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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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eine junge Frau geworden bist. Noch ein, zwei Sommer, und es wird schwer werden, euch zu unterscheiden.« Er machte einen halben Schritt zurück und maß Arri mit einem langen, von einem angedeuteten Kopfschütteln begleiteten, prüfenden Blick. »Ich habe eine Tochter in deinem Alter. Vielleicht sollte ich sie mir bei Gelegenheit doch einmal genauer ansehen. Für mich ist sie noch ein Kind, aber vielleicht stimmt das ja nicht.«
    Allmählich wurde Arri das Gespräch peinlich. Fast feindselig starrte sie Targan an, von dem sie eher eine Frage zu ihrem ramponierten Äußeren erwartet hatte, statt dick aufgetragener Schmeicheleien, aber dieser lächelte nur.
    Ohne eine weitere Reaktion abzuwarten, bückte sich ihr Gastgeber und lud sich sowohl Leas als auch Arris Bündel ohne die allermindeste sichtbare Mühe auf nur einen Arm; gleichzeitig deutete er mit einer Kopfbewegung tiefer ins Haus hinein. »Ihr müsst hungrig sein. Kommt. Ich hoffe doch, unsere anderen Gäste haben noch ein wenig übrig gelassen.«
    Bei der Erwähnung der anderen Gäste fuhr Lea abermals fast unmerklich zusammen, und ein Ausdruck von Unmut erschien auf ihrem Gesicht, verschwand jedoch wieder, als sie sich Arris fragender Blicke bewusst wurde. Ungeduldig winkte sie ihre Tochter an ihre Seite und wollte losgehen. Sie befanden sich in einem kleinen Vorraum, der gleich drei Türen hatte - die ungewöhnlichste Konstruktion, die Arri jemals zu Gesicht bekommen hatte. Mit Ausnahme des kleinen Vorratsraumes in ihrer eigenen Hütte und einigen ähnlichen Räumen im Dorf hatte sie noch niemals eine Unterteilung innerhalb eines Hauses gesehen, geschweige denn eine Tür, wie sie sie nur aus Leas Erzählungen über ihre alte Heimat kannte - und wozu sollte eine solche auch gut sein? Offensichtlich kannte sich Lea hier aus, denn sie steuerte ganz selbstverständlich eine dieser drei Türen an. Targan hielt sie jedoch mit einer fast schon erschrocken wirkenden, auf jeden Fall aber sehr hastigen Geste zurück.
    »Meine Frau hat die Kammer für dich und deine Tochter vorbereitet«, sagte er. »Vielleicht schaut ihr sie euch einmal an.«
    Lea wirkte ein bisschen verdutzt, und auch Arri drehte sich stirnrunzelnd zu ihrem Gastgeber um und maß ihn mit einem fragenden Blick. Es war nicht nur, dass Targan plötzlich fahrig klang; noch vor einem Augenblick hatte er ja selbst gesagt, wie sehr ihn Leas unangekündigter Besuch überrascht habe. Wie konnte da seine Frau - oder sonst wer - auch nur irgendetwas vorbereitet haben?
    Targan schien seinen Versprecher wohl im gleichen Moment bemerkt zu haben wie sie, denn er wirkte plötzlich ebenso verlegen wie hilflos, dann aber unterstrich er seine Worte nur noch einmal mit einer wedelnden Handbewegung, und Lea deutete ein Schulterzucken an und ging auf die Tür zu, die er bezeichnet hatte. Arri folgte ihr gehorsam, aber dennoch mit einem sonderbaren Gefühl. Von der vorsichtigen Erleichterung, die sie ergriffen hatte, der Dunkelheit und Kälte und allem, was sich darin verborgen haben mochte, endlich entronnen zu sein, war nicht mehr viel geblieben. Auch wenn sie der Versicherung ihrer Mutter, Targan sei ihr Freund und sie könnten ihm und seiner Familie vorbehaltlos trauen, nach wie vor glaubte, so machte doch allein Leas Reaktion klar, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Hätte sie es nicht besser gewusst, sie hätte geschworen, dass Targan ihr plötzlicher Besuch mehr als unangenehm war und er sie viel lieber hätte gehen als kommen sehen.
    Sie sah sich mit unverhohlener Neugier um, während sie ihrer Mutter und Targan durch die Tür in einen kurzen, aus massiven Baumstämmen erbauten Korridor folgte. Die Tür, die sie durchschritten, war so schwer, dass es Lea sichtliche Mühe kostete, sie zu öffnen, und Arri entging auch nicht, dass auf ihrer Innenseite ein mehr als daumenbreiter bronzener Stab befestigt war, den man in eine metallverkleidete Vertiefung im Rahmen schieben konnte, um sie damit zu verschließen. Und endlich begriff sie den Sinn dieses kleinen Vorraumes mit seinen zusätzlichen Türen: Wer immer in dieses Haus hineinwollte, würde sich schwer tun, es ohne die Erlaubnis seiner Bewohner zu betreten. Es war nicht einfach nur ein großes Haus, es war zugleich eine Festung.
    Arri hatte noch niemals eine solche gesehen, aber ihre Mutter hatte ihr davon erzählt, den Burgen und Festungen ihrer Heimat, großen wehrhaften Gebäuden, die ihren Bewohnern nicht nur Schutz vor den Jahreszeiten und den Unbilden der

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