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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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den Hengst herum. Die germanische Gardekavalleriebrigade war über den Fluss gestürmt, doch man konnte sie in dem Kampfgetümmel nur schwer von den Chatti unterscheiden. Bán hätte beinahe einen der Gardekavalleristen getötet, erkannte seinen Irrtum jedoch gerade noch rechtzeitig und musste dann Sekunden später mitansehen, wie derselbe Mann von einem feindlichen Speer durchbohrt wurde, und zwar mit einer solchen Gewalt, dass es ihn aus dem Sattel riss. Bán stach und hackte wie besessen auf den Chatti ein und packte dann hastig die Zügel des reiterlosen Pferdes. »Steig auf, Mann!«, rief er Corvus zu, diesmal auf Lateinisch. Krähe tänzelte zur Seite, um Corvus Platz zum Aufsitzen zu lassen. Bán sah gerade noch, wie Corvus ein paar Schritte neben dem Pferd herlief und sich nach Kriegerart auf den Rücken des Tieres schwang; dann hörte er plötzlich ein Brüllen hinter sich, hörte seinen Namen rufen, fuhr herum und sah das hochgerissene Schwert eines Stammesangehörigen vor sich, der kein Gardekavallerist war. Dann wurde die Welt um ihn herum schlagartig schwarz.
     
    Als Bán wieder zu sich kam, nahm er einen dumpfen, hämmernden Schmerz wahr und die Düfte von Sandelholz, Zitrone und Zeder, vermischt mit dem Geruch von eiterndem Fleisch. Nach einer Weile, während der er mit geschlossenen Augen dalag, merkte er allmählich, dass das faulig riechende Fleisch sein eigenes war und dass der Schmerz in seiner linken Hand und Schulter rumorte. Nach einer weiteren Zeitspanne wurde ihm schließlich klar, dass er kein Geist war und dass Iccius ihn verlassen hatte. Er schlug die Augen auf.
    Der Raum um ihn herum war weiß, und in eine Ecke schien die Sonne. Ein Fries von römischen Göttern - von Frauen mit hoch aufgetürmtem Haar und schlanken, gut gebauten Jünglingen - bildete das Verbindungsglied zwischen den Wänden und der Zimmerdecke. In einer Ecke des Raums brannte ein Kohlenbecken, von dem dünne Rauchkräusel aufstiegen. Die Wärme hüllte ihn wie eine Decke ein, war aber nicht so stark, dass ihm heiß davon wurde.
    Er lag auf einem niedrigen Bett unter einem weißen Leinenlaken. Neben dem Bett stand ein breitrandiger Krug, halb mit Wasser gefüllt. Bán rollte sich versuchsweise herum und streckte seinen gesunden Arm nach dem Krug aus.
    »Das würde ich an deiner Stelle lieber bleiben lassen. Das dürfte im Moment doch noch ein bisschen zu optimistisch sein.« Ein Mann sprach in akzentuiertem Lateinisch auf ihn ein, und er brauchte einen Moment, um die Worte zu verstehen. Füße schlurften über den Boden, und ein schmales, bärtiges Gesicht blickte aus großer Höhe auf ihn herab. Ein Talisman in Form eines Stabes, um den sich Schlangen ringelten, schwang vor Báns Augen hin und her.
    »Theophilus von Athen. Leibarzt von Gaius Germanicus. Zu deinen Diensten.« Die Sprechweise des Mannes war knapp und schneidig, so sauber abgehackt wie sein Bart. Seine Stimme klang heiser, als ob er erst kürzlich von einer Erkältung genesen wäre. Er lächelte und zeigte dabei schiefe, nach innen gebogene Eckzähne. Bán starrte ihn an, unfähig zu sprechen.
    »Du hast eine Schwertverletzung an der Schulter davongetragen. Der Knochen ist gebrochen, und die Wunde sieht nicht gut aus. Diese Chatti«, fügte er mit einer Grimasse hinzu, »die halten ihre Waffen einfach nicht sauber.« Bán erinnerte sich wieder an den Riesen von einem Mann, der ihn zu töten versucht hatte; an das geknotete Haar, den Umhang aus Menschenhaut mit den eingeflochtenen Haaren und an den als Trophäe erbeuteten Kopf mit dem widerlich riechenden Fleisch. Er stellte sich vor, wie sich solch ein Mann vor einer Schlacht erst einmal Zeit nahm, um seine Waffe von oben bis unten sorgfältig mit Sand zu scheuern. Er grinste und hielt dann jäh inne, weil es so weh tat.
    »Richtig. Du hast auch einen Schlag auf die Kinnlade bekommen. Ich würde dir für die unmittelbare Zukunft dringend empfehlen, den Mund zu halten. Und deine linke Hand - nein, beweg sie bloß nicht! -, deine linke Hand wäre jetzt nur noch eine breiige Masse, hättest du nicht ein Bleitäfelchen in der Handfläche gehalten, das... Willst du wohl still liegen!« In den Augen blitzte ein Humor auf, der die Schärfe des Befehls unterminierte. Die fremde, raue Stimme fuhr fort: »Der Mann, dem die Verwünschung galt, starb gleich in den ersten Augenblicken des Kampfes, aber du hattest das Täfelchen nicht fallen lassen, und deshalb liegt die Schuld an seinem Tod nicht bei dir. Trotzdem

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