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Ein Sonntag auf dem Lande

Ein Sonntag auf dem Lande

Titel: Ein Sonntag auf dem Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bost
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Wenn Monsieur Ladmiral über das Älterwerden klagte, sah er seinem Gesprächspartner mitten ins Gesicht und schlug einen provozierenden Ton an, der nach Widerspruch zu verlangen schien. Wer ihn schlecht kannte, täuschte sich leicht und antwortete, wie man es zu tun pflegt, höflich, dass sich Monsieur Ladmiral etwas einrede, er immer noch putzmunter sei und alle anderen überleben werde. Darüber ärgerte sich Monsieur Ladmiral jeweils und führte Beweise ins Feld: Er könne nicht mehr bei künstlichem Licht arbeiten, stehe in der Nacht bis zu vier Mal auf, leide unter Kreuzschmerzen, nachdem er Holz gesägt habe, und zu guter Letzt sei er über siebzig Jahre alt. Dieses Argument diente dazu, den größten Optimisten den Mund zu stopfen, und das umso mehr, da Monsieur Ladmiral nicht nur über siebzig war, sondern schlicht ganze sechsundsiebzig Jahre auf dem Buckel hatte. Folglich war es besser, keine Anstalten zu unternehmen, ihm zu widersprechen, wenn er sich übers Älterwerden beklagte. Und überhaupt: warum sollte man ihm seine letzten Vergnügen nicht gönnen? Es ärgerte ihn, älter zu werden, aber es tröstete ihn ein wenig, darüber zu klagen. Tatsächlich alterte Monsieur Ladmiral stark und das immer schneller. Das Alter ist ein sanfter Abhang, aber selbst am Ende eines sehr sanften Abhangs nehmen die Steine schließlich rasch Fahrt auf.
    Natürlich musste man sich davor hüten, Monsieur Ladmiral zu sehr beizupflichten. Er behielt sich vor, von seinem Älterwerden zu sprechen, und unternahm in Wirklichkeit große, wenn auch vergebliche Anstrengungen, diese unerfreuliche Tatsache zu verbergen – unerfreulich vor allem für ihn –, die er letztlich doch kaum verbarg, außer vor sich selbst. Und zum Preis von was für Lügen! Als Monsieur Ladmiral zehn Jahre zuvor Paris verlassen hatte, um nach Saint-Ange-des-Bois zu ziehen, hatte er, um mit dem Haus zu prahlen, das er gekauft hatte, alle wissen lassen, dass es acht Minuten vom Bahnhof entfernt liege. Damals stimmte das fast. Später lag das Haus, je älter Monsieur Ladmiral wurde, zehn Minuten vom Bahnhof entfernt, dann eine gute Viertelstunde. Monsieur Ladmiral hatte dieses Phänomen sehr langsam begriffen und es nie zu erklären gewusst, richtiger gesagt, hatte er es nie zugegeben. Es war eine ausgemachte Sache, dass er immer noch acht Minuten vom Bahnhof entfernt wohnte, was nicht dazu angetan war, sein Leben zu vereinfachen: Man musste Spielchen mit den Wanduhren machen, bei den Zeitplänen falsche Berechnungen einbauen und behaupten, dass die Bahnhofsuhr vorgehe oder dass der Fahrplan heimlich geändert worden sei. Zu der Zeit, als Monsieur Ladmiral noch nach Paris fuhr, hatte er sogar heldenhaft Züge verpasst, damit niemand sagen konnte, er wohne mehr als acht Minuten vom Bahnhof entfernt.
    »Ich gebe gern zu«, sagte er an solchen Tagen der Aufrichtigkeit, »dass ich ein wenig langsamer als früher gehe, aber man wird mir nie weismachen, dass dieser Weg in weniger als zehn Jahren (es handelte sich um etwas mehr als zehn Jahre) um zehn Minuten länger geworden ist.«
    Monsieur Ladmiral lebte mit Mercédès, einer Bediensteten, zusammen, die mit äußerster Höflichkeit und untrüglicher Sicherheit immer mit den unangenehmsten Worten antwortete.
    »Monsieur irrt sich«, sagte sie, »wenn er sich nicht bewusst macht, dass sich Monsieur inzwischen wie eine Schnecke fortbewegt. Aber wenn es Monsieur genehm ist, liegt es nicht an mir, dafür Gründe zu suchen. Meine Mutter ist ganz wie Monsieur; alte Leute sind oft so.«
    Monsieur Ladmiral nahm diese Art respektvoller Unverschämtheit mit sehr großer Gelassenheit hin. Seit langem hatte er begriffen, dass Mercédès ihm in seiner Einsamkeit unentbehrlich war und dass man sie nicht verärgern durfte, denn sie war strohdumm und eine Giftkröte obendrein. Beim ersten heftigeren Vorfall, sagte er sich, wäre sie auf und davon und schlüge die Türen hinter sich zu. Was eine reine Lüge war, und Monsieur Ladmiral wusste das sehr wohl. Mercédès dachte nicht daran, eine so gute Stellung aufzugeben, und sie liebte ihren alten Herrn. Aber dieser pflegte mit Sorgfalt die irrige Furcht, verlassen zu werden, eine letzte Erinnerung, die ihm vielleicht vom normalen Umgang mit Frauen geblieben war.
    Mercédès hütete sich wie alle Frauen davor, die Situation auszunutzen; sie bediente sich ihrer, und das reichte.
    Als die Diskussion über den Bahnhof und die acht Minuten wieder auflebte, fügte Mercédès hinzu:

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