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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mit einem Blick, als fragte sie sich, ob sie einer Antwort überhaupt wert wäre, hob dann aber die Schultern und sagte: »Weil Vater ein paar meiner Brüder losgeschickt hat, um sich umzusehen. Vielleicht hat er Angst, dass noch mehr von ihnen draußen herum schleichen.«
    Ihre Mutter sah sie erneut und fast noch erschrockener an. Vielleicht dachte sie in diesem Moment an dasselbe wie Arri; Blutflecken im Gras, die in der Nacht schwarz schimmerten. Als sie jedoch weitersprach, klang ihre Stimme ruhig und allenfalls auf eine mitfühlende Weise besorgt, aber nicht alarmiert. »Wenn dein Vater es wünscht, sehe ich mir den Verletzten gern an.«
    »Nein«, antwortete Runa, »das möchte er nicht.«
    »Du hast ihn doch noch gar nicht gefragt«, sagte Arri.
    Diesmal war der Blick, den ihr das dunkelhaarige Mädchen zuwarf, nicht abschätzend, sondern eindeutig verächtlich. »Aber er hat gewusst, dass du diese Frage stellen wirst«, antwortete sie, allerdings an Lea gewandt, nicht an Arri. »Und mir aufgetragen, dir zu sagen, dass es nicht nötig ist.« Sie machte eine Kopfbewegung auf die beiden hölzernen Schalen. »Esst eure Suppe, so lange sie heiß ist. Ich bringe euch später noch mehr, wenn ihr wollt. Ihr braucht nur zu rufen.«
    Arri sah ihr verwirrt nach, als sie das Zimmer verließ und die Tür hinter sich zuzog, und auch zwischen den Augenbrauen ihrer Mutter entstand eine steile Falte. Arri wiederholte in Gedanken das, was sie schon mehr als einmal gedacht hatte, seit sie hierher gekommen waren: Dafür, dass Lea diese Leute als ihre Freunde bezeichnete, benahmen sie sich ziemlich sonderbar. Auch wenn Runa es nicht laut ausgesprochen hatte, so bedeuteten ihre Worte doch nichts anderes, als dass sie in dieser Kammer bleiben und sie nicht ohne Erlaubnis verlassen sollten.
    »Ich glaube, Runa hat Recht«, seufzte ihre Mutter. »Lass uns essen, solange die Suppe noch heiß ist.«
    Wie zur Antwort begann Arris Magen genau in diesem Moment hörbar zu knurren. Sie reichte ihrer Mutter eines der beiden Brote, bückte sich nach der Schale und nippte vorsichtig von ihrem Inhalt. Die Suppe war so heiß, dass sie ihren Geschmack im ersten Moment nicht einmal feststellen konnte, aber sie duftete köstlich, und zwischen den Gemüse- und Wurzelstücken, die sie enthielt, schwamm auch das eine oder andere Stück Fleisch, das von ebenso zäher wie faseriger Konsistenz war, aber ausgezeichnet schmeckte. Arri kannte dieses Fleisch nicht, doch als sie ihre Mutter danach fragte, erntete sie nur ein unwilliges Stirnrunzeln, als hätte sie sie mit ihrer Frage an etwas erinnert, das sie lieber nicht wissen wollte.
    Arri schnüffelte misstrauisch an ihrem Brot. Es roch gut, wie gerade frisch gebacken, aber Arri musste daran denken, wo Runa es getragen hatte.
    »Iss ruhig«, sagte ihre Mutter. Sie selbst ging mit gutem Beispiel voran, biss herzhaft in ihr Brot und fuhr mit vollem Mund kauend fort: »Targans Frau ist eine ausgezeichnete Köchin.« Sie lachte. »Ich glaube, so mancher kommt in Wahrheit nur hierher, um ihr Essen zu genießen.«
    Arri fragte sich, warum sie in Wahrheit hierher gekommen waren, aber statt die Frage laut auszusprechen, raffte sie all ihren Mut zusammen, brach ein Stück von ihrem Brot ab und knabberte zaghaft daran. Es schmeckte nicht ganz so gut, wie sie es nach den Worten ihrer Mutter erwartet hatte, aber auch nicht schlecht.
    »Und?«, fragte Lea. »Wie schmeckt es dir?«
    »Immerhin nicht nach Achselschweiß«, antwortete Arri.
    Lea stutzte, sah sie einen Moment lang verwirrt an - und begann dann herzhaft zu lachen.
    »Warum sind diese Leute so schmutzig?«, beschwerte sich Arri.
    »Und das ausgerechnet von einer gewissen jungen Dame, die mich als verrückt bezeichnet hat, weil ich von ihr verlangt habe, sich wenigstens dann und wann zu waschen?« Lea schüttelte den Kopf und wurde wieder ernst. »Sie sind nicht schmutzig. Jedenfalls nicht so, wie du jetzt vielleicht denkst.«
    »Du meinst, es gibt verschiedene Arten von Schmutz?« Sie legte den Kopf schräg. »Oder ist Schmutz bei verschiedenen Leuten nur unterschiedlich schlimm?«
    »Wie?«
    »Bin ich schmutziger, wenn ich genau so schmutzig bin wie Runa?«
    »Irgendwie schon.« Lea schüttelte rasch den Kopf, als Arri auffahren wollte. »Es liegt an ihrer Arbeit.«
    »An ihrer Arbeit?«
    »Sie schürfen Erz«, antwortete Lea. »Wenn du nur lange genug in Staub und Schmutz herumgewühlt hast, dann bekommst du das Zeug irgendwann nicht mehr ab, weil es

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