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Die Herrschaft Der Seanchane

Die Herrschaft Der Seanchane

Titel: Die Herrschaft Der Seanchane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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knappe, herablassende Geste. »Ich vermute, dieser Irrsinn kommt daher, weil Ihr die Damane mit dem Stock habt prügeln lassen. Ihr seid eine Närrin, wenn Ihr glaubt, wegen einer solchen Kleinigkeit betrübt sein zu müssen. Was hat sie gesagt, was Euch so wütend machte? Keiner scheint das zu wissen, nur dass Ihr einen Wutanfall bekommen habt, den ich leider verpasst habe.«
    Tuon zwang ihre Hände, ruhig auf der Reling zu liegen. Sie wollten zittern. Mühsam kontrollierte sie ihre Züge, um weiterhin streng zu erscheinen. »Ich werde den Schleier tragen, bis ein Omen mir sagt, dass die Zeit gekommen ist, ihn wieder abzunehmen«, sagte sie und zwang ihre Stimme zur Ruhe. Es war reines Glück gewesen, dass niemand Lidyas rätselhafte Worte gehört hatte. Jeder wusste, dass Damane die Zukunft vorhersagen konnten, und hätte jemand vom Blut es gehört, hätten sie alle hinter vorgehaltener Hand über ihr Schicksal geklatscht.
    Anath lachte grob und fing erneut an, ihr zu sagen, was für eine Närrin sie doch war, diesmal nur ausführlicher. Viel ausführlicher. Sie gab sich keine Mühe, ihre Stimme zu senken. Kapitän Tehan starrte stur geradeaus, aber ihre Augen drohten ihr aus dem runzligen Gesicht zu fallen. Tuon hörte aufmerksam zu, obwohl ihre Wangen immer heißer wurden, bis sie fürchtete, der Schleier würde gleich in Flammen aufgehen.
    Viele Angehörige des Blutes nannten ihre Stimmen Soe'feia, aber Stimmen des Blutes waren im legalen Sinn So'jhin und wussten, dass sie bestraft werden konnten, falls ihren Besitzern missfiel, was sie sagten, selbst wenn sie Soe'feia genannt wurden. Von einem Verkündet der Wahrheit wurde verlangt, die nackte Wahrheit zu sagen - ob man sie nun hören wollte oder nicht -, und er hatte auch dafür zu sorgen, dass man sie sich anhörte. Diejenigen des Blutes, die ihre Stimmen Soe'feia nannten, vertraten die Meinung, dass Algwyn, der letzte Mann, der auf dem Kristallthron gesessen hatte, verrückt gewesen war, weil er seine Soe'feia leben und ihr Amt weiterhin bekleiden ließ, nachdem sie ihm vor dem versammelten Hof eine Ohrfeige gegeben hatte. Sie verstanden die Traditionen ihrer Familie genauso wenig wie der ungläubige Kapitän. Die Mienen der Männer der Totenwache hinter dem verbergenden Wangenschutz blieben reglos. Sie verstanden es.
    »Danke, aber ich brauche keine Buße«, sagte sie höflich, als Anath schließlich ihre Tirade beendete.
    Nachdem sie Neferi damals dafür verflucht hatte, dass sie bei so etwas Albernem wie einem Treppensturz gestorben war, hatte sie ihre neue Soe'feia gebeten, diesen Dienst für sie zu übernehmen. Die Toten zu verfluchen reichte aus, um einen monatelang sei'mosiev zu machen. Die Frau war dabei auf eine seltsame Weise beinahe sanft umgegangen, obwohl sie sie dazu gebracht hatte, tagelang zu weinen. Aber das war nicht der Grund dafür, warum sie das Angebot ablehnte; eine Buße musste streng sein oder sie nutzte nichts, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Nein, sie würde nicht den einfacheren Weg wählen, weil sie ihre Entscheidung getroffen hatte. Und, wie sie zugeben musste, weil sie beabsichtigte, sich dem Rat ihrer Soe'feia zu widersetzen. Ihr nicht einmal zuhören wollte. Selucia hatte Recht, sie war schon immer dickköpfig gewesen. Sich zu weigern, seiner eigenen Wahrheitssprecherin zuzuhören, war abscheulich. Vielleicht hätte sie es doch akzeptieren sollen, um dieses Gleichgewicht wieder herzustellen. Neben dem Schiff tauchten drei lange graue Tümmler auf und stießen Laute aus. Drei, und sie kamen nicht wieder an die Oberfläche. Halte den von dir gewählten Kurs bei.
    »Wenn wir an Land sind«, sagte sie, »muss die Hochlady Suroth eine Belobigung erhalten.« Halte den von dir gewählten Kurs bei. »Und man muss ihre Ambitionen erforschen. Sie hat mehr mit den Vorläufern erreicht, als sich die Kaiserin, möge sie ewig leben, hätte träumen lassen, aber ein so großer Erfolg erzeugt auch oft entsprechende Ambitionen.«
    Über den Themenwechsel beleidigt, presste Anath die Lippen zusammen. Ihre Augen funkelten. »Ich bin davon überzeugt, dass Suroth nur eine Ambition hat, nämlich die besten Interessen des Reiches zu verfolgen«, sagte sie kurz angebunden.
    Tuon nickte. Sie war sich da nicht so sicher. Diese Art von Überzeugung konnte selbst sie in den Turm der Raben bringen. Vor allem sie. »Ich muss einen Weg finden, so schnell wie möglich einen Kontakt zum Wiedergeborenen Drachen herzustellen. Er muss vor Tarmon

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