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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zu ihm kam und um eine Mahlzeit und Obdach für eine Nacht bat. Aber sie schluckte die entsprechende Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag, herunter, und als sie umständlich und steif gesessen von dem ganzen Tag auf dem Kutschbock vom Wagen kletterte, fuhr ihre Mutter von selbst und in hörbar besorgtem Ton fort: »Wir sind nicht die ersten Gäste, die heute gekommen sind. Diese Menschen sind vorsichtig.«
    Arri sah ihre Mutter fragend an, aber diesmal bekam sie keine Antwort. Stattdessen bedeutete ihr Lea mit einer knappen Geste, ihr zur Hand zu gehen, während sie die Pferde abschirrte. Nachdem sie damit fertig waren, nahm sie die Zügel der Tiere und führte sie nach links in die Dunkelheit hinein, fort von der offen stehenden Tür, in der der Mann, mit dem sie geredet hatte, noch immer stand und sie beobachtete. Arri folgte ihrer Mutter, schon, weil ihr diese schattenhafte Gestalt unheimlich war - und vor allem wegen des Wolfes! -, und all ihre Zweifel zerstreuten sich, als ihr schon nach wenigen Schritten klar wurde, dass Lea sich hier tatsächlich auskannte.
    In der fast völligen Dunkelheit führte sie die Pferde um das Haus herum und zu einer niedrigen, aber sehr breiten Tür auf seiner Rückseite, die mit einem schweren Balken verschlossen war. Sie gebot Arri mit einer Kopfbewegung, ihr zu öffnen, und nachdem es dieser mit einiger Mühe gelungen war, hakte sie den Fuß um einen der Türflügel und zog ihn auf. Dahinter lag ein dunkler Raum unbekannter Größe, aus dem ihnen ein intensiver, aber nicht unbedingt unangenehmer Tiergeruch entgegenschlug; nicht nur der vertraute Geruch nach Kühen und Ziegen, sondern auch ein anderer, an den sich Arri in den zurückliegenden Tagen so sehr gewöhnt hatte, dass er ihr nicht mehr fremd erschien, obwohl er es im Grunde war: der Geruch nach Pferden. Der dunkle Raum, in den Lea die beiden Tiere am Zügel hineinführte, diente offensichtlich als Pferdestall.
    Das war so ungewöhnlich wie das Haus selbst. Offensichtlich war ihre Mutter doch nicht die Einzige, die wusste, dass Pferde nicht nur herrlich anzusehende Geschöpfe waren, sondern auch von großem Nutzen. Sie fragte sich, wer dieses Geheimnis eigentlich von wem erfahren hatte, aber ihre Neugier ging nicht so weit, ihrer Mutter ins Innere des Stalls zu folgen. Leute, die Wölfe und Pferde hielten, mochten auch noch für ganz andere, viel unangenehmere Überraschungen gut sein.
    Sie musste auch nicht lange warten. Lea kehrte schon nach wenigen Augenblicken zurück, schloss wortlos die Tür und legte ebenso wortlos den Balken wieder vor. Arri sah mit einem kurzen, aber heftigen Anflug von absurdem Neid, wie mühelos sie den schweren Stamm handhabte, unter dessen Gewicht sie beinahe das Gleichgewicht verloren hätte.
    »Was sind das für Leute?«, fragte sie, während sie ihrer Mutter zurück zum Wagen folgte.
    »Freunde«, antwortete Lea, wenn auch in einem Ton, der diesem Wort eine Menge von seinem warmen Klang nahm. »Trotzdem solltest du vorsichtig sein. Sprich mit niemandem und sag nichts, es sei denn, ich erlaube es dir.«
    »Aber ich spreche ihre Sprache doch sowieso nicht«, antwortete Arri.
    Ihre Mutter lachte kurz. »Oh, sie sprechen die gleiche Sprache wie wir, ungefähr wenigstens. Targan macht sich nur manchmal einen Spaß daraus, Fremde in einem Kauderwelsch zu begrüßen, das er sich wahrscheinlich selbst ausgedacht hat.«
    »Aha«, machte Arri. Das klang genauso hilflos, wie sie sich nach der Antwort ihrer Mutter fühlte, und Lea lachte noch einmal, und diesmal echt. »Du wirst schon sehen. Aber jetzt hilf mir. Es sei denn, du bist ganz versessen darauf, noch länger hier draußen in der Kälte zu bleiben, statt an einem warmen Feuer zu sitzen und dich satt zu essen.«
    Sie hatten den Wagen wieder erreicht. Lea lud sich zwei der schweren Bündel, die darauf lagen, auf die Schultern und reichte Arri das dritte, leichteste; was nicht hieß, dass es leicht war. Arri taumelte unter dem Gewicht des Gepäckstücks und musste rasch einen Schritt zur Seite machen, um nicht vollends das Gleichgewicht zu verlieren. Der Tag, den sie auf dem Wagen zugebracht hatte, hatte sie mindestens genauso viel Kraft gekostet, als wäre sie die ganze Strecke zu Fuß gegangen. Targan machte zwar einen gemächlichen Schritt zur Seite, um sie und ihre Mutter ins Haus zu lassen, rührte aber keinen Finger, um ihnen ihre Last abzunehmen, obwohl er ganz so aussah, als könne er sich alle drei Bündel auf eine Schulter laden, ohne

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