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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zu vereinfachen, hatte Rahn auf Sarns Geheiß hin kurzerhand die vordere Wand der Schmiede abgerissen, was bei dem bejammernswerten Zustand des ohnehin baufälligen Gebäudes keinen großen Unterschied mehr machte, sodass zumindest sie und die Zuschauer in der vordersten Reihe freie Sicht auf das hatten, was sich im Innern des Hauses abspielte.
    Arri bezweifelte, dass ihrer Mutter das recht war, und auch Kron hatte die eine oder andere entsprechende Bemerkung gemacht, doch der Schamane war in diesem Punkt unnachgiebig geblieben und hatte eingewendet, dass die Gefahr eines Brandes bestünde, wenn sich ein Blinder und ein Krüppel von Krons Größe die enge Hütte teilten und noch dazu mit Feuer hantierten. Damit hatte er vermutlich sogar Recht, aber Arri war natürlich auch klar, warum er wirklich darauf bestanden hatte: aus demselben Grund, aus dem er praktisch das ganze Dorf zusammengerufen hatte, um bei Achks und Krons erster gemeinsamer Arbeit zuzusehen. Er wollte, dass möglichst viele miterlebten, wie ihre Mutter scheiterte.
    Dabei gab es im Augenblick nicht einmal viel zu sehen. Achk saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden, betätigte den Blasebalg und gab Kron mit schriller, misstönender Stimme, die immer gerade eine Winzigkeit davon entfernt schien, wirklich zu schreien, keifende Anweisungen, von denen der größte Teil unverständlich war; und wie Arri aus dem immer besorgter werdenden Gesicht ihrer Mutter schloss, zu einem gut Teil vermutlich auch einfach unsinnig. Kron nahm das Gezeter des Alten scheinbar gleichmütig hin und tat darüber hinaus das, was sie in den zurückliegenden Tagen immer und immer wieder geübt hatten; jedenfalls nahm Arri das an. Zu sehen war kaum etwas, denn der ehemalige Jäger und zukünftige neue (halbe) Schmied des Dorfes hatte sich gewiss nicht durch Zufall so postiert, dass sein breiter Rücken den Blick auf nahezu alles versperrte, was im Innern der aufgebrochenen Hütte geschah.
    Seit dem nächtlichen Gespräch in Leas Hütte waren zehn Tage vergangen. Rahn hatte sich zur allgemeinen Überraschung nicht nur nicht verirrt, sondern war bereits am Abend des dritten Tages zurückgekommen, und seither hatte Arri ihre Mutter kaum noch gesehen, denn sie hatte praktisch ihre gesamte Zeit mit Kron und dem blinden Mann verbracht und war nur zu den Mahlzeiten und zum Schlafen nach Hause gekommen. Arri war ein bisschen beleidigt gewesen, dass sie ihr trotz ihrer hartnäckigen Nachfrage (und Arri konnte sehr hartnäckig sein) bis zum Schluss nicht gesagt hatte, was sie eigentlich plante.
    Selbstverständlich hatte sie es trotzdem erfahren. Sarn hatte schon dafür gesorgt, dass sich die Verrücktheit, die sich ihre Mutter hatte einfallen lassen, in Windeseile im Dorf herumsprach, und Arri konnte beinahe verstehen, dass Lea ihr nichts hatte sagen wollen. Der Plan war verrückt. Aber vielleicht würde er ja gerade deshalb funktionieren.
    »Also?«, drang Sarns Stimme kaum weniger schrill und misstönend als die des blinden Schmiedes in ihre Gedanken. »Worauf wartet ihr noch?«
    Lea schenkte ihm einen giftigen Blick, sagte aber nichts, sondern wandte sich nur mit einem auffordernden Nicken an Kron. Der einarmige Riese packte den klobigen Schmiedehammer, schwang ihn aber noch nicht, sondern stupste Achk nur leicht mit dem Fuß an, woraufhin der Blinde noch hektischer mit seinem Blasebalg zu hantieren begann. Eine Zeit lang war nichts zu hören außer dem Zischen der entweichenden Luft und dem etwas leiseren, aber irgendwie bösartigen Geräusch, mit dem die Schmelze aus Kupfer und Zinn und einigen anderen Zutaten, die Achk eifersüchtig geheim hielt, aus dem Schmelztiegel in die tönerne Gussform floss. Weder Arri noch irgendeiner der anderen konnte wirklich sehen, wie sich das heißflüssige Metall in der vorbereiteten Gussform verteilte, denn Kron schirmte weiter alles mit seinem breiten Rücken ab, doch sie wusste aus dem Wenigen, das sie aufgeschnappt hatte, dass nun der kritische Moment kam, auf den Sarn und ihre Mutter - wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen - gleichermaßen gespannt warteten. Kron versetzte dem Schmied einen weiteren, sanften Stups mit dem Fuß, den dieser mit einer halblaut gekeiften Beschimpfung quittierte, seinen Blasebalg jedoch trotzdem rasch sinken ließ und nach der schweren bronzenen Zange tastete, die Kron griffbereit neben ihn gelegt hatte.
    »Gut so«, murmelte Kron. »Ein bisschen mehr nach links. gut.« Seine Stimme klang flach, aber

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