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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fühlte sich auch so, unendlich allein und vor allem allein gelassen. Auf eine Art einsam, die fast schon körperlich wehtat. Ihre Augen füllten sich mit brennender Hitze. Sie wusste, dass sie ihrer Mutter wehgetan hatte, aber wieso begriff diese denn nicht, wie weh sie umgekehrt auch ihr tat? Fünf oder sechs Tage? Das kam ihr nicht nur so vor, das war eine Ewigkeit, länger als sie jemals zuvor allein gewesen war -und das ausgerechnet jetzt!
    Ein paar Augenblicke lang spielte sie ernsthaft mit dem Gedanken, ihr einfach nachzugehen. Wenn sie erst weit genug vom Dorf entfernt waren, hatte ihre Mutter gar keine andere Wahl mehr, als sie mitzunehmen, wenn sie nicht einen gewaltigen Umweg in Kauf nehmen wollte.
    Aber ihr war auch fast sofort klar, wie närrisch dieser Gedanke war. Sie bildete sich nicht ernsthaft ein, ihrer Mutter womöglich den ganzen Tag nachschleichen zu können, ohne dass sie es merkte. Und sie kannte ihre Mutter gut genug, um zu wissen, dass sie durchaus imstande wäre, kehrtzumachen und sie zurückzubringen, wenn sie nur wütend genug war.
    Sie blieb noch eine geraume Zeit reglos in der Dunkelheit stehen und sah in die Richtung, in der ihre Mutter verschwunden war, aber schließlich drehte sie sich um und ging mit hängenden Schultern zur Hütte zurück.

15
    Arri wäre nicht Arri gewesen, wenn sie das so einfach hingenommen hätte. Trotz aller Bedenken machte sie sich auf den Weg, um ihrer Mutter zu folgen. Nicht annähernd so leise wie Lea vorhin schlug sie den Vorhang beiseite und achtete diesmal auch nicht darauf, möglichst wenig Lärm auf der Stiege zu machen; wodurch sie Achk vermutlich endgültig weckte, dessen Schnarchen schon zuvor angefangen hatte, auffällig unregelmäßig zu werden. Aber dieses Problem löste sie kurzerhand, indem sie sich weit genug von der Hütte entfernte, um seine Stimme nicht hören zu können, wenn er mit seinen üblichen Nörgeleien begann.
    Erst in gut zwei Dutzend Schritten Entfernung zur Hütte blieb sie stehen und schlang fröstelnd die Arme um den Oberkörper - und erstarrte, als sie im Wald neben sich ein Geräusch hörte, das typische helle Knacken, mit dem ein trockener Ast unter einem unvorsichtigen Fuß zerbrach.
    Fast entsetzt fuhr sie herum. Und starrte in Rahns grinsendes Gesicht, während dieser vollends zwischen den Bäumen hervortrat.
    »Was fällt dir ein, mich so zu erschrecken?«, fuhr sie ihn an. »Wieso schleichst du dich an mich an?«
    Rahn kam näher und blieb gerade dicht genug vor ihr stehen, dass es ihr unangenehm war, und sie erkannte jetzt, dass sie sich getäuscht hatte. Sein Grinsen war noch viel breiter, als sie angenommen hatte. »Hat dir deine Mutter nicht gesagt, dass du nicht hierher kommen sollst?«
    »Ich kann gehen, wohin ich will«, antwortete Arri patzig. Die Worte klangen selbst in ihren eigenen Ohren einfach nur dumm.
    Rahn reagierte dann auch genau so, wie sie es sich eigentlich hätte denken können: Er griente noch breiter, verschränkte die Arme vor der Brust und maß sie mit einem langen, nicht anders als abfälligen Blick von Kopf bis Fuß, unter dem Arris Zorn noch weiter aufloderte.
    »Was fällt dir ein?«, fauchte sie. »Ich werde meiner Mutter sagen.«
    »Dass ich genau das tue, was sie mir aufgetragen hat?«, unterbrach sie Rahn kopfschüttelnd und mit schlecht geschauspielertem Bedauern auf dem Gesicht. »Nur zu. Sie wird sich bestimmt freuen, das zu hören.«
    Zu Arris Zorn gesellte sich ein Gefühl von Hilflosigkeit, das alles noch schlimmer machte. Am liebsten hätte sie die Fäuste gehoben und sich auf Rahn gestürzt, und nach allem, was ihre Mutter ihr in den vergangenen Wochen beigebracht und gezeigt hatte, hätte der Fischer möglicherweise eine unangenehme Überraschung erlebt. Aber sie war trotz allem noch klug genug zu wissen, dass sie diesem muskelbepackten Riesen nicht gewachsen wäre, wenn er es wirklich ernst meinte. Darüber hinaus war ihr klar, dass es vermutlich ganz genau das war, was Rahn mit seinem Benehmen zu erreichen versuchte. Sie weit genug zu reizen, damit sie etwas wirklich Dummes tat.
    »Was hattest du eigentlich vor?«, fragte Rahn. »Willst du dich vor der Pflicht drücken, deinen lieb gewonnenen Gast zu versorgen?«
    Das sagte er zweifellos nur, um sie zu ärgern, und obwohl Arri das wusste, funktionierte es. »Gerade deshalb habe ich mich ja auf den Weg gemacht«, antwortete sie spitz. »Ich wollte zu dir, weil ich Achk eine Suppe kochen will und deshalb noch ein paar

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