Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
ausgeübt hatten. Die darüber aufgebrachten fränkischen Fürstinnen und Fürsten sowie die zwei Gaugrafen im ehemaligen Parisgebiet, hatten aufgrund dessen nacheinander abgedankt. Alle fünfzehn. Und Chlodwig hatte jeden freigewordenen Thron umgehend mit einem ihm hörigen arianischen Höfling, den er kurzerhand zum Gaugrafen ernannt hatte, neu besetzt. So gefiel ihm das ohnehin besser, denn diesen arianischen Grafen hatte er weitaus leichteres Spiel als mit ihren Vorgängern.
Einige Monde nach dem Hinscheiden des kleinen Ingomars hatte die Bevölkerung dann wieder Ruhe gefunden, da sich die Arianerpriester auf Chlodwigs Befehl mit ihren Bekehrungsversuchen vor den Tempeln und sogar auf den Straßen und Gassen wieder hatten zurückhalten müssen.
Doch jetzt durften, jetzt sollten diese Priester ihr Werk wieder aufnehmen. Der Grund? Chrodegilde war schwanger geworden.
„Das Omen“, hatte sie Chlodwig eingesäuselt, „das Omen, amatus, für das ich unablässig gebetet habe und auf das du so geduldig gewartet hast. Der Arianergott hat mich erhört und hat vor allem deine Geduld belohnt. Jetzt müssen wir ihm und seinen Engeln unseren Dank erweisen. Ich denke, du weißt, was du zu tun hast.“
Chlodwig hatte auf diese Sirenentöne nur allzu gerne gehört, sie unterstützten so herrlich seine politischen Ideen. Deshalb hatte er darauf unverzüglich die eingedämmte Arianerflut wieder freigegeben, und die ergoss sich seitdem mit ihrer angestauten Wucht neuerlich über das Frankenreich.
So beobachteten nun die heidnischen wie auch die katholischen Kelten mit Schrecken, die arianischen dagegen mit Freuden, wie bei den Franken neue Sitten expandierten. Schlag auf Schlag. Zunächst wurden dort alle öffentlichen Heidenfeste untersagt und gleich drauf auch jede Volksabstimmung. Mit Absprache des Königshauses entschieden nunmehr die neu ernannten Gaugrafen, über die Köpfe der Bürgermeister hinweg, alles alleine. Kein Mitspracherecht mehr bei der Regierung, keine Dingversammlungen mehr, die Bürgermeister wurden zu Gehorchern des Königshauses wie auch der Gaugrafen.
Und die Bürger, überrumpelt und verwirrt, ließen es mit sich geschehen. Nicht zuletzt, da Chlodwig seinem Volk in überzeugenden Ansprachen durch all diese Neuregelungen eine goldene Zukunft verhieß. Mit der Zeit schenkten ihm die arglosen Bürger sogar Glauben. Davon war Chlodwig auch ausgegangen, denn die Kelten glaubten stets ihren Regenten, jedweder Volksstamm.
Und es geschah noch mehr.
Nach und nach wurden alle heidnischen wie auch die wenigen christlichen und jüdischen Gotteshäuser des Landes zu arianischen umgestaltet. Gleichzeitig wurden auf Chrodegildes Betreiben all die nicht arianischen Priesterinnen und Priester von den königlichen Bütteln öffentlich verhöhnt, was die Bürger zwar überhörten, jedoch nichts dagegen unternahmen. Wurde das Volk denn auch arianisch? - Nach außen ja, zumindest soweit wie nötig, innerlich jedoch nicht.
Und noch mehr geschah.
Die Steuern wurden hochgeschraubt. Hatten die Franken vordem, wie alle Kelten, stets den zehnten Teil ihres Jahresertrags an die Regierung abgegeben, so verlangten die fränkischen Herrscher ihren Bürgern nun schon die doppelte Summe ab. Die Folge, es kristallisierten sich zwei Menschenklassen heraus - die paar herrschenden Reichen, zu denen vorwiegend die Adeligen und die Arianerpriester zählten, und die zahlenden Untertanen.
Gut ein Jahr dieser Volksvergewaltigung, und das fränkische Herrscherpaar, inzwischen mit einem gesunden Jungen gesegnet, war das Idol aller Arianer. Vorne an Theoderich, der dafür Chlodwigs verwitwete Schwester Audefleda ( ihr erster Gemahl, Ritter Ukera, hatte sich wegen Chlodwigs Unmoral erdolcht ) zum Weib erhalten hatte. Dadurch wurde der einst so stolze und von den Römern reich ausgezeichnete Theoderich nun zu Chlodwigs Trabanten, und Italien drohte ein Abklatsch des Frankenreichs zu werden.
Oh ja, Chlodwigs Diplomatie war unübertroffen.
Doch so blauäugig das keltische Volk auch war, seine Regenten blickten umso klarer. Alle Regenten, selbst die zwei Arianer Theoderich und Chilperich, hielten sorgsam im Auge, ob Chlodwigs Machtsucht nicht über die Grenzen des Frankenreichs hinausstrebe. Was dem gewieften Chlodwig natürlich nicht entging.
Kapitel 15
Ab Sommerende 496
C hlodwigs Besuch bei Siglind und Waldur, das letzte Mal, dass er sich in Frowang hatte blicken lassen, lag bereits zwei Jahre zurück. Zwei Jahre, in denen der inzwischen
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