stampften und versuchten, sich zu einem noch dichteren Haufen zusammenzudrängen. Die Lastwagen fuhren schneller dahin und schwenkten die Strahlen ihrer Suchscheinwerfer hektisch hin und her. Langsam – viel langsamer diesmal – erstarb die Betriebsamkeit, und die Nacht wurde wieder still.
„Zum Teufel, Harlie, ein einzelner Maolot wird doch nicht fünf Lastwagen angreifen …“
Ein Brüllen erklang an der Seite der Herde, die dem vor kurzem aufgegangenen Mond zugewandt war. Ein anderes Brüllen antwortete beinahe sofort von der entgegengesetzten Richtung.
„Es sind zwei! Ich hab’s euch gesagt, ich hab’s euch gesagt, es sind mehr als bloß einer …“
„Halt den Mund! Horch!“
Die eng zusammengedrängte Wisentherde wurde unruhig. Sie geriet in wellenförmige Bewegung wie ein Meeresspiegel bei einer Unterwasserstörung. Einzelne Tiere versuchten, sich von der einen Bedrohung abzuwenden, indem sie einander die Hörner zeigten. Aber die Herde war so eng zusammengedrückt, daß es unmöglich war, sich umzudrehen. Der Instinkt, sich der Gefahr mit gesenktem Kopf entgegenzustellen, geriet in Widerstreit mit dem Instinkt, sich so dicht wie möglich aneinanderzudrängen.
„Tut etwas!“ brüllte eine Stimme von einem der Lastwagen. „Diese Maolots werden die Herde auseinandersprengen, und die Hälfte der Tiere wird sich zu Tode rennen, bevor wir sie auf die neue Weide bringen können! Harlie! Ty! Eure beiden Lastwagen scheren aus dem Kreis aus! Seht zu, ob ihr die Biester erwischen könnt!“
Zwei der die Herde umkreisenden Lastwagen – je einer auf jeder Seite – hielten in der Patrouillenfahrt inne und begannen außerhalb des Ringes, den die anderen Wagen bildeten, Achten zu fahren. Jef, der sich innerhalb der Identität seines Maolots im Gras duckte und die schweren Kiefer öffnete, als lache er bei diesem Anblick, triumphierte.
„Nichts!“ meldete einer der Männer in dem nächsten Lastwagen über Interkom dem anderen, von dem aus der Befehl zum Ausscheren gekommen war.
„Sucht weiter!“ war die Stimme aus dem Lautsprecher zu hören.
„Vielleicht haben wir sie verscheucht.“
„Glaub das bloß nicht!“
Der Mann in dem nächsten Lastwagen brummte etwas. Jefs Maolot konnte es nicht gut genug hören, daß Jef es hätte übersetzen können. Aber der
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