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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fanden und die schon als Welpen darauf abgerichtet wurden, Menschen anzugreifen und bei lebendigem Leibe zu zerreißen. In einigen dieser Geschichten, die besonders die Kinder aus dem Dorf gern erzählt hatten, hatte es geheißen, dass es eine geraume Zeit dauern konnte, bis sie ihre Opfer wirklich töteten, wenn es nicht das Glück hatte, vorher zu verbluten, und mehr als eines dieser Opfer dabei hatte zusehen müssen, wie es bei lebendigem Leibe aufgefressen wurde. Als sie diese Geschichten gehört hatte, war sie ein Kind gewesen, und sie hatte angemessenes Entsetzen verspürt, vor allem aber jenen wohligen Schauer, den solche Geschichten auslösen und der eigentlich der einzige Grund ist, aus dem man sie erzählt oder sich anhört.
    Jetzt packte sie ein ganz anderes Entsetzen, kalt, lähmend und begleitet von einer Mischung aus Angst und Hilflosigkeit, wie sie sie trotz allem bisher noch nicht gespürt hatte. Mit einem Male wusste sie, dass all die grässlichen Geschichten wahr waren, die man sich über die Hunde aus Goseg und das, was sie ihren Opfern antaten, erzählte. Sie wollte schreien. Plötzlich war es ihr gleich, ob all diese Menschen hier ihr Wimmern und Kreischen und das verzweifelte Um-ihr-Leben-Betteln hörten, doch ihre Kehle war plötzlich wie zugeschnürt; sie brachte nicht einmal mehr ein Keuchen zustande, sondern musste sich mit aller Macht konzentrieren, um überhaupt noch atmen zu können.
    Die beiden Hundeführer traten nun auf Jamu zu. Die Tiere zerrten und rissen mit immer größerer Ungeduld an ihren Stricken. Vielleicht witterten sie trotz der großen Entfernung das Blut, das an Arris Beinen hinablief, doch die beiden Männer ließen sie noch nicht los, sondern zerrten sie mit sichtlichem Kraftaufwand weiter zu Jamu hin. Der schwarzhaarige Krieger ließ sich in die Hocke sinken und streckte die rechte Hand aus, und die beiden geifernden Ungeheuer, die sich noch gerade wie tollwütig gebärdet hatten, sprangen plötzlich auf ihn zu und leckten ihm schwanzwedelnd Hände und Gesicht ab. Jamu ließ sie eine kurze Weile gewähren, dann bedeutete er den Männern, die die Stricke hielten, loszulassen. Die beiden Krieger schienen es plötzlich sehr eilig zu haben, denn sie fuhren auf der Stelle herum und rannten die wenigen Schritte zum offen stehenden Tor zurück, während sich Jamu erneut vorbeugte und die Stricke aufknotete, die noch immer um die Hälse der Hunde lagen.
    Eines der Tiere richtete sich spielerisch auf die Hinterläufe auf und versuchte erneut, ihm das Gesicht abzulecken, wobei er ihm ohne Anstrengung die Vorderpfoten auf die Schultern legte, das andere aber drehte plötzlich den Kopf und blickte in Arris Richtung. Sein Schwanzwedeln erlosch, und Arri konnte sehen, wie sich die gewaltigen Muskeln unter seinem struppigen Fell spannten. Dann aber rief ihm Jamu einen scharfen Befehl zu, und das Tier machte gehorsam einen Schritt rückwärts. Es entspannte sich sichtlich, aber sein Blick ließ Arri keinen Moment lang los.
    Noch einmal verging eine kurze Weile, in der Jamu mit den beiden gewaltigen Hunden spielte, als wären es Welpen, dann sank er auf die Knie, wickelte das zerrissene Kleid ab, das er sich um den linken Arm geschlungen hatte, und ließ den Stoff plötzlich wie eine Peitsche knallen, um damit nach der empfindlichen Schnauze eines der Hunde zu schlagen. Das Tier stieß ein schrilles, überraschtes Heulen aus und prallte einen Schritt zurück, versuchte aber fast unmittelbar darauf, nach dem Stoff zu schnappen. Jamu zog ihn mit einer tausendfach geübten Bewegung weg und versetzte nun auch dem anderen Hund einen Hieb auf die Nase, der empfindlich wehtun musste. Dann stand er hastig auf, warf den Stofffetzen in die Höhe, und die beiden Hunde schnappten gleichzeitig danach und bekamen ihn an zwei Enden zu fassen. Ein wütendes Knurren und ein rasches, kraftvolles Kopfschütteln, und der zähe Stoff zerriss wie trockenes Laub. Einen Moment lang schüttelte jede der beiden Bestien noch ihr erbeutetes Stück, dann klatschte Jamu in die Hände und begann sich gleichzeitig rückwärts gehend und sehr schnell von den Hunden zu entfernen.
    Und die beiden Ungeheuer stürmten los.
    Arri registrierte entsetzt, wie schnell sie waren. Vielleicht noch einen, höchstens aber zwei Atemzüge, und sie mussten heran sein. Ihre schrecklichen Fänge waren gebleckt, aber sie hatten aufgehört zu knurren und aufgeregt zu kläffen, sondern stürmten nun vollkommen lautlos heran, und ein

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