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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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herum. An manchen Stellen hätte es kein Durchkommen gegeben, hätte ihre Mutter nicht dann und wann ihr Schwert zu Hilfe genommen - jetzt wusste Arri wenigstens, warum sie es mitgenommen hatte -, um sich einen Weg durch das braune Gestrüpp zu hacken, und auch der Boden federte nun unter ihren Schritten.
    Trotz des dichten Bewuchses aus Bäumen und Gebüsch hatte Arri das Gefühl, immer tiefer in einen Sumpf hineinzugehen. Die Luft wurde nicht wärmer, aber spürbar feuchter, und ein paar Mal blieb ihre Mutter auch stehen, sah sich stirnrunzelnd und mit einem Ausdruck höchster Konzentration auf dem Gesicht um und wechselte dann scheinbar willkürlich ihren Kurs. Zwei- oder dreimal hörte es Arri in dem farbenverzehrenden Grau vor ihnen knacken und rascheln, und mindestens einmal war sie auch sicher, das Geräusch großer Pfoten zu vernehmen, die hastig davonrannten. Nichts davon schien ihre Mutter jedoch zu irritieren oder gar zu ängstigen. Sie setzte ihren Weg unbeirrt, wenn auch nicht in gerader Richtung fort.
    Eine ganze Zeit lang marschierten sie auf diese Weise in so zügigem Tempo durch den Wald, wie es das unwegsame Gelände nur zuließ. Und irgendwann wurde es vor ihnen wieder hell. Lea sagte noch immer nichts, beschleunigte ihre Schritte nun aber deutlich, sodass Arri plötzlich alle Mühe hatte, überhaupt noch mit ihr mitzuhalten, und es vergingen nur mehr wenige weitere Augenblicke, bis sie helles Sonnenlicht durch die Bäume hindurchschimmern sah. Noch ein Dutzend rascher Schritte, und sie hatten den Waldrand erreicht. Arri blieb verblüfft stehen und riss die Augen auf.
    Der Anblick, der sich ihr bot, kam nicht nur völlig unerwartet, er war auch geradezu phantastisch. Jenseits des Waldes ging der Boden in eine sanft gewellte, von kniehohem, saftigem Gras bewachsene Hügellandschaft über, die sich so weit zog, wie das Auge reichte. Hier und da wuchsen ein paar Bäume, manchmal einzeln, manchmal in kleinen Gruppen, von denen aber keine die Bezeichnung Wald verdient hätte, und weit im Osten konnte sie das von ewigem Weiß gekrönte Grau der Berge erkennen, die mit dem Horizont verschmolzen. Ein lauer Wind, der Arri nach der feuchten Kälte drinnen im Wald wärmer und wohl tuender vorkam, als er war, wehte ihnen in die Gesichter und trug ein verwirrendes Durcheinander fremdartiger, aber fast ausnahmslos angenehmer Gerüche mit sich heran.
    »Aber. was ist denn das?«, murmelte sie.
    In den Augen ihre Mutter erschien ein stolzes Lächeln, als hätte sie ganz allein das hier alles erschaffen. »Das, was ich dir zeigen wollte. Aber nicht nur.«
    Arri hörte den letzten Satz gar nicht. »Aber. aber wie kann das sein?«, murmelte sie erstaunt. »Alle anderen sagen doch, dass das Land auf dieser Seite des Waldes zu gefährlich ist! Sarn erzählt, hier gäbe es Ungeheuer und böse Geister.«
    »Sarn«, sagte ihre Mutter betont, »ist ein Dummkopf. Allerdings. was die Geister angeht, so hat er vielleicht sogar Recht.« Ihr Lächeln wurde geradezu verschwörerisch, aber es war auch nicht zu übersehen, wie sehr sie sich amüsierte, als sie den plötzlich erschrockenen Ausdruck auf Arris Gesicht gewahrte. »Möchtest du sie sehen?«, fragte sie. Ohne Arris Antwort abzuwarten, trat sie mit einem weiteren Schritt vollends aus dem Wald heraus, hob die Hand und pfiff schrill durch die Finger.
    Im allerersten Moment geschah gar nichts. Arri blinzelte ihre Mutter verwirrt an und wollte gerade dazu ansetzen, eine entsprechende Frage zu stellen, als sie etwas hörte. Das Geräusch war ganz leise; am Anfang kaum mehr als ein fernes Donnergrollen, das viel eher zu spüren als wirklich zu hören war und sich aus einer Richtung näherte, die sie nicht genau erkennen konnte. Doch es nahm rasch an Lautstärke zu, und schon bald darauf spürte Arri, dass sie sich nicht getäuscht hatte: Der Boden unter ihren Füßen zitterte tatsächlich, ganz sacht zwar nur, aber eindeutig im Rhythmus des allmählich lauter werdenden Dröhnens und Grollens. Es war, als käme etwas auf sie zu, noch unsichtbar zwar, aber rasend schnell und sehr, sehr groß.
    Plötzlich war die Angst wieder da. Ihr Herz begann zu klopfen, und nur mit Mühe konnte sie das Zittern ihrer Hände unterdrücken. Sie wandte sich zu ihrer Mutter um. Auch Lea musste das Geräusch hören, aber sie wirkte nicht im Mindesten beunruhigt, sondern schien sich ganz im Gegenteil über die mittlerweile unübersehbare Furcht ihrer Tochter zu amüsieren.
    »Was. was ist das?«,

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