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1823 - Totenland

1823 - Totenland

Titel: 1823 - Totenland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Karina ging die letzte Strecke zu Fuß. Dabei dachte sie immer wieder über den Anrufer nach, und sie fragte sich, ob seine Entführer dahintersteckten.
    Ja, das war die große Frage. Die Entführer, die sich einen besonderen Namen gegeben hatten: Rasputins Erben.
    Seit der Entführung aus der Reha-Klinik hatte sie nichts mehr von ihrem Freund gehört. Irgendwo musste er sein, denn sie glaubte nicht, dass man ihn getötet hatte. Dazu war er trotz seiner Behinderung zu wertvoll für sie.
    Der Winter war vorbei. Der Frühling hätte das Land übernehmen müssen. Aber das war bisher noch nicht geschehen. Hin und wieder ein paar warme Tage, das war es dann auch. Dafür herrschte noch strenge Kälte, und so manche Schneeflocke war auch gefallen.
    Im Moment gab es keinen Schnee und auch keinen Regen. Dafür wehte ein kalter Wind durch die Straßen und Gassen der Stadt, und am Himmel hatten sich Wolken gesammelt.
    Karina ging durch die Gasse, denn es war der kürzeste Weg bis zum Treffpunkt. Der wiederum lag auf einem kleinen Platz, dessen Mittelpunkt ein Brunnen war, auf dessen Grund seit Jahren kein Wasser mehr schimmerte.
    Wer den Platz betrat, der konnte den Eindruck gewinnen, es mit einem Hinterhof zu tun zu haben. Er war nicht groß, alles wirkte eng. Die Fassaden der Häuser, die die Grenzen bildeten, waren unterschiedlich hoch. Manche reichten über vier Etagen, andere wiederum brachten es nur auf die Hälfte, und nicht alle Etagen oder Häuser waren bewohnt.
    Es ging auf Mitternacht zu. Nur einige wenige Fenster waren erhellt.
    Karina ging die letzten Meter langsamer. Sie war auf der Hut. Immer wieder schaute sich die Agentin um. Sie war eine wirklich toughe Frau, die sich auch zu wehren wusste. So leicht ließ sie sich nicht aus dem Spiel bringen, aber sie war nicht unüberwindlich, das wusste sie, und deshalb war sie auch vorsichtig.
    Sie horchte in die Stille hinein, die zum Glück nicht unterbrochen wurde. Das sah sie schon mal als positiv an.
    Ihr Ziel war der Brunnen. Die Stimme des unbekannten Anrufers klang noch in ihrem Ohr nach, als er die entscheidenden Worte gesagt hatte.
    »Warte am Brunnen …«
    Mehr war nicht gesagt worden. Den ungefähren Zeitpunkt hatte man ihr schon zuvor mitgeteilt.
    Gegen Mitternacht …
    Und das war jetzt so weit. Ein paar Minuten mussten noch vergehen, dann war die Tageswende erreicht.
    Karina Grischin ging weiter. Auch jetzt war sie auf der Hut. Es konnte durchaus sein, dass sie aus dem Dunkel hervor einen schnellen Angriff erlebte oder ein Schuss aus dem Hinterhalt auf sie abgefeuert wurde, aber es tat sich nichts. Alles blieb normal.
    Sie erreichte den Brunnen und hielt an. Ihr Blick bohrte sich in die sie umgebende Dunkelheit, aber da war nichts zu sehen. Kein Verfolger war ihr auf den Fersen.
    Es war nur seltsam, dass sie das nicht beruhigte. Ihre innere Unruhe war geblieben. Sie spürte sie wie schwache Vibrationen, die sich im gesamten Körper ausbreiteten.
    Sie umrundete den Brunnen mit langsamen Schritten. Dabei schaute sie über den Rand hinweg in den Brunnen hinein. Sie konnte bis auf den Grund schauen, aber da war auch nichts zu sehen, abgesehen von dem Müll, den jemand über den Rand in den Brunnen geworfen hatte. So lag dort matschiges Papier, aber es gab auch alte Büchsen, die jemand hier losgeworden war.
    Ich werde mich wohl auf eine Geduldsprobe einstellen müssen!, dachte sie und setzte sich auf den Brunnenrand. Das war bequemer, als die ganze Zeit zu stehen.
    Sie wartete.
    Der Uhrzeiger rückte vor. Mitternacht war erreicht. Es tat sich nichts. Hin und wieder bekam sie einen knappen Windstoß mit. Der trieb einen muffigen Geruch gegen ihre Nase.
    In der Umgebung veränderte sich auch nichts. Es blieb still bis auf die üblichen Geräusche. Und dann gab es doch eine Veränderung.
    Das waren Schritte. Bestimmt nicht von einem Tier, und sie wusste auch, aus welcher Richtung die Schritte kamen. Dorthin drehte sie ihren Kopf.
    Und da war er zu sehen.
    Nein, nicht nur er. Das war nicht einer, das waren zwei Personen, die auf sie zukamen. Sie waren im Dunkeln nicht genau zu sehen, aber Karina erkannte sie an ihrem Gang.
    Dann hatten sie eine bestimmte Entfernung erreicht und blieben stehen. Sie taten nichts.
    Karina zog die Nase kraus. Die beiden stanken. Ob ihre Körper oder ihre Klamotten den Geruch abgaben, das fand sie nicht heraus. Jedenfalls strömten sie eine Mischung aus Schweiß und Rauch aus.
    Karina nickte ihnen zu.
    Die beiden schauten sich an.

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