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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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bringen will.“
    „Oh“, erwiderte er. „Wie hat sie ausgesehen?“ Die Frage erschreckte mich.
    „So gesichtslos wie alle Bauern, aber sie hatte ungewöhnliche blaue Augen. Warum fragst du, Gebieter?“ Er schnob gereizt durch die Nase.
    „Weil jeder königliche Herold, der den Fluß befährt, sie kennt“, sagte er. „Die Helläugige ist irre. Wir sind bestrebt, hier nicht anzulegen, aber wenn es sich nicht umgehen läßt, geben wir uns alle Mühe, uns nicht zu zeigen. Sie dient dem Tempel, aber unter dem Vorwand der Gastfreundschaft bedrängt sie uns, dem Pharao ein Paket zu überbringen. Ich habe sie bereits kennen gelernt. Warum, glaubst du wohl, war ich so darauf bedacht, an diesem Hundeloch vorbeizufahren?“
    „Ein Paket?“ fragte ich neugierig. „Was enthält es?“ Er hob die Schultern.
    „Sie behauptet, darin sei ihre Lebensgeschichte, und daß sie früher den Einzig-Einen kannte, der sie für irgendein Verbrechen nach hier verbannt hat, und er muß nur lesen, was sie geschrieben hat, schon wird er ihr verzeihen und ihre Verbannung aufheben. Die und schreiben!“ schloß er verächtlich. „Ich bezweifle, daß sie überhaupt ihren Namen in den Dreck kratzen kann! Kamen, ich hätte dich warnen sollen, aber noch ist ja nichts passiert. Sie wird uns nur kurz belästigen, aber zumindest bekommen wir anständig zu essen.“
    „Dann hat in Wahrheit noch niemand einen Blick in das Paket geworfen?“ bohrte ich weiter.
    „Natürlich nicht. Ich habe dir doch gesagt, daß sie irre ist. Kein Herold würde es riskieren, ihr die Bitte zu erfüllen. Und du, junger Mann, solltest dir jegliche rührselige Vorstellung verkneifen. Die Bauern in den Geschichten, die uns unsere Kinderfrauen erzählt haben, mögen es ja bis vor den Herrn allen Lebens bringen, doch in Wirklichkeit sind sie dumme, dumpfe Tiere, die nur dazu taugen, das Land zu bestellen und das Vieh zu hüten, dem sie ähneln.“
    „Sie spricht gebildet“, wagte ich einzuwerfen, ohne zu wissen, warum ich sie verteidigte, und er lachte.
    „Das hat sie sich in den Jahren angeeignet, die sie nun schon Höhergestellte belästigt, die das Pech hatten, ihr zu begegnen“, gab er zurück. „Sei nicht freundlich zu ihr, sonst behelligt sie dich um so mehr. Die Priester, denen sie dient, sollten sie besser zügeln. Demnächst wird niemand mehr in Aswat anlegen, um Handel zu treiben oder zu beten oder Arbeiter anzuheuern. Sie mag ja harmlos sein, aber sie ist so lästig wie ein Schwarm Fliegen. Hat sie etwas von heißer Suppe gesagt?“
    Es war völlig dunkel geworden, als sie uns fast geräuschlos überrumpelte, aus dem dunklen Schatten auftauchte und in den flackernden hellroten Feuerschein trat wie eine barbarische Priesterin. Ihr nicht mehr vom Hanfstrick gehaltenes Haar stand ihr wild um den Kopf und fiel ihr bis auf die Brust. Ich bemerkte, daß sie ein anderes Trägerkleid trug, doch das war genauso grob wie das Kleidungsstück, in dem sie den Fußboden des Tempels gewischt hatte, und sie ging auch noch immer barfuß. Sie trug ein Tablett, das sie feierlich vor uns auf dem Klapptisch abstellte, den mein Herold sich zuvor vom Boot hatte bringen lassen. Mit einer Verbeugung in seine Richtung hob sie den Deckel von einem Topf und machte sich daran, köstlich duftende Suppe in zwei kleinere Schälchen zu schöpfen. Daneben standen frisches Gerstenbrot und Dattelküchlein und, das Beste von allem, ein Krug Bier. Ihre Bewegungen waren anmutig und zierlich. Mit gesenktem Kopf, die Schale in beiden Händen, bot sie zuerst dem Herold Suppe an, dann mir, und während wir die zugegebenermaßen köstliche Brühe löffelten, schenkte sie uns Bier ein und entfaltete zwei makellos weiße Leinenservietten, die sie uns sorgsam und unaufdringlich auf die nackten Knie legte. Daraufhin trat sie zurück und stand mit hängenden Armen da, während wir das Essen verschlangen. Sie näherte sich nur, um uns nachzuschenken oder um die leeren Teller abzuräumen, und ich überlegte beim Essen, ob sie vielleicht Dienerin bei einem örtlichen Würdenträger gewesen war oder ob der Oberpriester Wepwawets, zwar selbst ein Bauer, doch natürlich gebildeter als seine Nachbarn, sie in gutem Benehmen unterwiesen hatte. Schließlich stapelte sie das Geschirr auf dem Tablett und legte die mittlerweile verschmutzten Servietten darüber, und da seufzte mein Herold und rutschte auf seinem Hocker hin und her.
    „Sei bedankt“, sagte er barsch und, wie mir vorkam, widerwillig. Bei seinen

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