Die Herrin der Kelten
sprechen.«
Der junge Träumer entfernte sich eilig, offensichtlich froh darüber, aus der Verantwortung entlassen zu sein. Als sie allein miteinander waren, sagte Macha: »Bán, Breaca ist nicht verletzt. Sie hat harte Worte mit den Trinovantern gewechselt, und ich glaube, sie hat auch mit einem von ihnen die Klinge gekreuzt, aber sie haben ihr keine Verletzungen zugefügt.«
»Aber...«
Sie blickte ihn eindringlich an. Ihre Augen waren von dem Grau von Eisen, und in den dunklen Pupillen in der Mitte spiegelte sich der flackernde Schein des Feuers wider. »Bán, was du gesehen hast, war so etwas wie eine Halluzination, ausgelöst durch die Harzdämpfe und deine Aufregung über deinen allerersten Besuch im Versammlungshaus und durch... andere Dinge, über die wir zu wenig wissen. Aber es war nicht real. Breaca hat ihre Schlacht noch nicht geschlagen, weder die erste noch die zweite. Der Mann, den du angegriffen hast, ist nicht Mandubracios. Er kann es gar nicht sein. Der Verräter lebte zur Zeit des Großvaters deines Großvaters; er ist also schon lange tot.«
Bán runzelte die Stirn. Machas Erklärung klang plausibel, aber nur zum Teil. Er glaubte an das, was er sah. »Aber wenn er nicht Mandubracios ist, wer ist er dann?«
»Amminios, zweitältester Sohn des Sonnenhundes, Cunobelin. Er und sein älterer Bruder Togodubnos kamen als Gesandte im Auftrag ihres Vaters. Ein Gesandter ist heilig, Bán. Man darf ihn nicht angreifen. Schon gar nicht, wenn Mittsommer ist und allgemeine Waffenruhe herrscht.«
Ihr Gesichtsausdruck und ihre Augen sagten noch mehr als ihre Stimme. Und sie weinte jetzt wieder. Eiskalte Finger krallten sich in seine Brust und schnürten ihm die Luft ab, so dass er kaum noch atmen konnte. Machas Worte von zuvor hallten in seinem Gedächtnis wider: Du hast den Waffenstillstand gebrochen und einen von ihnen als Verräter beschimpft. Das ist die schlimmste Beleidigung. Sie griff nach seiner Hand. »Bán, ich weiß, du wolltest das nicht tun, aber die Gesetze sind streng, und wir können uns nicht über sie hinwegsetzen. Und deshalb werden wir dich für deine Tat wohl oder übel bestrafen müssen.«
Eines Tages würde er ein Krieger sein. Ein Teil seines Verstandes sagte ihm, dass ein Krieger, der einer Schlacht entgegenblickte, genau das Gleiche empfinden musste wie er in diesem Moment: diese panische Angst, die seinen Magen zu einem schmerzhaften Knoten zusammenzog, dieses schreckliche Gefühl, nicht zu wissen, was kommen würde. Er wollte seine Mutter danach fragen, konnte aber plötzlich keinen Ton mehr herausbringen. Er nahm sich fest vor, nicht zu weinen, was immer es auch sein mochte.
»Ich habe mit den Ältesten gesprochen«, erklärte Macha, »und sie haben sich auf eine Strafe geeinigt. Du hast Amminios’ Ehre, seine Familie und seine Person beleidigt, und du schuldest ihm Wiedergutmachung dafür. Es gibt zwei Möglichkeiten, um diese Schuld zu begleichen. Die Erste ist, dass du ihm ein Jahr lang dienst, so wie Breaca der Großmutter dient.«
»Aber er ist weder blind noch lahm. Er braucht niemanden, der ihm als Augen und Glieder dient.«
»Nein. Und deshalb würdest du ihm auch auf andere Weise dienen müssen.«
»Wie ein Sklave?«
»Ja. Ich glaube schon.« Bán starrte seine Mutter schockiert an. Sklaverei war etwas, was weder die Götter der Eceni noch ihre Träumer erlaubten. Schon der bloße Gedanke daran genügte, um Nemains Zorn zu riskieren. Seine Mutter redete noch immer. »Wir haben über diese Möglichkeit nachgedacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht akzeptabel ist. Und zwar aus einer ganzen Reihe von Gründen...«
Er war ein Krieger. Er war zu allem fähig. Er straffte die Schultern. »Ich werde gehen, wenn es das ist, was du von mir verlangst.«
» Nein! Nein, das ist es nicht. Ganz sicherlich nicht. Du magst diesem Mann gegenüber zwar zu einer Ehrenschuld verpflichtet sein, aber er...« Sie mühte sich ab, die richtigen Worte zu finden, um einen Schrecken zu benennen, und fand sie doch nicht. Sie holte tief Luft und sagte: »Die Ehre ist unser. Amminios teilt sie nicht. Die Ältesten würden dir niemals erlauben, mit ihm zu gehen.« Er sah die Furcht in ihren Augen, sah, welche Anstrengung es sie kostete, ihn anzusehen. Sie sprach hastig, um die Sache hinter sich zu bringen. »Es gibt nur noch eine andere Möglichkeit. Du musst ihm etwas zum Geschenk machen, etwas, was dir sehr viel bedeutet. Ein Geschenk, das von Herzen kommt und das genauso
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