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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Seufzen musste mittlerweile weithin hörbar sein -, und sie wich auch dann noch einmal ein gutes Stück auf Zehenspitzen und mit angehaltenem Atem zurück, bevor sie es auch nur wagte, sich umzudrehen und hörbar aufzuatmen.
    Ihre Wangen glühten, und ihr Herz schlug als bitterer, harter Kloß direkt in ihrem Hals. All ihre Gedanken und Gefühle befanden sich in hellem Aufruhr. Sie wollte nur noch weg von hier, so weit und so schnell weg, wie sie nur konnte, aber zugleich wurde die Faszination des Verbotenen, Verruchten, das sie gesehen und getan hatte, immer stärker. Sie musste.
    ... ihre Mutter und Rahn warnen. Sarn und sein Führer konnten nicht mehr allzu weit entfernt sein, und es konnte nicht mehr allzu lange dauern, bis sie Rahn und ihre Mutter hörten. Arri hätte selbst nicht sagen können warum, aber sie wusste einfach, dass es zu einer Katastrophe führen würde, wenn Sarn Lea und den Fischer miteinander sah.
    Sie drehte sich vollends herum, und ein eisiger Schauer rann ihr über den Rücken, als ihr klar wurde, dass Sarn sie unweigerlich finden musste und dass niemand anderes als sie daran schuld war.
    Sie hatte sich Sorgen gemacht, dass Grahl der Spur ihrer Mutter folgen würde. Aber das war gar nicht mehr nötig. In ihrem Bemühen, ihre Mutter möglichst schnell zu finden und zu warnen, war sie vollkommen rücksichtslos durch Gestrüpp und Unterholz gebrochen und hatte ihrerseits eine Fährte hinterlassen, wie sie breiter und auffälliger kaum sein konnte. Der Jäger musste schon blind sein, um die Spur aus zertrampeltem Moos, abgebrochenen Ästen und geknickten Zweigen zu übersehen, die ihren Weg hierher markierte.
    Arris Gedanken überschlugen sich. Sie wusste nicht, wie weit Grahl und der Dorfälteste noch hinter ihr waren, doch es konnte nicht mehr allzu weit sein. Was sollte sie tun?
    Sie spielte mit dem Gedanken, ihre Mutter und Rahn zu warnen. Aber es war tatsächlich nur ihr allererster Gedanke. Sie zweifelte nicht daran, dass ihre Mutter mit der Situation fertig werden würde -und nötigenfalls auch mit Grahl und dem Schamanen -, aber das Allerletzte, was ihre Mutter jetzt gebrauchen konnte, war eine weitere, offene Konfrontation mit Sarn. Und letzten Endes war sie nicht ganz unschuldig daran, dass es überhaupt so weit gekommen war. Warum hatte sie nicht viel früher reagiert und Sarn und den Jäger aufgehalten oder irgendwie abgelenkt, noch bevor sie überhaupt die Verfolgung ihrer Mutter aufgenommen hatte?
    Arri warf einen raschen, fast gequälten Blick über die Schulter auf das Gebüsch zurück, hinter dem noch immer die keuchenden Atemzüge Rahns und ihrer Mutter hörbar waren, dann kam sie zu einem Entschluss. Rasch wandte sie sich um und ging auf ihrer eigenen Spur zurück, die die ihrer Mutter tatsächlich zum größten Teil überdeckte und fast unkenntlich machte.
    Sie musste nicht allzu weit gehen. Schon nachdem sie zwei oder drei Dutzend Schritte zurückgelegt hatte, hörte sie vor sich Geräusche - das Brechen von Zweigen, Schritte auf dem weichen, mit Moos bedeckten federnden Boden und eine gedämpfte, misstönende Stimme, die sie zweifelsfrei als die des Schamanen erkannte. Arri erschrak. Hatte sie so lange dagesessen und ihre Mutter und Rahn beobachtet?
    Ihr blieb keine Zeit, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Ein Schatten tauchte vor ihr auf und wurde zu der breitschultrigen Gestalt des Jägers, zu der sich nur einen Augenblick später auch der Schamane gesellte. Arri hätte nicht sagen können, wer von beiden erschrockener war, aber Sarn sah eindeutig zornig aus, kaum, dass er sie erkannt hatte. Abrupt verhielt er mitten im Schritt, zog die Augenbrauen zusammen und fuhr sie übergangslos an: »Was suchst du hier? Wo ist deine Mutter?«
    Es lag Arri auf der Zunge zu antworten, dass ihn das nichts angehe, doch sie beherrschte sich im letzten Moment. Sarn war auch jetzt schon wütend genug, ohne dass sie ihn noch weiter reizen musste.
    »Ich suche sie ebenfalls«, antwortete sie, die Überraschte spielend. »Ich dachte, sie wäre hier, aber ich habe sie nicht gefunden.« Sie machte eine Kopfbewegung in den Wald hinter sich und sprach ganz bewusst mit leicht veränderter Stimme weiter; nicht einmal wirklich lauter, aber in jener hellen, durchdringenden Tonlage, vor der ihre Mutter sie eindringlich gewarnt hatte, weil man sie ganz besonders weit hörte, selbst wenn man nicht besonders laut sprach. Wenn ihre Mutter nicht ganz in einem Strudel aus Leidenschaft versunken war,

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