Die Hintertreppe zum Quantensprung
hätte, ob ihm seine Theorie gefalle, hätte er sicher mit Nein geantwortet und hinzufügen können, »aber einer musste sie aufstellen«.
Planck wurde unfreiwillig auf den Weg zum Quantensprung geführt, als er versuchte, mit einem scheinbar schlichten Problem seiner Wissenschaft, der Physik, fertig zu werden. Es ging ihm um das Licht, das ein (möglichst schwarzer) Körper allein deshalb aussendet, weil ihm Wärme zugeführt wird. Ein Stück Eisen etwa, das in einem Ofen erhitzt wird, glüht erst rot, dann gelb und weiß, bevor es schmilzt, und die Aufgabe, die sich Planck gestellt hatte, klang harmlos genug. Er wollte herausfinden, wie die Farbe von der Temperatur abhängt – und vielleicht auch ableiten, welche Intensität das dazugehörige Licht aufweist. Er hoffte, dabei einen allgemeinen, universalen Zusammenhang zwischen dem Licht (genauer: seiner Farbe) und der Wärme entdecken zu können.
Nach langen und vergeblichen Mühen stellte Planck fest, dass er auf diese Fragestellung nur dann eine quantitativ zutreffende Antwort geben konnte, die mit den immer genauer werdenden Messungen vieler Physiker übereinstimmte und somit den Tatsachen bzw. den Phänomenen gerecht wurde, wenn er Folgendes annahm: Ein schwarzer Körper sendet dadurch Licht aus, dass seine Atome Quantensprünge ausführen. In diesem Fall kann das Licht in Form von unstetigen – manchmal sagt man auch diskontinuierlichen oder diskreten – Einheiten in Erscheinung treten, deren Existenz von den Messungen nahegelegt wurde. Diese für sich in Erscheinung tretenden und isoliert wirkenden Einheiten kann man als Lichtatome bezeichnen und sich als eigenständige Pakete vorstellen. Planck bezeichnete sie in seiner Fachsprache als Quanten, weil er noch Lateinisch konnte. Eine »quantitas« bezeichnet folglich eine Menge, für die man auch »quantus« sagen kann, woraus dann das Wort »quantum« entsteht, das ausdrückt, wie viel in einer Menge ist, wie viele Quanten also im Licht zu fi nden sind.
Ihre Quanten wirken und entstehen, wenn Atome von einem Zustand in einen anderen wechseln, was nur geht, wenn sie plötzlich springen. Bei diesen Quantensprüngen geben sie Energie ab, nämlich in Form von Licht, und genau dies konnte Planck berechnen, und zwar mit höchster Präzision. Wie sich zeigte, erklärte sich so die Intensität des Lichts und seiner Farben, die man seit dem 19. Jahrhundert mit großem Aufwand vermessen hatte, ohne bislang in der Lage zu sein, sie zufriedenstellend deuten zu können. Jetzt endlich war Planck dem bunten Leuchten der schwarzen Körper mit den geheimnisvollen Quantensprüngen auf die Spur gekommen, und dafür hat man ihn 1918 mit dem Nobelpreis für sein Fach ausgezeichnet.
Die Löcher in der Welt
Atome also können springen und dabei leuchten. Wenn man das so unvermittelt hört, versteht man nicht, was daran bemerkenswert oder gar schockierend sein soll. Viele Dinge können springen oder hüpfen: Mücken im Gras, Menschen in die Luft und über einen Graben, Schachfiguren auf ein anderes Feld und vieles mehr. Warum regt man sich dann über die Sprünge von Atomen auf? Die Antwort steckt in dem, was bei der diskreten Bewegung selbst zwischen den Zuständen passiert, zwischen denen gewechselt wird.
Ein Kind, das von einer Mauer auf eine Wiese hüpft, befindet sich zwischendurch im freien Fall, und zwar für alle sichtbar. In jedem Augenblick lässt sich erkennen, wo und wie sich das Kind befindet, und diese Tatsache drückt man durch das Wort »stetig« aus. Das Kind ändert seine Position beim Sprung von der Mauer somit ständig und stetig (und zwar schön nach der Gesetzen der Physik). Wenn man eine Zeichnung von dem Aufenthaltsort des Kindes während des Sprungs machen würde, bräuchte man den Bleistift nicht abzusetzen und könnte eine durchgehende Linie zu Papier bringen.
Bei einem Quantensprung muss man den Stift absetzen, wenn man ihn zeichnen will (links). Klassische Sprünge kann man als Strich zeichnen (rechts).
Genau das geht bei Atomen nicht mehr, die bekanntlich aus einem Kern bestehen, den Elektronen wolkenartig umhüllen. Wenn Atome Quantensprünge ausführen, bewegen sich zunächst deren Elektronen. Diese nehmen Energie auf oder geben sie ab, und zwar unstetig. Das heißt: Wenn diese elementaren Bausteine »schwuppdiwupp und mit Elan auf die nächste Quantenbahn« hopsen, dann wissen wir nur, wo sie sich vor dem Absprung befanden und wo sie nach der Landung angekommen sind. Ihr Springen
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