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Die Himmelsleiter (German Edition)

Die Himmelsleiter (German Edition)

Titel: Die Himmelsleiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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zuspielen?"
    "Vielleicht", sagte er unbestimmt, ohne sich ablenken zu lassen.
    Liepman arbeitete für das gleiche Nachrichtenmagazin wie ich. Er war Zürcher, saß aber in Bern. Dennoch hatte er in Genf mehr zu tun als sonst wo. Unser Mann in der Schweiz stand mir zur Seite, wann immer ich in der Schweiz zu tun hatte. Allerdings war das bisher nicht oft gewesen, und auch dieses Mal gab es eigentlich keine berufliche Veranlassung für seine Unterstützung. Trotzdem war ich ihm dankbar, dass er mich am Flughafen abgeholt hatte.
    "Vielleicht wollte man, dass es überhaupt jemand erfährt. Immerhin hat es fünf volle Tage gedauert." Liepman lächelte breit. Er hatte kurz aufgeblickt. Mit der Zungenspitze beförderte er etwas aus seinem Mundwinkel, und sein Lächeln verrutschte zu einer seltsamen Grimasse. Bald darauf tauchte er erneut in sein aus Kartoffeln und Soßenresten bestehendes Universum ein. Ich fragte mich, was er noch wusste.
    Altomonte war kein f ünfundneunzigjähriger Filmstar gewesen, den man erst sicher unter der Erde sehen will, bevor die Klatschreporter wie die Heuschrecken einfallen. Vielleicht steckte mehr dahinter, eine der üblichen Umweltskandale beispielsweise, und jemand hatte uns einen Tipp geben wollen. Mein Besuch im Genf war rein privater Natur, doch der Journalist in mir hatte ein Auge geöffnet und schnüffelte argwöhnisch, bereit, die Fährte aufzunehmen.
    Als h ätte er meine Gedanken erraten, schüttelte er den Kopf. "Machen Sie sich keine Hoffnungen. Ich habe schon ein bisschen recherchiert. Es muss eine ziemlich triviale Sache gewesen sein." Er tupfte sich mit der Serviette den Schweiß von Stirn und Schläfen und strich sie dann über der Brust glatt. Sie glich einem aufgeblähten, voll im Wind liegenden Segel.
    "U nd die Geheimhaltung?"
    "Geheimhaltung?" Er lachte. "Nennen Sie es Diskretion. Wir Schweizer sind gr ündliche Leute, wissen Sie?" Er war ein bisschen in sein Schwyzerdütsch verfallen. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er sich darüber lustig machte. "Spuren werden gesichert, es wird ermittelt und rekonstruiert, es wird verhört und autopsiert, und niemand möchte, bitteschön, diesen geregelten Gang behindern, oder?! Glauben Sie mir, das dauert!"
    Pl ötzlich war mir, als hörte ich Altomonte, und so sollte es mir in den nächsten Tagen und Wochen immer wieder ergehen. Es war nicht die Stimme, die mich an ihn erinnerte, Liepmans seltsam schrilles Krächzen, das im Gleichschritt mit seinem Schnaufen auf und ab schwoll, und auch nicht die vielen zischenden Eigenarten seines Deutsches. Es war die seltsame Sprachmelodie, dieser typische Singsang, der mich zum Lachen reizte. Ich stellte mir dabei gerne einen Knickerbocker tragenden Wanderer vor, mit roten Kniestrümpfen, dunkelgrüner Jägerjacke und Filzhut, der behände von Felsen zu Felsen springt und auf den höchsten Steinen ein triumphierendes oder?! erschallen lässt.
    Zumindest hatte es bei Altomonte so geklungen. Es war nicht seine Art gewesen, sich tats ächlich rückzuversichern, jemanden um seine Meinung zu fragen oder Widerspruch anzuregen. Sein oder?! hatte mehr wie Da lässt sich nichts dagegen einwenden! oder Das ist ja sonnenklar! geklungen. Und hatte jemand, der ihn weniger gut kannte, schon zu einer Erwiderung angesetzt, so musste er sich bis zu einem jener seltenen Zeitpunkte vertrösten, an denen Altomonte dann tatsächlich eine Pause machte, um sich selbstzufrieden zurückzulehnen.
    Altomonte redete schnell, sprach fahrig, fast unzusammenh ängend, selten schloss er ein Argument richtig ab. Zu jedem Satz schienen ihm zehn neue Ideen einzufallen, und er hatte Mühe, sich im Labyrinth seiner Abschweifungen, Seitenbemerkungen, Exkurse und Fußnoten zurechtzufinden. Das galt erst recht für seine Zuhörer. Und so hatte manch einer den Eindruck, dass er wirres Zeug redete, dass er Zusammenhänge herstellte, die es nicht gab, und Dinge vermischte, die streng auseinandergehalten werden sollten. Nur wer von dieser wilden Kreativität mehr fasziniert als abgestoßen war, schaffte es irgendwann, einen Zipfel seiner Vorstellungswelt zu erhaschen.
    So war es auch, als ich ihn zum ersten Mal besuchte. Ich wei ß nicht mehr, ob ich überhaupt zu Wort kam. Er redete die ganze Zeit eindringlich auf mich ein und schloss jeden zweiten Satz mit seinem oder?! ab, kritzelte Dutzende von Blättern voll und stand zwischendurch immer wieder auf, um etwas an die Schiefertafel zu schreiben, Diagramme und Pfeile zu

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