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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nur einbildete. Wie durch ein Wunder war der Hohepriester bisher noch nicht zu Boden geschleudert oder einfach von der Menge aufgesogen worden, auch, wenn das Chaos ringsum immer nur noch schlimmer wurde.
    Allmählich begann sich Arri zu fragen, was überhaupt geschehen war. Der Angriff war überraschend und mit erschreckender Präzision erfolgt, aber so sehr sie Sarn und seine Krieger auch verachtete, wusste sie doch, dass die Männer keine Feiglinge waren. Und allein die Art des plötzlichen Überfalls machte sogar ihr klar, dass es sich bei den Angreifern vermutlich nicht um ein ganzes Heer handelte, sondern nur um einige wenige. Sarns Krieger mussten das ebenso erkannt haben wie sie, und doch wurde der Chor entsetzter Stimmen und das Durcheinander flüchtender, rennender Menschen zumindest an der westlichen Seite des Platzes, wo Sarn und seine Krieger standen, eher noch schlimmer.
    Dann sah sie den Grund. Auch Sarn war plötzlich verschwunden, als das Chaos rings um ihn herum einen Grad erreichte, bei dem ihn nicht einmal mehr sein bunter Mantel und die Autorität seines Ranges schützen konnte, und Dutzende von Männern und Frauen, die bisher verzweifelt versucht hatten, in die entgegengesetzte Richtung zu fliehen, stürmten plötzlich durch das Tor und ins Innere des Geheges. Nicht wenige von ihnen stürzten und wurden einfach niedergetrampelt. Irgendjemand oder -etwas verfolgte die flüchtende Menge, aber es dauerte noch einmal endlose Augenblicke, bis Arri sah, was es war.
    Es waren Wildschweine; kleine struppige Ungeheuer mit gefährlichen Hufen und tödlichen Hauern, Dutzende, die wie eine lebende, braunschwarz gestreifte Flut aus dem Wald herausbrachen und alles niedertrampelten, was sich ihnen in den Weg stellte. Die Tiere mussten halb wahnsinnig vor Angst sein, denn Arri wusste, dass selbst diese gefährlichen Kreaturen, die sehr wohl um ihre Kraft wussten und sie rücksichtslos einsetzten, gewöhnlich niemals gegen eine so große Menschenmenge vorgegangen wären. Das schrille Kreischen der heranstürmenden Schweine vermischte sich mit dem Chor entsetzter Schreckens- und Schmerzensschreie der Flüchtenden. Nur einer von Sarns Kriegern war tatsächlich so dumm, sich der lebenden braunen Flutwelle in den Weg stellen zu wollen und mit seinem Speer nach einem der Tiere zu stoßen, aber er bezahlte diesen Leichtsinn, den allerhöchstens er selbst mit Tapferkeit verwechselte, augenblicklich mit dem Leben. Seine Speerspitze rammte sich tief in den Leib eines Ebers, doch das Tier riss ihn noch im Todeskampf mit sich zu Boden, und er wurde von den nachfolgenden einfach niedergetrampelt. Von einigen der Tiere schien grauer Dunst oder Nebel aufzusteigen.
    Arri bemerkte seltsam teilnahmslos, dass sich die durchgehende Wildschweinrotte genau in ihre Richtung bewegte. Sie hätte erschrecken müssen, aber wahrscheinlich fehlte ihr dazu mittlerweile einfach die Kraft. Ganz im Gegenteil war sie auf eine hysterische Art fast amüsiert, als ihr durch den Kopf schoss, dass sie vielleicht all das nur überlebt hatte, um von einer toll gewordenen Wildschweinherde zu Tode getrampelt zu werden. Falls Sarn zu den Überlebenden dieses Tages gehörte, dachte sie, dann wäre das für ihn vermutlich eine interessante Anregung, was das zukünftige Schicksal seiner Feinde anging.
    Plötzlich durchschnitt ein einzelner, gellender Schrei das Chaos, so hoch und spitz und voller Entsetzen, dass für einen Moment jeder andere Laut bedeutungslos zu werden schien. Auch Arri hob mit einem erschrockenen Ruck den Kopf und sah wieder zum Tor hin, und ihre Augen weiteten sich ungläubig, als sie das riesige, schwarze Pferd sah, dass der Wildschweinrotte unmittelbar folgte. Seine Hufe schienen Funken aus dem Boden zu schlagen, und aus seinen Nüstern schoss brodelndes Feuer, das sich erbarmungslos auf die Tiere herabsenkte, die nicht schnell genug flohen.
    Es war dieser schwarze Hengst, ein Ungeheuer wie ein lebendig gewordener Albtraum, der die gesamte Meute Wildschweine in Panik versetzt und aus dem Wald getrieben hatte, und die Wirkung, die er auf die Menschen hatte, die ihn sahen, war kaum weniger verheerend. Auch der Letzte der Krieger schleuderte seine Waffe davon und suchte sein Heil in der Flucht, und der Chor aus gellenden Schreien wurde noch lauter und verzweifelter. Die Erde bebte jetzt unter den Schritten hunderter von Menschen, die verzweifelt versuchten, sich irgendwie in Sicherheit zu bringen, und die Luft war erfüllt von dem

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