Die Herrin der Flammen
Gemetzel. Bewaffnete Beysiber, kaum bekleidet, rannten heraus, um sich ins Getümmel zu stürzen.
Danach war es rasch zu Ende. Gladiatoren, Standortsoldaten, nackte Beysiber schauten sich nach weiteren Feinden um und entdeckten keine.
Verschlossen wie immer wischten die Fischäugigen ihre Klingen an der Kleidung von Toten ab und kehrten zurück ins Bett. Walegrin erteilte Befehle, und seine Männer zerrten die Toten davon.
Leyn eilte an Chenayas Seite und gab ihr den Säckel mit Gold zurück. Er hatte den Wachhelm weggeworfen oder im Kampf verloren. Seine blonden Locken schimmerten im Glühen der noch brennenden Feuer. »Herrin«, meldete er schwer, »wir haben zwei unserer Männer verloren.« Er nannte ihr die Namen.
Chenaya holte tief Atem. »Durch Feuer oder Schwert?« fragte sie.
Leyn wandte den Blick ab. »Einen durchs Feuer, den anderen durchs Schwert.«
Ihr Herz verkrampfte sich vor Leid um den, der verbrannt war. Das war keine Todesart für einen Krieger. »Wenn es möglich ist, dann laß dir von Walegrin die Leichen geben. Wir wollen das Bestattungsritual in Landende selbst durchführen und ihre Asche dann in den Fuchsfohlenfluß streuen.«
Leyn ging, um ihren Befehl auszuführen. Als sie einen Augenblick allein war, kämpfte Chenaya gegen Tränen des Zorns an. Alle ihre Gladiatoren waren ausgewählte Männer, und sie hatte zwei von ihnen in den Tod geführt. Der Tod selbst war nichts Neues für sie, doch diese Verantwortung für das Leben anderer schon. Plötzlich empfand sie es als schwere Last.
Sie blickte zum Himmel und wünschte sich, Sabellia würde kommen, um ihre Welt zu erhellen. Es waren jetzt nur zwölf Glieder an ihrer Kette – nein, nun nur noch zehn, aber bald sollten es hundert sein. Hundert Mann, an die sie gebunden sein würde.
Sie kehrte zu dem bewußtlosen Zip zurück. Inzwischen hatte sich bereits ein Bluterguß an der Stelle gebildet, wo ihr Schwertknauf ihn getroffen hatte. Sie kniete sich nieder und tastete nach seinem Puls, aus Angst, sie könnte zu fest zugeschlagen haben.
»Lebt er?«
Sie blickte zu Walegrin auf. Der Standortkommandant war blutverschmiert, aber offenbar nicht von seinem eigenen Blut. Er bot einen gräßlichen Anblick, und sie mußte sich abwenden.
Da sah sie ihre Hände. Sie schauten nicht besser aus als seine.
»Er lebt«, antwortete sie schließlich. »Ich wollte, daß er am Leben bleibt.« Ein Luftzug ließ Zips schwarze Locken erzittern. Bewußtlos wirkten seine Züge fast unschuldig, so ruhig, so friedlich. »Er sollte für seine Verbrechen öffentlich vor Gericht gestellt werden«, sagte sie, erschüttert bis auf den Grund ihrer Seele. »Die Leute müssen wissen, daß die lange Schreckensnacht der VFBF zu Ende ist. Dann können wir die Stadt wieder zusammenhalten.«
Ein Lamm, dachte sie plötzlich von Zip. Das Lamm, dessen Opferung uns wieder gesund und heil machen wird. Sie nahm die stillen Hände in ihre, dann zog sie sie rasch zurück. Zum zweiten Mal in dieser Nacht verspürte sie Angst. Zip war auf sein Schwert gefallen, und eine lange Schnittwunde zog sich durch seinen Handteller. Sie war erleichtert, als sie keine ernsteren Verletzungen fand.
Nun klebte sein Blut im wahrsten Sinne des Wortes an ihren Händen.
Sie stand auf und versuchte, die Finger an ihrem Harnisch abzuwischen. »Nehmt ihn mit«, sagte sie zu Walegrin. »Und richtet Kadakithis und Shupansea folgendes aus«, sie blickte auf Zips ruhiges Gesicht, während sie sprach, als wären die Worte für ihn gedacht, »daß Zip mein Friedensangebot für sie und die Stadt ist. Ich werde die Beysa nicht mehr befehden, aber es ist nun ihre und Kadakithis’ Aufgabe, die Faktionen von Freistatt zu vereinen.« Sie zögerte, schluckte und fuhr fort: »Sagt ihnen auch, daß sie das nicht tun können, wenn sie sich hinter den Palastmauern verkriechen. Es ist Zeit, daß sie sich endlich unter ihr Volk begeben und es führen, wie Führer es tun sollten.«
Sie wandte den Blick von Zips Gesicht ab und ließ ihn über den Hof wandern. Die Toten, die noch erkennbar waren, wurden getrennt von jenen gelegt, die es nicht mehr waren. Der grauenvolle Geruch verbrannten Fleisches erfüllte die Luft. Ihre Gladiatoren arbeiteten Hand in Hand mit den Garnisonssoldaten. Sogar ein paar Beysiber, die nicht ins Bett zurückgekehrt waren, halfen mit.
»Sonst wäre all dies vergebens gewesen«, sagte sie zu Walegrin.
Dann verließ sie ihn, und Leyn, der den Schlüssel hatte, öffnete das Tor der Götter für
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