Die Herren von Everon
Konnetabels.
Aber so, wie der Hubschrauber in die Luft stieg, hob sich merkwürdigerweise auch Jefs Stimmung. Mit einem Mal fühlte ersieh sehr erleichtert. Es fiel ihm ein, daß er jetzt von allen Verpflichtungen befreit war – sei es Martin oder sonst irgendwem gegenüber.
Auf unerwartete Weise hatte Martin ihm soeben die Freiheit gegeben. Wenn der Mann den Gedanken, Jef sei ihm etwas schuldig, akzeptiert hätte – und wenn es nur der Form halber geschehen wäre –, dann wäre Jef immer noch an ihn gebunden gewesen und durch ihn an seine dubiosen Geschäfte mit der Regierung von Everon in der Person von Armage und anderen wie ihm. Nun sah es aber so aus, als seien sowohl Martin als auch der Konnetabel froh, ihn los zu sein, und Jef wunderte sich, wie ungeheuer glücklich es ihn machte, daß er sie los war.
Zum ersten Mal wurde er sich klar über die verborgenen Tiefen der Gefühle, mit denen er nach Everon gekommen war. Ja, er hatte sich darauf vorbereitet, einer fremden Welt mit all ihren Unterschieden und Gefahren zu begegnen – aber er hatte auch mit der Hilfe und Unterstützung der Leute gerechnet, die vor ihm hierhergekommen waren.
Er hatte, ohne nachzudenken, vorausgesetzt, daß jeder, der auf eine neue Welt wie diese auswanderte, wie William sei. Niemals hätte er Freundschaft oder Hilfe unter den sich ständig vermehrenden Milliarden Menschen auf der Erde erwartet, aber hier draußen hatte er sie als selbstverständlich angenommen. Aus diesem Grund, so erkannte er jetzt, hatte ihn die Feindseligkeit der anderen Passagiere im Raumschiff und die des Konnetabels bei der Landung so schwer getroffen.
Alles war anders gekommen, als er gedacht hatte. Die Menschen von Everon hatten ihn kalt und argwöhnisch behandelt. Aber der fremde und gefährliche Planet, auf den er sich gefaßt gemacht hatte, streckte goldgrüne, warme und seltsam freundliche Arme aus, um ihn willkommen zu heißen und an sich zu ziehen.
Er lachte leise vor sich hin. Seine Phantasie ging mit ihm durch.
Tatsache war jedoch, daß er sich selten so frei gefühlt hatte wie in diesem Augenblick, und er konnte sich nicht erinnern, jemals glücklicher gewesen zu sein. Endlich war er unterwegs, um die Arbeit zu tun, die er sich immer zu tun gewünscht hatte, und bei ihm war Mikey, der ihm von jeher nähergestanden hatte als jeder außerhalb seiner engsten Familie. Und zudem standen, soweit er jetzt, wo er Everon-Stadt verlassen hatte, sehen konnte, keine Wolken am Horizont seiner unmittelbaren Zukunft, die diese Aussichten hätten trüben können.
Es war ein seltsames Gefühl, aber ein gutes. Er richtete den Blick auf die Landschaft unter sich. Zehn Minuten später gab es nicht das geringste Zeichen einer Stadt oder bebauter Felder mehr. Sie flogen nach Westen und Norden über eine See gelbgrünen Grases, die sich ohne Unterbrechung oder Makel bis zum Oberland und zu den dunstverhangenen Bergen erstreckte.
Sie flogen beinahe eine Stunde lang über das scheinbar endlose Gras und gelegentliche Wisentherden, die schultertief darin versteckt waren. Es überraschte Jef, wie klein die Variform des europäischen Büffels sein mußte. Soweit er es aus der Luft beurteilen konnte, waren die Tiere nicht viel größer als Schafe. Dann erschien eine dunkle Linie am Horizont und bildete sich zu einem Band grünen Waldes heraus, das sich in weite Fernen verlor. Der Hubschrauber näherte sich dem Waldrand bis auf hundert Meter, wurde langsamer und schwebte. Statt zu landen, behielt die Maschine ihre Position zehn Meter über dem Boden bei, und die Eingangstür öffnete sich in die Luft. Ein Stück Fußboden schob sich nach außen durch die Öffnung und wurde zu einer Plattform, die an beiden Seiten des Eingangs mit Kabeln aufgehängt war.
„Fertig zum Aussteigen“, sagte der Pilot. „Keine Bange, die Plattform hat schon viele Male eine Fracht getragen, die zehnmal soviel wog wie Sie und der Maolot zusammen.“
„Ich war eigentlich nicht besorgt“, gab Jef zurück, „nur überrascht. Warum landen Sie nicht?“
„Vorschrift“, erklärte der Pilot. „Fragen Sie mich nicht warum.“
Jef erhob sich von seinem Sitz und führte Mikey hinaus auf die Plattform. Er hatte befürchtet, Mikey werde sich diesen Augenblick wählen, um sich aufzuregen, wie er es beim Besteigen des Hubschraubers getan hatte. Aber der Maolot war jetzt ganz ruhig und gehorsam. Jef sah zum Horizont hin statt gerade nach unten. Zehn Meter stellten keine große Höhe dar, aber die
Weitere Kostenlose Bücher