Die Hintertreppe zum Quantensprung
können.
Die Farben der schwarzen Körper
Es wird Zeit, sich der Physik Plancks zuzuwenden, und Einstein bietet dazu den Einstieg, denn eine seiner Arbeiten aus dem Jahre 1905 machte Gebrauch von einer Entdeckung, die Planck genau im Jahre 1900 gelungen war und die das herrliche Haus der Physik zum Einsturz bringen sollte, an dessen Errichtung Planck bis zu diesem Zeitpunkt höchstpersönlich kräftig mitgeholfen hatte. Planck war ganz zu Anfang des 20. Jahrhunderts zum Revolutionär wider Willen geworden. Dabei sah das Problem, mit dem er sich befasste, eher harmlos aus. Es ging um die Strahlung, die ein schwarzer Körper aussendet, dessen Temperatur erhöht wird. Wie jeder weiß (oder wissen sollte), wird zum Beispiel ein Stück Stahl bei Erhitzung erst rot-, dann gelb- und zuletzt weißglühend, und die Frage an die Wissenschaft lautete, ob und wie das Auftreten dieser Farben erklärt werden kann. Der Ausdruck »schwarzer Körper« meint dabei im Vokabular der Physik einen Gegenstand, der kein Licht reflektiert und dessen Farben somit allein aus seiner eigenen Beschaffenheit verstanden werden müssen.
Warum beschäftigte sich Planck mit den Farben eines schwarzen Körpers und der Frage, wie das, was er ausstrahlte, von seiner Temperatur abhing? Zum einen ging es um das Thema der Umwandlung und Erhaltung von Energie, das die Physik des 19. Jahrhunderts dominiert hatte, wobei in diesem Fall Wärmeenergie (Temperatur) die Form von Strahlungsenergie (Licht) annimmt. Zum anderen hatten vor allem die Arbeiten von Robert Kirchhoff in Heidelberg gezeigt, dass dieser Vorgang nicht von dem Körper abhängig war, den man betrachtete, sondern dass hier ein universelles physikalisches Gesetz seine Wirkung zeigte. Genau dies hoffte Planck zu finden, wobei der besondere Reiz der Aufgabe darin lag, dass berühmte Kollegen vor ihm etwas angeboten hatten, was man »halbe Gesetze« nennen könnte: Es gab eine Formel für die langen Wellenlängen der roten Farbe, die ein schwarzer Körper bei niedrigen Temperaturen zeigt; es gab eine Formel für die kurzen Wellenlängen der ultravioletten Strahlen, die ein schwarzer Körper bei hohen Temperaturen aussendet; es gab aber keinen Weg, die beiden Ansätze zu einer Einheit zu verbinden.
Die erwähnten Formeln waren unter der Annahme abgeleitet worden, dass das Licht des schwarzen Körpers von seinen Atomen stammte. Doch so selbstverständlich sich dieser Zusammenhang heute aussprechen lässt, so umstritten war die Idee eines atomaren Aufbaus der Materie vor 1900, als unter den Physikern noch heiße Debatten über die Frage stattfanden, ob es Atome wirklich gibt oder nicht. In einem Rückblick auf diese Auseinandersetzungen und in Hinblick auf die dickköpfige Haltung vieler Physiker, die sich durch nichts überzeugen lassen wollten, hat Planck einmal folgende bemerkenswerte Formulierung gebraucht, die man als Plancks Prinzip der Wissenschaftsgeschichte bezeichnen könnte: »Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, dass ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, dass die Gegner allmählich aussterben, und dass die heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist.«
Für Planck selbst stand die Realität der (unsichtbaren) Atome außer Frage, und er versuchte ihre Existenz aus beobachtbaren (und damit sichtbaren) Eigenschaften der Dinge abzuleiten. Die für ihn grundlegende Qualität der materiellen Prozesse bestand in dem, was unter Experten als Irreversibilität bekannt ist. Damit sind Vorgänge und Abläufe gemeint, die sich nicht vollständig rückgängig machen lassen.
Doch mit dem festen Glauben an die Existenz der Atome war nur der Weg zu der Strahlenformel für schwarze Körper vorgezeichnet, ohne dass eines der Hindernisse überwunden war, die darauf lagen. Wie konnte man sich vorstellen, dass Atome Licht hervorbringen? Klar schien, dass die Aussendung der entsprechenden Strahlen erneut als Umwandlung von Energie zu verstehen war, aber wie wurde aus der Energie der Atome die Energie des Lichts?
Das Quantum der Wirkung
Als Planck im Jahre 1900 vor dieser physikalischen Frage stand, an der viele Physiker vor ihm gescheitert waren, kam ihm die Idee, es mit einem mathematischen Trick zu probieren. Planck sah nämlich, dass die beiden oben erwähnten halben Gesetze zu einem ganzen verbunden werden konnten, wenn er – zunächst als rein rechnerische Hilfestellung
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