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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihr Gewicht auch nur zu spüren.
    Dennoch atmete Arri so hörbar erleichtert auf, dass es ihr fast selbst peinlich war, als sie hinter ihrer Mutter durch die Tür trat.
    Das Allererste, was sie spürte, war die Wärme. Die Luft hier drinnen war so rauchgeschwängert und stickig, dass sie anfangs das Gefühl hatte, kaum atmen zu können, aber sie spürte auch plötzlich, wie kalt es draußen geworden war. Ihr Gesicht und ihre Finger und Zehen fühlten sich an, als wären sie mit einer dünnen Schicht aus Eis überzogen.
    »Legt eure Sachen einfach ab«, sagte Targan. »Ich kümmere mich schon darum.«
    Arri gehorchte zwar, froh, das Gewicht des sperrigen Bündels los zu sein, setzte aber praktisch im gleichen Moment den Fuß darauf und sah ihre Mutter fragend an. Auch Lea hatte sich ihrer Last entledigt und wirkte so erleichtert, als hätte sie sie den ganzen Weg hierher auf den Schultern getragen und nicht nur wenige Schritte weit. Sie erwiderte Arris Blick auf eine besondere Art, aber in ihren Augen blitzte es fast spöttisch auf, was sie nicht verstand.
    »Nimm es ruhig mit, wenn du Angst um dein Bündel hast«, sagte Targan belustigt. »Du kannst es aber auch hier lassen, und einer meiner Söhne kümmert sich darum, dass es sicher verwahrt wird - es sei denn, in dem Beutel da ist etwas, wovon du dich auf keinen Fall trennen kannst.«
    Verwirrt sah Arri den großen Mann an. Zum ersten Mal konnte sie Targans Gesicht erkennen, aber es war ihr nicht möglich, ihn wirklich einzuschätzen. Er war tatsächlich noch größer, als sie geglaubt hatte, dabei aber so massig, dass seine Größe kaum auffiel. Sein Haar war so kurz geschoren, dass er fast kahlköpfig wirkte, und Arri hatte noch nie einen Mann mit so schmutzigem Gesicht und Händen gesehen. Auf den allerersten Blick machte er einen fast grimmigen Eindruck, aber er wirkte gleichzeitig auch auf eine schwer in Worte zu fassende Weise freundlich; ein Riese, der aussah, als zerbräche er manchmal nur zum Zeitvertreib Baumstämme, könne aber zugleich auch keiner Fliege etwas zuleide tun. Arri sah rasch zu ihrer Mutter hin, dann wieder in Targans Gesicht. Sie überlegte, ob sich in seiner vermeintlich scherzhaften Bemerkung vielleicht eine Anspielung verbarg, denn das Bündel, das ihre Mutter ihr gegeben hatte, hatte tatsächlich gerade noch etwas enthalten, von dem außer ihr niemand etwas wusste: das Säckchen, das sie von Dragosz bekommen hatte.
    Sie verscheuchte den Gedanken daran. Ihre Mutter konnte nichts von Dragosz' Geschenk wissen, das sie sich soeben erst unter die Bluse geschoben hatte, und Targan schon gar nicht. Sie musste aufhören, hinter jeder harmlosen Bemerkung eine Anspielung und in jedem Scherz eine Falle zu vermuten. Vielleicht hatte ihre Mutter ja Recht gehabt, als sie sagte, dass sie in ihrem Bemühen, ihre Tochter Misstrauen zu lehren, möglicherweise zu erfolgreich gewesen war.
    »Lass es ruhig hier«, sagte Lea. »Was in Targans Haus ist, ist sicher.«
    »Ich. natürlich«, sagte Arri hastig und direkt an Targan gewandt. Dabei trat sie unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Ich wollte dich nicht beleidigen. Es war nur.«
    ». ein bisschen viel«, fiel ihr Lea ins Wort, allerdings genau wie sie an den riesigen Mann gewandt. »Für uns beide. Der Weg war sehr anstrengend.« Irrte sich Arri, oder versuchte ihre Mutter, ihr einen raschen, verstohlenen Blick zuzuwerfen? Sag nichts.
    »Du warst lange nicht mehr hier«, bestätigte Targan. »Umso mehr überrascht mich dein Besuch. Wir hatten nicht vor dem nächsten Frühjahr mit dir gerechnet.«
    Arri sah beunruhigt zu ihrer Mutter auf. Im nächsten Frühjahr? War Targans Haus etwa die erste Etappe auf ihrer Suche nach einer neuen Heimat, wenn sie sich nach der Schneeschmelze vor Nors Nachstellungen in Sicherheit bringen würden?
    »Wir mussten, unsere Pläne ändern«, antwortete Lea. Das fast unmerkliche Stocken in ihren Worten konnte Targan ebenso wenig entgangen sein wie Arri, und Lea machte es noch schlimmer, indem sie sich in ein verlegenes Lächeln und ein hoffnungslos übertriebenes Schulterzucken rettete. »Aber wir bleiben nicht lange.« Sie hob noch einmal die Schultern und fügte dann - fast zu Arris Entsetzen - hinzu: »Nur diese eine Nacht.«
    »Vielleicht solltest du erst einmal ankommen, bevor du vom Gehen redest«, sagte Targan lächelnd. Er wandte sich direkt an Arri. »Du bist also Leandriis' Tochter. Sie hat viel von dir erzählt. Aber sie hat nicht gesagt, dass du schon

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