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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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meinst du das?«
    »Vielleicht hast du es nicht bemerkt, aber sie verachten nicht nur dich.« Senenmut sah mich nicht an.
    Tatsächlich war es mir in meiner Konzentration auf meine Aufgaben nicht aufgefallen, dass Senenmut unter der Verhaltensweise der anderen Jungen litt. »Was tun sie dir an?«
    »Sie ignorieren mich, weil ich nicht so bin wie sie.« Senenmut zögerte. »Ich bin nicht an Mädchen interessiert.«
    »Na und? Du bist ein Jahr jünger als die anderen.«
    »Das meine ich nicht. Es ist so furchtbar schwierig, darüber zu sprechen, Nefrit! Die anderen sind verliebt in einige von den Mädchen der Tempelschule, und manche treffen sich mit ihnen …«
    »Das ist doch verboten!«
    »Ramses hat mich schon einige Male mitgenommen, aber ich ... Bei Hathor! Nefrit, ich habe mich in den Priester Sethi verliebt. Ich würde ihn gern treffen.«
    »Und liebt Sethi dich?«
    »Ich hoffe es! Er hat mich einmal auf eine besondere Art angelächelt. Aber ich habe keine Möglichkeit, mit ihm zu sprechen. Kannst du mir helfen, ihn zu treffen? Kannst du ihm eine Nachricht von mir überbringen?«
    »Du bist verrückt!«, sagte ich voller Überzeugung.
    »Das habe ich immer von dir behauptet, Nefrit! Ich werde dir immer dankbar sein, wenn du mir diesen Gefallen erweist.«
    Wenn ich gewusst hätte, welche Konsequenzen sich für mich aus diesem Gefallen ergeben würden … Ich hätte es trotzdem getan.
     
     
    Mein Schatten war nicht der einzige, der in jener Nacht zwischen den Säulen des Tempels umherirrte. Aus einigen der Kammern drang unterdrücktes Lachen, und so vermutete ich, dass Ramses und seine Freunde sich auf einem Eroberungsfeldzug auf der falschen Seite des Tempelareals befanden. Ich hielt Senenmuts Brief fest in der Hand und schlich zu den Kammern der Priester hinüber.
    Sethi schlief nicht, und ich war überrascht, als ich ihn in Schreiberhaltung auf dem Boden sitzen sah. Er war nicht minder verblüfft. »Nefrit, bei allen Göttern, was tust du zu dieser Nachtzeit außerhalb deiner Kammer? Verschwinde sofort, man darf dich hier nicht sehen.«
    »Ich habe eine Frage, die mich beschäftigt, Sethi. Hast du einen Augenblick Zeit für mich?«
    »Was quält dich, Nefrit?«
    »Darf ich mich setzen?«
    Sethi deutete auf die Schilfmatte neben sich, und ich nahm in Schreiberhaltung Platz. Seine Kammer war nur wenig größer als meine eigene. Eine Schlafmatte, eine Truhe und ein Klappstuhl waren die Einrichtung. An der Wand hingen an zwei Haken mehrere priesterliche Leinenschurze und Teile des Königsornats für die Riten. Auf der Truhe sah ich einen Bronzespiegel liegen, den ich zu gern betrachtet hätte.
    »Hast du Probleme bei deiner Ausbildung als Schreiber?«
    »Nein, Sethi, ich komme gut voran. Es ist nur …«
    »Akzeptieren dich deine Mitschüler?«
    »Mittlerweile habe ich mir ihren Respekt verdient, und Niuser unterstützt mich in meinem Wunsch, Schreiber zu werden.«
    »Was führt dich dann mitten in der Nacht zu mir?«
    »Ich benötige deinen Rat als Mann, nicht als Priester.« Mit diesen Worten legte ich meine Hand auf sein Knie. Ich war für Senenmuts Freundschaft zu jedem Opfer bereit.
    »Meinen Rat als Mann?«, fragte Sethi und rückte einige Handbreit von mir ab. Meine Hand wischte er mit einer fahrigen Bewegung weg. »Was ist geschehen? Bist du verliebt?«
    »Es geht nicht um mich, Sethi. Es geht um einen meiner Mitschüler.«
    Ein Lächeln huschte über Sethis Lippen. »Ist er verliebt?«
    »O ja, und wie! Er hat mir erzählt, dass er keine Nacht mehr schlafen kann. Er hat mich um Rat gefragt, aber ich habe ihm gesagt, dass ich in dieser Beziehung keine Erfahrungen habe. Deshalb wollte ich dich um Rat fragen. Als Mann.«
    »Ich verstehe nicht, Nefrit.«
    »Mein Freund möchte einen Rat, wie er sich der geliebten Person nähern soll.«
    »Das kannst du ihm als Frau doch viel besser erläutern.«
    »Mein Freund liebt keine Frau, sondern einen Priester. dich.«
    »Mich?«
    »Er hofft, dass auch du dich in ihn verliebt hast.«
    Ich habe nie wieder einen Mann auf derart bezaubernde Weise erröten sehen wie Sethi. »Wer ist es?«, flüsterte er heiser.
    »Senenmut.«
    Als Sethi, den Blick abgewandt, über die Möglichkeiten nachdachte, die diese Beziehung für seine Stellung im Tempel sowie für die weitere Karriere von Senenmut bedeuten könnte, reichte ich ihm Senenmuts Brief. Sethi nahm ihn mit zitternden Händen entgegen, entfaltete ihn und las die poetischen Worte, die ich für Senenmut in meiner besten

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