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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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ausdrücklich als Hommage an Francis Bacon gedacht. Am 25. Brumaire des Jahres III ermächtigte der Konvent sein Comité d'Instruction Publique zum Druck der gesammelten Werke von Bacon. Und am 19. Vendémiaire desselben Jahres verabschiedete derselbe Konvent ein Gesetz zum Bau eines Hauses der Künste und Handwerke, das die Idee jenes Salomonischen Hauses realisieren sollte, von dem Bacon in seiner Nova Atlantis spricht und das er als den Ort beschreibt, an dem alle technischen Erfindungen der Menschheit versammelt sein würden.«
    »Na und?« fragte Diotallevi.
    »Na, und im Conservatoire hängt doch das Pendel!« sagte Belbo. Und an der Reaktion von Diotallevi sah ich, dass Belbo ihm von seinen Reflexionen über das Foucaultsche Pendel erzählt haben musste.
    »Langsam, langsam«, bremste ich. »Das Pendel ist erst im vorigen Jahrhundert erfunden und installiert worden. Lassen wir das lieber erst mal beiseite.«
    »Das Pendel beiseite lassen?« fragte Belbo. »Haben Sie nie einen Blick auf die Hieroglyphische Monade von John Dee geworfen, den Talisman, der alle Weisheit des Universums in sich vereinigen sollte? Sieht der nicht aus wie ein Pendel?«
     
     
     
    »Na schön«, sagte ich, »nehmen wir an, dass sich ein Zusammenhang zwischen den beiden Fakten herstellen lässt. Aber wie gelangt man von Sankt Alban zum Pendel?«
    Ich wusste es nach wenigen Tagen.
    »Also, der Prior von Saint Albans war Abt von Saint-Martin-des-Champs, das infolgedessen zu einem protemplerischen Zentrum wurde. Bacon stellte über seinen Stammsitz einen Initiationskontakt zu den Druiden im Gefolge von Sankt Alban her. Und jetzt aufgepasst: Genau zu der Zeit, als Bacon seine Karriere in England beginnt, endet in Frankreich die von Guillaume Postel.«
    (Ich bemerkte ein winziges Zucken in Belbos Gesicht und dachte an den Dialog auf der Vernissage von Riccardo: Postel erinnerte ihn an den, der ihm Lorenza entfremdet hatte. Doch es war nur ein kurzer Augenblick.)
    »Postel lernt Hebräisch und versucht zu beweisen, dass es die gemeinsame Matrix aller Sprachen sei, er übersetzt den Sohar und den Bahir , er nimmt Kontakt zu den Kabbalisten auf, lanciert ein Projekt für den Weltfrieden ähnlich dem der Rosenkreuzer, sucht den König von Frankreich für ein Bündnis mit dem Sultan zu gewinnen, bereist Griechenland, Syrien und Kleinasien, lernt Arabisch – mit einem Wort: er reproduziert den Bildungsweg des Christian Rosencreutz. Und nicht zufällig unterzeichnet er einige seiner Werke mit dem Namen Rosispergius, ›Morgentau-Sprenger‹. Und Gassendi schreibt in seinem Examen Philosophiae Fluddanae , dass Rosencreutz nicht von rosa komme, sondern von ros , also Morgentau. In einem seiner Manuskripte spricht er von einem Geheimnis, das es zu hüten gelte, bis die Zeit gekommen sei, und sagt: ›Damit die Perlen nicht vor die Säue geworfen werden.‹ Und wissen Sie, wo dieses Bibelzitat wieder auftaucht? Auf dem Frontispiz der Chymischen Hochzeit . Und Pater Marinus Mersenne sagt, um den Rosenkreuzer Fludd anzuprangern, er sei vom selben Schlage wie der atheus magnus Guillaume Postel. Andererseits scheint es, dass Dee und Postel sich anno 1550 getroffen haben, und vielleicht wussten sie da noch gar nicht und sollten es erst dreißig Jahre später wissen, dass sie die beiden Großmeister waren, die sich dem Großen Plan zufolge anno 1584 treffen sollten ... Nun erklärt aber Postel, hört, hört, dass der König von Frankreich in seiner Eigenschaft als direkter Nachfahre des ältesten Sohnes von Noah – also des Stammvaters der keltischen Sippe und somit der Druidenkultur – der einzige legitime Anwärter auf den Titel des Königs der Welt sei. Jawohl, des Königs der Welt von Agarttha, und das sagt Postel drei Jahrhunderte vor Saint-Yves d'Alveydre! Lassen wir auf sich beruhen, dass er sich in eine alte Vettel namens Johanna verliebte und sie als die göttliche Sophia betrachtete, der Gute hatte wohl in dem Punkt nicht alle richtig beisammen. Beachten wir aber, dass er mächtige Feinde hatte, die ihn als elenden Hund beschimpften, als schändliches Ungeheuer, als Kloake aller denkbaren Häresien, besessen von einer Legion Dämonen. Und trotzdem, ungeachtet des Skandals mit der Johanna, betrachtete ihn die Inquisition nicht als einen Häretiker, sondern nur als amens , sagen wir: ein bisschen plemplem. Mit anderen Worten, man wagt es nicht, den Mann zu vernichten, weil man weiß, dass er der Sprecher einer ziemlich mächtigen Gruppe ist.

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