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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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dasaßen (denn die Sonne in den
obersten Scheiben der Fenster leuchtete auf wie ein Blitzlicht hinter
Papier, und die Köpfe der Stockrosen nickten und tanzten in einer
aufkommenden Brise, einer Brise, die Arthur und Ray draußen in der
East Passage nahe Dyer Island fast zum Kentern brachte: Arthur war
nicht daran gewöhnt, mit diesem schnel en kleinen Boot umzugehen;
sein Herz begann zu flattern; ein Vogel schlug in seiner Brust mit den
Flügeln, und sein Hirn wiederholte monoton, Noch nicht, Gott, noch nicht), kam es so vor, als ob Van Hornes Gesicht, zwischen den
durcheinander geratenen Notizen und einem irgendwie blind
wirkenden Blick auf die Gemeinde hin- und herwechselnd, sich
auflöste, zu Nichts dahinschmolz. Er versuchte, seine Gedanken für
die schmerzhafte Anstrengung einer Schlußbemerkung zu sammeln.
Seine Stimme klang wie von weit unten emporgetrieben.
«So, um dies jetzt zu Ende zu bringen, es ist nicht bloß der nette
saubere Angriff eines Tigers oder eines freundlich zottigen Löwen,
wißt ihr? Das wol en sie uns nur mit al den Stofftieren verkaufen. Ein
Kind mit einem plüschenen Leberplattwurm oder einer haarigen
Stofftarantel ins Bett zu bringen, das käme der Sache schon näher. Ihr
al e eßt. So, wie ihr euch beim Sonnenuntergang eines wunderschönes
Sommertages fühlt, wenn die ersten Gin Tonic, Cola mit Rum oder
    Bloody Mary ihr Werk beginnen und die Synapsen heiter stimmen,
dazu ein bißchen schöner milder Käse und Cracker, al es wie ein
Pokerblatt auf der Platte des Glastisches dort draußen auf dem
Sonnendeck oder neben dem Pool ausgelegt, bei Gott, liebe Leute,
genauso fühlt sich der Spulwurm, wenn ein großer Essensbrocken aus
halbverdautem Steak oder Moo goo gai pan zu ihm
heruntergeschwappt kommt. Er ist eine Kreatur wie ihr und ich. Er ist
eine genauso noble Kreatur vom Entwurf her – wirklich mit Lie be
entworfen. Ihr müßt euch das Große Gesicht ausmalen, wie Es sich
herunterbeugt und durch Seinen Bart lächelt, während diese
fabelhaften Finger mit Ihrer engelhaften Maniküre an der letzten
Fein-Einstellung des Ventralen Saugnapfs vom guten alten Schistosoma herumfummeln: das ist die Schöpfung. Nun frage ich
euch, ist das nicht ganz schön schrecklich? Hättet ihr es nicht besser
machen können, mit dem Material? Höl e auch, ich hätte es gekonnt.
Also, gebt eure Stimme das nächste Mal mir, okay? Amen.»
In jeder Gemeinde muß es einen Fremden geben. Die einsame
Ungebetene heute war Sukie Rougemont, die ganz hinten saß, einen
großen breitrandigen Strohhut trug, um ihre wunderschönen
blaßroten Haare zu verstecken, und eine große runde Bril e, damit sie
im Gesangbuch lesen und sich Notizen auf dem Rand des
vervielfältigten Programms machen konnte. Ihre Klatschkolumne
‹Gehört und gesehen› war wieder eingeführt worden, um den Anzeiger ‹sexier› zu machen. Sie hatte Wind gekriegt von Darryls weltlicher
Predigt und war gekommen, um darüber zu schreiben. Brenda und
Darryl mußten von ihrem Platz auf dem Altarpodest aus gesehen
haben, daß sie sich während des ersten Liedes hereingeschlichen hatte,
aber weder Greta noch Dawn noch Rose Hallybread hatten ihre
Anwesenheit bemerkt, und weil sie sich während der ersten Strophe
von ‹Herr, gieß deinen Segen aus› hinausschlich, kam es zu keiner
Konfrontation zwischen den Hexen-Parteiungen. Greta hatte zu
    gähnen begonnen, und Dawns glanzlose Augen juckten heftig, und
die Schnal en an Franny Lovecrafts Schuhen hatten sich geöffnet: aber
al diese Vorgänge mochten natürlichen Ursachen zugeschrieben
werden, genauso wie, daß Sukie acht oder zehn neue graue Haare
entdeckte, als sie das nächste Mal in den Spiegel sah.
    «Sie ist also gestorben», erzählte Sukie Alexandra am Telefon. «Gegen
vier heute morgen. Nur Chris war bei ihr, und er war gerade
eingedöst. Die Nachtschwester kam herein und stellte fest, daß der
Puls aufgehört hatte.»
«Wo war Darryl?»
«Er war nach Hause gegangen, um ein bißchen zu schlafen. Armer
Junge, er hat wirklich versucht, ein pflichtbewußter Ehemann zu sein,
Nacht für Nacht. Es hat wochenlang gedauert, und die Ärzte waren
überrascht, daß sie sich so lange gehalten hat. Sie war zäher, als
jedermann annahm.»
«Das ist wahr», sagte Alexandra in schlichtem Gedenken. Ihr Herz
mit seiner Bürde der Schuld hatte sich weiterbewegt, in eine
Herbststimmung hinein, eine Ruhe der Entsagung. Labor Day war
vorbei, und überal

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