Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
verständlich, dass sie ihn nun ordentlich zappeln und sich um sie bemühen ließ.
Deshalb wurde Waldurs Werben bald unsicherer und, wie bei ihm nicht anders zu erwarten, auch unbeholfener. Habe ich etwa keine Chancen bei ihr?, fragte er sich nun immer öfter, habe ich mir denn nur eingebildet, dass auch sie seit jeher etwas für mich empfindet? Schnippisch, wie sie mich jetzt oft behandelt, muss ich das fürchten. Doch ich gebe nicht auf, denn immerhin nimmt sie ja jede zweite - gut, nur jede dritte oder vierte - meiner Einladungen an, und ehe sie mich nicht endgültig abweist, kann ich noch hoffen.
W ann immer es Waldurs Dienstzeit erlaubte, huschte er durch den Bogengang hinüber in den neuen, fast fertig gestellten Schlosstrakt, der direkt an die Mainanlage grenzte. Zauberhaft war das Doppelschloss geworden, an dessen weißen Außenfassaden warm die ockergelben Sandsteineinfassungen die Fenster und Türen zierten, ein jeder fand Gefallen daran. Besondere Bewunderung aber erregten vor dem Bogengang die fünf Phosphorsäulen. Wie von Erik angekündigt, begannen sie bereits bei einsetzender Dämmerung im Schein der Nachtlaternen grünlich zu glimmen, und nachts beleuchteten sie den Palast dann so hell, dass er bis weit in die langgestreckte Schlossallee zu sehen war.
Das Schloss könne in Mailand stehen, meinten Waldur und Erik, die ohnedies seit Jahren bestrebt waren, Frowang immer schmucker und auch immer grüner zu gestalten, ihm einen Hauch Mailand zu verleihen. Die Frowanger hatten sich von diesem Vorhaben anstecken lassen, überall sah man bereits an den Türen und Holzbalken ihrer ein-, und mehrstöckigen Wohnhäuser buntbemalte Schnitzereien und viele bauten sich auch Blumenterrassen an. Begeistert dabei mitgewirkt hatte seit jeher auch Eriks Frau Ortrud, die Gartenmeisterin, indem sie in den Grünanlagen phantasievolle Wasserspiele und Sitzarrangements hatte errichten lassen, und es stand für die Zukunft noch viel Derartiges auf dem Plan. So gab sie ausländischen Blumenhändlern, die von Zeit zu Zeit mit einem Handelsschiff hier eintrafen, weiterhin lange Bestelllisten für exotische Blumenzwiebeln und Setzlinge mit, und in Eriks Werkstätten waren Glockenspiele, Sonnen- und Sanduhren sowie allerlei Kinderspielgeräte in Arbeit, die alle in der Stadt ihren Platz finden sollen.
Gewiss, ein zweites Mailand konnte das ländliche Frowang mit seinen Fachwerkhäusern und hier und da aus der Besatzungszeit einem Römerbau, nicht werden. Das sollte es auch nicht, doch auf seine Weise war es bereits heute ein kleines Kunstparadies. Die Auswirkung unseres Stadtwappens, meinte der Fürst, wobei er nicht verkannte, dass die Verschönerungen Frowangs auf Waldurs Engagement zurück zu führen waren. Denn Waldur war es, der dieses Geschehen seinerzeit als Leiter des Bauressorts in die Welt gerufen, dann unablässig gefördert hatte, und selbst jetzt als Kronprinz setzte er sich im Rahmen seiner Möglichkeiten dafür ein.
S o viel Geschick Waldur als Kronprinz auch bewies, als Freier versagte sein Talent, so jedenfalls erschien es ihm. Vier Monde lang hatte er bereits geduldig, oft schon verzweifelt um Siglind geworben, ohne das erhoffte Echo von ihr zu vernehmen. Was nur mache ich falsch?, fragte er sich jetzt zum unzähligsten Mal, als er sich gerade nach dem Mittagsmahl hinauf zum seinem Arbeitsplatz begab , worauf ihm endlich aufging - ich muss ihr einen Antrag machen. Richtig, freute er sich, das war mein Fehler, ich hätte ihr längst schon einen Antrag machen müssen.
Das wollte er bei nächster Gelegenheit nachholen.
Diese Gelegenheit ergab sich bereits am gleichen Tag nach Dienstschluss. Es war ein milder Herbstabend, als er Siglind nach einem gemeinsamen Konzertbesuch dazu überreden konnte, sich mit ihm noch ein wenig in den Tempelhain zu setzen, wo er dann für sein Vorhaben die romantischste Bank auswählte. Sie hatten noch nicht recht Platz genommen, als er sich ihr schon zuwandte, ihre Hände in die seinen nahm und sie trotz inneren Zitterns stotterfrei fragte, ob sie seine Frau werden wolle. Siglind war vor Überraschung außerstande zu antworten, sah ihn nur groß mit ihren lila Augen an - er wartete auf ein Wort von ihr, wurde noch nervöser und fügte dann in seiner Ungeschicklichkeit hinzu: „Weil mein Vater doch erwartet, dass ich mich baldigst verlobe.“
Das löste ihre Starre, sie musste lächeln über ihn und fragte schelmisch: „Mit wem sollst du dich denn verloben?“
„Nicht sollst,
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