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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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führte die Straße von Aquae Sulis nach Norden. Sie zog sich weiß und menschenleer durch das Land. Wie lange würde es dauern, bis sich der römische Kommandant Gedanken um seine Soldaten machte und schließlich einen anderen Trupp schicken würde, um herauszufinden, was mit ihnen geschehen war?
    Gawen hatte fünf Römer getötet und zwei schwer verwundet. Als die Dunkelheit die restlichen Legionäre in Angst und Schrecken versetzte, hatten die Männer des kleinen Volkes sie mit ihren Messern ohne große Mühe überwältigt. Die Leichen waren im Sumpf versenkt worden, damit der Tor nicht noch mehr verunreinigt wurde. Die Mönche waren jedoch zweifellos bereits auf dem Weg zu den Römern, um ihnen zu berichten, daß die Soldaten hier gewesen waren. Ihr spurloses Verschwinden würde schwere Vergeltungsmaßnahmen nach sich ziehen.
    Sie werden kommen und das beenden, was mit dem Massaker auf der Insel Mona begann, als ich noch ein Kind war. Der Orden der Druiden und die Gemeinschaft der Priesterinnen werden ausgelöscht sein, und niemand wird mehr der Göttin dienen ...
    Caillean empfand bei diesen Gedanken eine große Bitterkeit. Alles war ihrer Kontrolle entglitten. Sie blieb stehen und blickte stumm über das Land. Die sinkende Sonne nahm der Welt das letzte Licht.
    Es war bereits dunkel, als jemand sie am Arm berührte und sie in die Wirklichkeit zurückholte. Sie machte sich keine Hoffnung, aber die Ruhe hatte ihr ein wenig Frieden gebracht.
    »Was ist? Lebt Gawen nicht mehr ... «
    Riannon schüttelte den Kopf. »Er schläft noch immer. Aber die anderen brauchen dich, Herrin. Alle Druiden und die geweihten Priesterinnen haben sich hier versammelt. Sie sind in großer Sorge, und einige wollen fliehen, bevor die Römer wiederkommen. Andere sind bereit zu kämpfen und wollen bleiben. Du mußt zu ihnen sprechen. Caillean, sag uns, was wir tun sollen!«
    » Ich soll es euch sagen?«
    Caillean schüttelte den Kopf. »Glaubt ihr, meine Kräfte seien so groß, daß ich nur eine Beschwörung flüstern muß, und alles wird wieder gut? Ich konnte Gawen nicht retten. Weshalb glaubt ihr, daß ich euch retten kann?« Sie sah im Dämmerlicht, daß Riannon niedergeschlagen den Kopf senkte, und sie schwieg. Sie wollte der treuen Priesterin keine Vorwürfe machen.
    »Du bist die Herrin von Avalon! Du kannst nicht einfach aufgeben, weil du die Hoffnung verloren hast. Wir sind ebenso verzweifelt wie du. Aber wir haben von dir gelernt, daß wir nicht zulassen dürfen, daß Gefühle unser Tun bestimmen. Du hast stets gesagt, wir sollen die Ruhe bewahren und dem himmlischen Geist in uns die Möglichkeit geben, die Entscheidung zu treffen ... «
    Caillean seufzte. Es kam ihr vor, als habe sich ihr Geist von ihr losgelöst, als Paulus den Ring der Steine entweihte. Doch das Tun der Frau, die sie gewesen war, band sie noch an die Erde.
    Es läßt sich nicht leugnen , dachte sie. Die stärksten Ketten sind die, die wir selbst schmieden .
    »Also gut«, sagte sie schließlich. »Die bevorstehende Entscheidung geht uns alle an. Unser Leben steht auf dem Spiel. Ich kann diese Entscheidung nicht für euch treffen, aber wir werden zusammen darüber beraten, was zu tun ist.«
    Mit gesenkten Köpfen kamen die Druiden und die Priesterinnen in den zerstörten Ring der Steine. Ambios brachte Cailleans Sitz, und als sie Platz nahm, wurde ihr plötzlich bewußt, wie lange sie gestanden hatte. Als Priesterin war sie an lange Zeiten in Trance gewöhnt und besaß die Disziplin, die Forderungen des Körpers zu ignorieren, aber im Augenblick fühlte sie jedes einzelne Jahr ihres langen Lebens.
    Die Druiden stellten Öllampen auf die Erde. In den schattenhaft beleuchteten Gesichtern sah Caillean ihre eigenen Ängste und Sorgen.
    »Hier können wir nicht bleiben«, sagte Ambios. »Ich weiß nicht viel von den Römern, aber wir alle haben gehört, wie grausam sie jeden bestrafen, der ihre Soldaten angreift. In einem Krieg verkaufen sie ihre Gefangenen als Sklaven, aber wenn die Bevölkerung sich auflehnt, werden die Schuldigen gekreuzigt ... «
    »Wir Britonen dürfen keine Waffen tragen. Wer mit einer Waffe kämpft, ist bereits ein Verräter«, sagte ein anderer.
    »Wundert euch das?« fragte Riannon und fügte bitter hinzu: »Denkt doch nur daran, was Gawen mit seinem Schwert angerichtet hat!« Sie alle dachten voll Wehmut an ihren König, der draußen auf dem Platz noch immer mit dem Tod rang.
    »Es steht fest, daß sie mit uns kein Erbarmen haben

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