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Die Herrschaft Der Seanchane

Die Herrschaft Der Seanchane

Titel: Die Herrschaft Der Seanchane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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gesehen, mit denen Ihr Nachtblumen an den Himmel werft. Dreihundert Schritte oder mehr, habt Ihr gesagt. Ich wette, wenn man eine davon verstärkt, könnte sie eine Nachtblume tausend Schritte weit befördern.«
    »Ich rede zu viel«, murmelte sie kaum hörbar und starrte konzentriert in den Mörser. Zumindest glaubte er das verstanden zu haben, dazu kam noch irgendetwas über schöne Augen, das keinen Sinn ergab. Er beeilte sich, damit sie nicht wieder von den Gildegeheimnissen anfing. »Diese Röhren sind wesentlich kleiner als ein Katapult, Aludra. Falls man sie gut versteckt, würden die Seanchaner nie erfahren, wo sie abgefeuert wurden. Betrachtet es doch einfach als Rache für das Gildehaus.«
    Sie drehte den Kopf und warf ihm einen respektvollen Blick zu. In den sich auch Überraschung mischte, aber es gelang ihm, das zu ignorieren. Ihre Augen waren rot gerändert, ihre Wangen wiesen Spuren von Tränen auf. Wenn er vielleicht den Arm um sie legte... Für gewöhnlich wussten Frauen etwas Trost zu schätzen, wenn sie geweint hatten.
    Er hatte noch nicht einmal den Ansatz einer Bewegung gemacht, als sie den Stößel herumschwang und ihn mit einer Hand wie ein Schwert auf ihn richtete. Diese schlanken Arme mussten stärker sein, als sie aussahen; der Holzstößel zitterte nicht einmal. Licht, dachte er, sie konnte doch gar nicht wissen, was ich tun wollte!
    »Für einen, der die Abschussröhren vor ein paar Tagen zum ersten Mal gesehen hat, ist das nicht schlecht«, sagte sie, »aber ich habe schon lange vor Euch daran gedacht. Ich hatte meine Gründe.« Einen Augenblick lang war ihre Stimme voller Bitterkeit, aber sie wurde wieder unbeschwerter und schließlich sogar amüsiert. »Ich werde Euch das Rätsel stellen, da Ihr doch so schlau seid, oder etwa nicht?«, fügte sie hinzu und hob eine Braue. Oh, da gab es auf jeden Fall etwas, das sie amüsierte! »Ihr verratet mir, wozu ich einen Glockengießer brauchen könnte, und dafür verrate ich Euch alle meine Geheimnisse. Sogar die, die Euch erröten lassen, einverstanden?«
    Das hörte sich interessant an. Aber das Feuerwerk war wichtiger, als eine Stunde mit ihr herumzuschmusen. Welche Geheimnisse konnte sie haben, die ihn erröten ließen? Was das anging, würde er sie vermutlich überraschen können. Nicht all die Erinnerungen der anderen Männer, die man in seinen Kopf gezwängt hatte, drehten sich um Schlachten. »Ein Glockengießer«, sagte er nachdenklich, ohne die geringste Ahnung, in welche Richtung ihn das führen sollte. Nicht eine jener alten Erinnerungen regte sich. »Nun, ich vermute ... ein Glockengießer könnte... vielleicht...«
    »Nein«, sagte sie abrupt. »Ihr werdet jetzt gehen und in zwei oder drei Tagen wiederkommen. Ich habe zu arbeiten und Ihr mit Euren Fragen und Schmeicheleien seid eine zu große Ablenkung. Nein, ich will nichts hören! Ihr werdet jetzt gehen.«
    Er erhob sich mit finsterer Miene und stülpte sich den breitkrempigen Hut auf den Kopf. Schmeicheleien? Schmeicheleien! Blut und verdammte Asche! Beim Reinkommen hatte er seinen Umhang neben der Tür zu Boden fallen lassen, und er stöhnte leise, als er sich bückte, um ihn aufzuheben. Er hatte fast den ganzen Tag auf dem Stuhl gesessen. Aber vielleicht hatte er bei ihr einen kleinen Fortschritt gemacht. Und wenn er das Rätsel lösen konnte, dann sowieso. Alarmglocken. Gongs, die die Stunde schlugen. Es ergab keinen Sinn.
    »Ich könnte mir vorstellen, einen so schlauen jungen Mann wie Euch zu küssen, würdet Ihr nicht einer anderen gehören«, murmelte sie in entschieden warmem Tonfall. »Ihr habt ein so knackiges Hinterteil.«
    Er schoss hoch, hielt ihr aber weiterhin den Rücken zugewandt. Die Hitze in seinem Gesicht war pure Empörung, aber er war davon überzeugt, dass sie es als Erröten auslegen würde. Normalerweise konnte er seine Kleidung vergessen, solange es niemand ansprach. In den Schenken hatte es da den einen oder anderen Zwischenfall gegeben. Als er mit dem geschienten Bein und verbundenen Rippen und von Kopf bis Fuß mit Verbänden versehen flach auf dem Rücken lag, hatte Tylin seine Kleidung versteckt. Er hatte noch immer nicht herausgefunden, wo sie war, aber mit Sicherheit war sie versteckt und nicht verbrannt. Schließlich würde sie ihn ja wohl nicht für alle Zeiten festhalten wollen. Von seinen Sachen waren nur noch der Hut und das schwarze Seidentuch, das er um den Hals trug, übrig geblieben. Und das Medaillon aus Silber, das einen Fuchskopf

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