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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zum gegenüberliegenden Rand der Lichtung und noch einmal über die Schulter zurück. Sie glaubte die Stimmen Grahls und des Schamanen bereits zu hören, was vielleicht Einbildung war. Aber sie hatte keine Zeit, hier herumzustehen und zu trödeln!
    Entschlossen straffte sie die Schultern und machte sich daran, die Lichtung mit schnellen Schritten zu überqueren. Obwohl ihr die Zeit unter den Nägeln brannte, nahm sie den kleinen Umweg in Kauf und ließ ihren Blick auch über die Felsen schweifen, die die Quelle umgaben, nur um sicher zu sein, dass sich ihre Mutter nicht dahinter verbarg - warum auch immer sie das hätte tun sollen. Fast widerstrebend steuerte sie dann das gegenüberliegende Ende der Lichtung an. Ihre Mutter hatte ihr erklärt, dass es im angrenzenden Verbotenen Wald rein gar nichts Unheimliches oder gar Gefährliches gab, und sie glaubte ihr - schließlich hatte sie ihn in ihrer Begleitung mittlerweile mehrmals durchquert. Dennoch machte ihr der bloße Anblick Angst. Die Gräuelgeschichten über diesen Teil des Waldes, die sie ihr Leben lang gehört hatte, und der Schatten, den sie vorhin ganz in der Nähe des Heiligtums gesehen hatte, verdichteten sich zu einem Gefühl purer Beunruhigung.
    Ihre Schritte wurden immer langsamer, je näher sie dem Waldrand kam, und vielleicht wäre sie tatsächlich stehen geblieben und hätte sogar kehrtgemacht, wäre ihr nicht plötzlich etwas aufgefallen. Nahezu genau dort, wo die ersten Buchen standen, gewahrte sie einen geknickten Ast, nicht weit daneben ein niedergedrücktes Mooskissen.
    Arri versuchte die Augen vor dem Offensichtlichen zu verschließen, aber es half nichts: Es war eine Spur. Eine Spur, die zweifellos ihre Mutter hinterlassen hatte, als sie unvorsichtig - vielleicht in großer Eile? - in den Wald eingedrungen war.
    Arri machte sich nichts vor - wenn sie diese Spur sah, dann musste Grahl sie erst recht entdecken. Sie verstand nicht, wieso ihre Mutter so leichtsinnig gewesen war, eine so deutlich sichtbare Spur zu hinterlassen. Hatte nicht ausgerechnet sie ihr immer wieder eingeschärft, wie wichtig es war, das Geheimnis zu wahren, das hinter diesem verbotenen Wald verborgen lag?
    Es gab im Grunde nur zwei Erklärungen: Ihre Mutter begann leichtsinnig zu werden - was Arri gerade nach der vergangenen Nacht wenig wahrscheinlich erschien -, oder sie hatte es wirklich verdammt eilig gehabt.
    Irgendwo auf der anderen Seite der Lichtung raschelte es. Arri fuhr erschrocken herum und atmete im nächsten Augenblick erleichtert auf, als sie sah, dass es nur ein Schwarm Vögel war, der sich lärmend aus einer Baumkrone erhob. Ihre Erleichterung hielt aber nur einen winzigen Moment vor; gerade so lange, wie sie brauchte, um zu begreifen, dass diese Vögel bestimmt nicht von ungefähr aufgeflogen waren.
    Ihre Verfolger waren ihr dicht auf den Fersen.
    Arri wies auch die letzten Bedenken von sich, die die Vorstellung in ihr auslöste, sich ganz allein einen Weg zwischen den mächtigen Eichen und Buchen zu bahnen, wo frisches Tannengrün, dichte Büsche und hüfthohes Gras wie ein natürlicher Schutzwall wucherten und ein paar unüberlegte Schritte nur zu schnell in den Sumpf führen mochten, vor dem ihre Mutter sie eindringlich gewarnt hatte. So schnell sie nur konnte, folgte sie der Spur, die ihre Mutter hinterlassen hatte. Es fiel ihr nicht besonders schwer. Obwohl es mit jedem Schritt, den sie tiefer in den Wald eindrang, dunkler zu werden schien, verlor sie die Fährte, die den Weg ihrer Mutter markierte, kein einziges Mal. Nach einer Weile gab es keinen Zweifel mehr: Ihre Mutter war auf dem Weg zu den Pferden.
    Arris Besorgnis wuchs. Sie beschleunigte ihre Schritte, um ihren Vorsprung vor den beiden Männern auszubauen, obwohl sie dadurch Gefahr lief, ein Hindernis zu übersehen und zu stürzen oder sich anderweitig zu verletzen. Sie hatte noch nicht einmal einen nennenswerten Bruchteil der Entfernung zum anderen Rand des Verbotenen Waldes zurückgelegt, als sie eine Bewegung vor sich wahrzunehmen glaubte und einen Moment später ein Geräusch hörte. Abrupt hielt sie mitten im Lauf inne und wäre vom Schwung ihrer eigenen Bewegung um ein Haar aus dem Gleichgewicht gerissen worden.
    Im letzten Moment fand sie an einem Baumstamm Halt, schloss für einen Moment die Augen und wartete, bis sich ihr Herzschlag wenigstens so weit wieder beruhigt hatte, dass sein dumpfes Hämmern nicht jeden anderen Laut übertönte. Sie hob die Lider und blinzelte in das

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