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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zusammen, und noch bevor er wirklich zu Boden gestürzt war, gab der Waldrand einen Pfeil frei, der sich mit unglaublicher Präzision in das Knie eines zweiten Kriegers bohrte, der zwar umsichtig genug gewesen war, seinen Schild in die Höhe zu reißen, dabei aber vielleicht des Guten ein wenig zu viel getan hatte. Wie ein gefällter Baum stürzte er zu Boden und wälzte sich im zertrampelten Gras, wobei er kreischend sein Knie umklammerte, und spätestens bei diesem Anblick verlor der Angriff der anderen Männer deutlich an Schwung. Sie waren immer noch sechs oder sieben, und sie waren dem Waldrand mittlerweile nahe genug gekommen, dass die allermeisten von ihnen das Unterholz wohl auch erreicht hätten, ohne von einem weiteren, tückischen Geschoss getroffen zu werden.
    Allerdings schien keiner von ihnen besonders erpicht darauf zu sein, zu denen zu gehören, die es vielleicht nicht schafften. Einzig Jamu stürmte noch zwei oder drei Schritte weiter, bevor ihm aufging, dass er plötzlich fast allein war, dann blieb er stolpernd stehen, und ein besseres Ziel hätte er dem versteckten Schützen wahrscheinlich gar nicht mehr bieten können.
    Vielleicht rettete ihm sein Zögern aber auch das Leben, denn der Pfeil, der auf ihn gezielt gewesen war, durchschnitt die Luft genau dort, wo er gestanden hätte, hätte er auch nur noch einen einzigen weiteren Schritt getan. Sein gefiedertes Ende streifte Jamus Gesicht, das aber mit solcher Wucht, dass es seine Wange wie eine Messerklinge aus Feuerstein aufschnitt und frisches, hellrotes Blut sein Gesicht und den Bart besudelte. Schreiend vor Wut und Schmerz fuhr er herum und suchte sein Heil in der Flucht, wobei er unwillkürlich einen wilden Zickzackkurs einschlug, um dem Schützen hinter ihnen kein Ziel zu bieten, und genau wie schon einmal war seine Flucht auch das Signal für die anderen, es ihm gleichzutun.
    Zu Arris Überraschung verzichteten die geheimnisvollen Angreifer darauf, den flüchtenden Männern in den Rücken zu schießen, um die Anzahl der Gegner zu verkleinern, die ganz zweifellos zu einem Gegenangriff ansetzen würden, sobald sie ihren ersten Schrecken und die Überraschung überwunden hatten. Dafür jedoch wurde der Chor gellender Schreie und entsetzter Ausrufe vom anderen Ende des umzäunten Platzes plötzlich lauter.
    Alarmiert wandte Arri den Kopf, konnte aber im allerersten Moment nichts weiter erkennen als ein Bild des reinen Chaos. Etliche der Zuschauer schienen vor Schreck einfach gelähmt zu sein und standen mit aufgerissenen Augen und Mündern da, die meisten aber waren längst herumgefahren und suchten ihr Heil in der Flucht - was bei der Masse der zusammengekommenen Menschen zur Katastrophe führen konnte. Wer schnell genug war oder die Kraft und Rücksichtslosigkeit dafür hatte, der rannte einfach los und schuf sich mit Fausthieben und Ellbogenstößen Platz, und wer nicht, der wurde eben niedergeschlagen oder -getrampelt. Vor allem hinter dem jetzt wieder weit offen stehenden Tor war ein heilloses Durcheinander ausgebrochen, doch Sarn gehörte - und auch das überraschte Arri über die Maßen - zu den wenigen, die nicht in Panik davonzurennen versuchten, sondern schrie ganz im Gegenteil mit schriller Stimme auf seine Krieger ein, sich nicht wie die Feiglinge zu gebärden und sich den Angreifern zu stellen.
    Nicht wenige der Männer versuchten auch tatsächlich, seinem Befehl zu folgen, aber das Chaos war einfach zu groß. Viele wurden von den Flüchtenden zu Boden gestoßen oder einfach mitgerissen, andere prallten gegen ihre Kameraden, die sich von der allgemeinen Panik hatten anstecken lassen, verhedderten sich in ihre Leiber und Glieder und stürzten zusammen mit ihnen zu Boden oder wurden gegen den Zaun gedrückt, bis entweder ihre Knochen oder die dicken Holzstämme nachgaben. Meistens waren es wohl Rippen oder Arme und Beine der Männer, doch an mindestens drei Stellen brach die Umzäunung splitternd unter dem Ansturm der Masse zusammen, und plötzlich hallte der große Platz von zahllosen, gellenden Schmerzensund Angstschreien wider.
    Und trotzdem, und obwohl es eigentlich unmöglich war, konnte Arri Sarns Stimme immer noch hören. »Tötet das Hexenkind!«, schrie er. »Ihr müsst sie töten! Das ist die Strafe der Götter dafür, dass sie noch am Leben ist!« Niemand hörte auf ihn. Wahrscheinlich hörte ihn überhaupt niemand, außer Arri, und selbst sie war plötzlich nicht mehr sicher, ob sie die Worte tatsächlich hörte oder sich

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