Die Herren von Hermiston
draußen auf der Gasse den Mund halten. Weshalb sollte ich es da auf dem Richterstuhl tun, ich, des Königs Stellvertreter, mit seinem Schwerte belehnt, der Schrecken aller Übeltäter, wie ich es von Anbeginn war und bis an mein Ende sein werde? Mehr als genug hiervon! Keine zwei Gedanken hab' ich an die Häßlichkeit verschwendet, mir ist auch nicht eingefallen, sie schön zu nennen. Ich bin ein Mann, der seine Arbeit zu leisten hat, und damit gut.«
Im Weiterreden war jeder Anflug von Sarkasmus aus seiner Stimme gewichen; seine schlichten Worte schmückte etwas von der Würde des Richteramts.
»Es wäre gut für dich, wenn du das gleiche sagen könntest«, fuhr der Sprecher fort. »Aber du kannst es nicht. Du sagst, du hättest einige meiner Prozesse nachgelesen. Aber es geschah nicht des Rechtes wegen darin, es geschah, um deines Vaters Blöße auszukundschaften: eine edle Beschäftigung für einen Sohn! Du hast begonnen, auszuschlagen; du läufst zaumlos herum im Leben gleich verwildertem Vieh. Es ist ausgeschlossen, hinfürder noch an den Anwaltsberuf zu denken. Du taugst nicht dafür; kein Zügelloser taugt dazu. Und noch etwas anderes: Sohn oder nicht Sohn – du hast einen der Senatoren des Justizkollegiums öffentlich mit Schmutz beworfen, und ich ließe es meine Sorge sein, darauf zu achten, daß du nicht zugelassen würdest. Es gilt, einen gewissen Anstand zu wahren. Jetzt kommen wir zu dem nächsten Punkt –was soll ich mit dir anfangen? Du mußt irgendeinen Beruf ergreifen, denn Müßiggang dulde ich nicht. Wofür glaubst du zu taugen? Für die Kanzel? Nein, Gottesgelehrtheit läßt sich in deinen Schädel nicht eintrichtern! Wer die Gesetze der Menschen umstürzt, wird auch mit Gottes Gesetz nicht viel anders verfahren. Was würdest du wohl mit der Hölle anfangen? Würde dir nicht der Ekel hochsteigen? Nein, auch bei Johann Calvin ist für die Zügellosen kein Platz. Was gibt es denn sonst noch? Rede! Hast du nicht selbst was vorzuschlagen?«
»Vater, lassen Sie mich nach Spanien«, bat Archie. »Für was anderes als den Krieg tauge ich nicht.«
»Für was anderes, sagt Er! Als wäre das nicht genug, wenn ich's nur glauben könnte! Aber ich traue dir nicht, so nah bei den Franzosen, du, der du selbst ein halber Franzmann bist!«
»Darin tun Sie mir unrecht, Vater. Ich bin treu; ich will mich nicht brüsten, aber was ich an Interesse für die Franzosen empfunden habe –«
»Bist du mir treu gewesen?« unterbrach ihn sein Vater.
Hierauf kam keine Antwort.
»Ich denke, nein. Und ich schicke keinen Mann in den Dienst des Königs – Gott segne ihn –, der seinem leiblichen Vater ein so wankelmütiger Sohn war. Hier in den Straßen von Edinburg kannst du über die Stränge schlagen, wer fragt schon danach? Mir streust du damit keinen Sand in die Augen. Und wenn es zwanzigtausend solcher Hansnarren wie dich gäbe, darum würde auch nicht ein Duncan Jopp weniger gehenkt. Aber in einem Kriegslager ist kein Ausschlagen möglich; und wolltest du's versuchen,du würdest sehr bald persönlich erfahren, ob Lord Wellington die Todesstrafe billigt oder nicht. Du, ein Soldat!« stieß er in plötzlicher Verachtung hervor. »Du altes Frauenzimmer! Die Soldaten würden dich wie die Schafe anblöken!«
Wie bei dem Hochziehen eines Vorhanges erkannte Archie eine gewisse Unlogik in seiner eigenen Position und stand dort vernichtet. Außerdem wurde er sich, er wußte nicht, wie, eines zwingenden Eindrucks persönlichen Mutes an dem alten Herrn bewußt.
»Nun, hast du keinen andern Vorschlag zu machen?« hub Mylord von neuem an.
»Sie haben diese Sache so ruhig genommen, Sir, daß ich mich nur noch schämen kann«, begann Archie.
»Mir ist das Speien aber näher, als du glaubst«, sagte Mylord.
Das Blut stieg Archie in die Wangen.
»Verzeihung, ich meinte damit, daß Sie meine Beleidigung hingenommen haben – ich gebe zu, daß es eine Beleidigung war; ich hatte nicht die Absicht, mich zu entschuldigen, aber ich bitte Sie um Verzeihung. Ich werde nicht wieder so handeln, ich gebe Ihnen mein Ehrenwort darauf... Ich habe damit sagen wollen, daß ich Ihre Großmut gegenüber – gegenüber – dem Beleidiger bewundere«, schloß Archie mühsam.
»Ich habe keinen zweiten Sohn, verstehst du?« sagte Hermiston. »Und sauber ist der, den ich mir gezeugt! Aber ich muß mich mit ihm abfinden, so gut ich kann; was bleibt mir sonst übrig? Wärest du jünger gewesen, ich hätte dich dieser lächerlichen Schaustellung
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