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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihre Mutter, »dann hast du wirklich einen neuen Freund.«
    Arri starrte sie einen Herzschlag lang ungläubig an, aber Lea machte eine auffordernde Bewegung, und so setzte sie schließlich die Schale zu Boden, streckte zögernd die Hand aus und fuhr dem Tier mit den Fingerspitzen flüchtig über den Schädel, bevor sie die Hand hastig wieder zurückzog. Der Wolf legte den Kopf auf die Seite und sah ihr ins Gesicht, und hätte Arri nicht ganz genau gewusst, wie unmöglich so etwas war, sie hätte in diesem Moment geschworen, es in seinen Augen spöttisch aufblitzen zu sehen.
    »Du brauchst wirklich keine Angst vor ihm zu haben«, sagte Lea noch einmal. »Er ist zahmer und harmloser als die meisten Hunde, die ich kenne, und vor allem viel gelehriger - so lange man ihn nicht reizt oder er glaubt, Targan und seine Familie verteidigen zu müssen. Ich nehme an, für ihn sind sie so etwas wie sein Rudel, das er beschützen muss.«
    »Das ist ein Wolf«, sagte Arri. Ihre Stimme zitterte.
    »Targan hat ihn als kaum zwei Monate alten Welpen mitgebracht«, erwiderte ihre Mutter, »nachdem er seine Mutter und den Rest des Rudels getötet hatte. Dieses eine Tier hat er mitgebracht und gezähmt.« Sie kam näher, ließ sich neben dem Wolf in die Hocke sinken und schlug ihm zwei oder drei Mal mit der flachen Hand so kräftig auf den Rücken, dass jeder normale Hund, den Arri kannte, wahrscheinlich nach ihr geschnappt hätte. Das riesige Raubtier aber sah sie nur einen Moment lang an und begann dann, ihre Hand abzulecken. Arri kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ihre eigenen Erfahrungen mit Wölfen beschränkten sich auf eine einzige, wenig angenehme Gelegenheit, aber sie hatte genug über diese gefährlichen Räuber gehört, um zu wissen, wie erstaunlich das war, was ihre Mutter gerade vor ihren Augen getan hatte. Und wie gefährlich.
    »Seit wann bist du so ängstlich?«, fragte Lea.
    »Bin ich nicht«, erwiderte Arri, was aber nicht einmal in ihren eigenen Ohren irgendwie überzeugend klang. Sie rettete sich in ein Lächeln und ein verlegendes Schulterzucken. »Ich habe. schlechte Erfahrungen mit Wölfen gemacht«, erinnerte sie.
    »Ich weiß«, antwortete Lea. »Aber das war etwas anderes. Der Wolf, der dich angegriffen hat, war krank und halb verrückt vor Hunger, und er war ein wildes Tier.« Etwas in ihrem Blick veränderte sich, aber Arri konnte nicht sagen, in welche Richtung. »Dragosz hat mir davon erzählt. Du hast dich gut geschlagen.«
    Für Leas Verhältnisse war dies ein gewaltiges Lob und vielleicht auch etwas wie ein Friedensangebot, aber Arri war weder in der Stimmung für das eine noch empfänglich für das andere. »Gut geschlagen?«, wiederholte sie und schüttelte traurig den Kopf. »Wenn Dragosz nicht gekommen wäre, dann hätte er mich getötet.«
    »Selbstverständlich hätte er das. Ein Kind mit einem Stock als Waffe gegen einen kampferprobten alten Wolf, den der Hunger fast wahnsinnig gemacht hat, das ist kein gerechter Kampf.« Lea schüttelte bekräftigend den Kopf. »Du hattest keine Aussicht zu überleben.«
    Arri streifte den Wolf, der zwar noch immer die Hand ihrer Mutter ableckte, dabei aber so unverwandt zu ihr aufsah, als verfolge er ihre Unterhaltung und sei gespannt auf ihre Antwort, mit einem besorgten Blick und wich vorsichtshalber ein kleines Stück vor beiden zurück, bevor sie antwortete. »Warum hast du es mir nicht gesagt?«
    »Was?«
    »Dass du von meiner Begegnung mit dem Wolf gewusst hast. und Dragosz.«
    »Das hätte ich«, erwiderte ihre Mutter ruhig, »wenn ich davon gewusst hätte. Dragosz hat mir erst zwei Tage später erzählt, was geschehen ist. Warum hast du nichts gesagt?«
    Arri hätte sich ohrfeigen können, diese Frage überhaupt gestellt zu haben. Sie hätte sich die Antwort ihrer Mutter denken können. Aber nun war es zu spät. Sie kannte ihre Mutter wahrlich gut genug, um zu wissen, dass sie nur auf ein Stichwort gewartet hatte und nun nicht mehr locker lassen würde. Vielleicht, überlegte sie, war es an der Zeit, einmal eine ihrer eigenen Lektionen auszuprobieren, nämlich die, dass Angriff oft die beste Verteidigung war. »Du wolltest nicht, dass ich etwas von ihm erfahre, habe ich Recht?«
    Lea hörte auf, den Wolf zu streicheln. »Wie meinst du das?«
    »Du hättest mir nichts von ihm erzählt, wenn ich euch nicht im Wald gesehen hätte, nicht wahr?«, fragte Arri. »Warum?«
    »Warum sollte ich mich vor dir rechtfertigen?«, gab Lea spröde zurück. »Ich

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