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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Rostrot seiner Kehle. Die steinerne Speerspitze sang in ihrem Flug genauso klagend, wie das Lied der Krieger geklungen hatte. Breaca sah den Glanz der Sonne auf dem Stein, die Blutfontäne und den zerschmetterten Knochen, als sich die Speerspitze in lebendiges Fleisch bohrte. Die ekstatische, bittersüße Freude des Tötens überflutete ihr Innerstes wie niemals zuvor. Das Pulsieren in ihrer Handfläche schwoll an, ebbte wieder ab und versiegte schließlich ganz.
    Der Adler starb zu ihren Füßen. Sein Gewicht zog ihren Speer mit sich hinunter, ließ den Speerschaft hart gegen ihren Arm schlagen. Doch sie war bereits auf dem Boden, kniete neben der Großmutter. Die alte Frau lag auf dem feuchten Gras, ihre Augen weit aufgerissen und weiß. Dunkles Blut floss unaufhaltsam aus einer Wunde an ihrer Schulter. Schneller noch und von hellerer Farbe pulsierte ihr Blut aus einer klaffenden Wunde an ihrem Hals.
    »Beweg dich nicht... nicht. Ich werde sie verbinden.« Breacas Gürtelmesser baumelte an seinem Lederriemen. Sie löste es und schnitt damit einen langen Wollstreifen vom Saum ihrer Tunika ab. Die Angst ließ sie unvorsichtig werden, und sie schnitt sich in die Handkante. Die Großmutter drehte den Kopf. Breaca legte ihr eine Hand auf die Stirn und hielt die alte Frau damit still, während sie um Worte und um Fassung rang und um eine Möglichkeit, irgendeine Möglichkeit, um die Blutung zu stillen. »Nicht. Du darfst dich nicht bewegen. Du machst es sonst nur noch schlimmer... halt still. Lass mich die Wunde verbinden. Wenn die Blutung aufgehört hat, können wir verschwinden. Ich werde dich tragen...«
    »Breaca.«
    Dies war die Stimme, die Breaca kannte und die keinen Widerspruch duldete. Sie ließ den Wollstreifen fallen. »Ja?«
    »Gib mir den Speerschaft. Es ist mein Stab. Ich möchte ihn halten.«
    Breaca hatte sich zuvor keine Gedanken darüber gemacht, woher er kam. Aber der Stab bedeutete für einen Träumer das, was das Schwert für einen Krieger bedeutete. Breaca zerrte den Speer aus der Kehle des Adlers heraus und durchschnitt mit ihrem Messer rasch die Lederschnur, die die Steinspitze festhielt. Das freie Ende des Holzschafts war blutbefleckt und mit Fleischfetzen und Knochensplittern beschmiert. Sie wischte es im Gras sauber.
    »Und jetzt hilf mir aufzustehen.«
    »Nein, du darfst nicht aufstehen, wirklich, das darfst du nicht! Wir müssen dich zu Airmid bringen. Sie wird wissen, was zu tun ist. Bitte, lass mich die Wunde verbinden...« Voller Panik weinte Breaca heiße Tränen. Ihre Hände zitterten. Sie hob ihre Tunika an und presste sie fest auf die Wunde am Hals der Großmutter. »Bitte, du kannst die Wunde nicht allein heilen. Du musst mir glauben.«
    Das Gesicht der alten Frau hatte die Farbe von nasser Kreide angenommen, ein blasses Grau. Ihr Atem rasselte in ihrer Kehle und ging in kurzen, keuchenden Zügen. Sie musste ihre gesamte Energie aufbieten, um ihre Stimme zu erheben, und diese Anstrengung zu beobachten war herzzerreißend. Während sie sich mühsam in eine sitzende Haltung hochkämpfte, sagte sie: »Ich werde die Wunde auch nicht allein heilen. Und Airmid ist ebenfalls nicht in Reichweite. Du musst mich also zum Grabhügel bringen, den, durch den wir gekommen sind. Dort drinnen kann ich träumen.«
    »Aber Träumen wird jetzt nicht...«
    »Breaca...«
    »Ja, Großmutter. Ich werde dich dort hinbringen. Es ist ja nicht weit.«
    Es war in der Tat nicht weit, und sie mussten diesmal auch nicht durch die Stechginsterhecke kriechen. Im Tal starben die letzten Krieger einen einsamen Tod. Die Adler fraßen oder schwebten träge kreisend in der Luft. Sie zeigten kein Interesse an der alten Frau und dem Mädchen, die sich langsamen Schrittes in Sicherheit brachten. Die ältere Großmutter ging, ihr ganzes Gewicht auf ihren Stab gestützt, bis zu dem Fuchsloch in der Stechginsterhecke. Auf der anderen Seite, als sie das zweite Mal stolperte, willigte sie schließlich ein, sich von Breaca hochheben und - wie die alte Frau ätzend meinte - wie ein schreiendes Baby tragen zu lassen.
    »In den Hügel hinein. Es ist nicht weit.« Die Stimme der Großmutter klang wie das Rascheln des Mäusegrases, wie ein tonloser Windhauch ohne jede Kraft. »Der Traumplatz liegt im Zentrum...«
    »Da ist nirgendwo ein Traumplatz, Großmutter, es ist ein Tunnel, wir sind doch hindurchgegangen. Die Wände waren glatt, ohne Durchgang. Bitte lass mich die Wunden verbinden und dich nach Hause tragen. Ich kann es schaffen.

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