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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihren Leib bohrte. Sie brach in die Knie. Der Schrei, der über ihre Lippen wollte, wurde zu einem pfeifenden Laut, mit dem die Luft aus ihren Lungen wich. Ihr wurde so übel, dass sie fest davon überzeugt war, sich im nächsten Moment übergeben zu müssen. Rahns Hand krallte sich in ihr Haar, und mit einem brutalen Ruck riss er ihren Kopf zurück. Seine Faust ballte sich vor ihrem Gesicht und holte aus, und Arri hob schwächlich die Arme, um seinen Hieb abzuwehren, der nicht abzuwehren war.
    Statt ihr jedoch das Gesicht zu Brei zu schlagen, versetzte Rahn ihr nur einen Stoß, der sie endgültig nach hinten und auf den Rücken schleuderte. Wieder drohte sich eine verlockende, allumfassende Schwärze um ihre Gedanken zu legen, eine Dunkelheit, an der nichts Erschreckendes war, sondern im Gegenteil ein verführerisches Versprechen von Ruhe. und Erlösung von Schmerz und Angst; vor allem Angst. Sie war nicht sicher, ob sie noch einmal erwachen würde, wenn sie dieser Verlockung nachgab. Mit aller Willenskraft zwang sie sich, die Augen zu öffnen, und stellte mit einem Gefühl leiser Überraschung fest, dass sie nicht nur auf dem Rücken lag, sondern Rahn dergestalt auf ihr saß, dass seine Knie ihre Arme gegen den Boden pressten und seine Beine ihren Leib blockierten.
    »Du verdammtes kleines Miststück!«, zischte er. »Ich sollte dich windelweich prügeln, du Biest!« In seinen Augen loderte eine Wut, die er offensichtlich kaum noch beherrschen konnte. Sein Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt.
    »Schlag doch. zu«, antwortete Arri keuchend. »Aber dann bringst du mich besser gleich um. Sonst. macht meine Mutter nämlich dasselbe mit dir.«
    Vielleicht war das die falsche Antwort, denn plötzlich war da etwas in seinem Blick, was sie bisher trotz allem noch nie darin gesehen hatte und was sie zutiefst erschreckte. Noch einmal ballte er die Hand zu einer schrecklich großen, verheerenden Faust, aber dann ließ er den Arm plötzlich wieder sinken, und nur einen Augenblick später stand er mit einem Ruck auf. Arri biss die Zähne zusammen, als sich seine Knie dabei grausam hart in ihren Oberarm bohrten, aber einen kleinen wimmernden Laut konnte sie trotzdem nicht unterdrücken.
    Rahns Mitleid hielt sich anscheinend in Grenzen, denn er sah noch einen Augenblick lang verächtlich auf sie herab, dann beugte er sich vor, griff nach ihrem Handgelenk und zerrte sie grob, fast schon brutal, am Arm in die Höhe.
    »Nimmst du jetzt endlich Vernunft an?«, fragte er.
    »Du kannst mich tot schlagen oder mich gehen lassen«, antwortete Arri lahm. »Aber irgendetwas musst du jetzt tun.«
    »Ich weiß nicht, was du bist«, sagte Rahn mit bebender Stimme, »besonders dumm oder besonders dreist. Aber eines bist du ganz bestimmt - die Tochter deiner Mutter. Weißt du eigentlich, wie ähnlich du ihr bist?« Er machte eine zornige Handbewegung, als sie antworten wollte oder er zumindest das Gefühl hatte. »Mit einem Unterschied allerdings: Du bist nicht annähernd so klug wie sie.«
    Arri hatte Mühe, seine Worte überhaupt zu verstehen. Ihre Knie zitterten immer stärker, und das Rauschen des Blutes in ihren Ohren schien jeden anderen Laut einfach hinwegzufegen.
    Und trotzdem: »Schlag mich tot oder lass mich gehen«, nuschelte sie. Deutlich reden konnte sie nicht mehr. »Ich werde. nach meiner Mutter suchen. Du weißt, was sie dir. was dir passiert, wenn ich ihr. die Wahrheit sage.«
    »Welche Wahrheit?«, fragte Rahn verächtlich.
    »Sie wird mir glauben«, behauptete Arri. »Und Achk wird meine Geschichte bestätigen.«
    »Dieser verrückte blinde alte Mann?«, fragte Rahn verächtlich. Er lachte.
    »Verrückt und blind vielleicht«, erwiderte Arri. Sie atmete hörbar ein, fuhr sich unsicher mit dem Handrücken über den Mund und holte noch einmal tief Luft, bevor sie fortfuhr: »Aber nicht taub. Er hat alles gehört.«
    Rahn setzte zu einer Entgegnung an, aber dann zog er nur eine wütende Grimasse, schwieg eine geraume Weile und sagte schließlich: »Gut ausgedacht, das muss ich zugeben. Aber Achk ist ein alter Mann. Ein ziemlich kranker alter Mann, der noch dazu blind und halb verrückt ist. Ihm könnte ein Unglück zustoßen, bevor deine Mutter zurück ist, weißt du?«
    »Das wagst du nicht«, nuschelte Arri. Sie hatte immer größere Mühe zu sprechen. Sie konnte spüren, wie ihr Gesicht anschwoll, und als sie sich mit dem Unterarm über die Lippen fuhr, blieb ein schmieriger, rotbrauner Streifen auf ihrer Haut zurück.

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