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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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der Mauern, muss ein enger Schlauch sein, durch den nur ein oder höchstens zwei Männer gleichzeitig gehen können, und er muss mit einem Eisengitter verschlossen sein, damit der erste Kundschafter sagen kann, dass man durch das Gitter auf einen Platz sieht und, was weiß ich, auf die Ecke einer Kapelle, zum Zeichen, dass der Gang direkt in die Stadt führt. Bei dem Gitter steht jedoch eine Wache, und wenn der Feind eintrifft, ist er gezwungen, Mann für Mann einzeln herauszukommen, so dass man ihn Mann für Mann einzeln erledigen kann ...«
    »Und der Feind ist so blöd, immer weiter Mann für Mann rauszugehen, ohne zu merken, dass die vordersten wie reife Pflaumen fallen«, gackerte der Boidi.
    »Und wer sagt dir, dass der Feind nicht blöd ist? Wart's nur ab. Die Sache muss vielleicht noch besser ausgefeilt werden, aber die Idee ist nicht schlecht.«
    Baudolino nahm den Ghini beiseite, der ja als Kaufmann ein vernünftiger Mensch sein und mit beiden Beinen auf dem Boden stehen musste, nicht wie jene Ritter, Lehnsmänner von Lehnsmännern, die sich, bloß um militärischen Ruhm zu erwerben, auch auf von vornherein schon verlorene Sachen einließen. »Hör mal, Ghini, reich nochmal diesen Krug rüber und dann sag mir, was du davon hältst. Mir leuchtet ja ein, dass, wenn man hier eine Stadt erbaut, der Barbarossa gezwungen ist, sie zu belagern, um nicht sein Gesicht zu verlieren, womit er denen von der Liga Zeit gibt, ihn von hinten anzugreifen, wenn er vom Belagern erschöpft ist. Aber die uns in dieses Unternehmen reinziehen sind die Städter. Und du willst, dass ich glaube, unsere Leute verließen die Orte, an denen sie gut oder schlecht gelebt haben, und kämen her, um sich hier umbringen zu lassen, bloß um denen in Pavia einen Gefallen zu tun? Du willst, dass ich glaube, die Genueser, die keinen Heller rausrücken würden, um ihre eigene Mutter von den Sarazenen-Piraten loszukaufen, hätten hier Geld und Arbeit reingesteckt, um eine Stadt zu bauen, die höchstens den Mailändern Vorteile bringt?«
    »Baudolino«, sagte der Ghini, »die Geschichte ist noch viel komplizierter, als du meinst. Sieh dir mal genau an, wo wir hier sind.« Er tunkte einen Finger in den Wein und begann Zeichen auf den Tisch zu malen. »Hier ist Genua, klar? Und hier sind Tortona und Pavia und Mailand. Das sind drei reiche Städte, und Genua ist eine Hafenstadt. Also muss Genua freie Bahn für seinen Handel mit den lombardischen Städten haben, klar? Und die Passstraßen führen durchs Tal der Lemme, durchs Tal der Orba, durchs Tal der Bormida und durchs Tal der Scrivia. Das sind vier Flüsse – habe ich recht? –, und alle vier treffen sich mehr oder weniger hier mit dem Tanaro. Wenn du jetzt hier eine Brücke über den Tanaro hast, dann hast du von hier aus freie Bahn für den Handel mit dem Markgrafen von Montferrat und wer weiß wem noch dahinter. Klar? Nun, solange Genua und Pavia die Sache untereinander ausmachten, war's ihnen ganz recht, dass diese Täler herrenlos blieben, oder sie schlossen von Fall zu Fall Bündnisse, zum Beispiel mit Gavi oder mit Marengo, und die Dinge liefen glatt ... Aber dann ist dieser Kaiser hier aufgekreuzt, Pavia einerseits und der Montferrat andererseits haben sich mit ihm verbündet, Genua sieht sich von rechts und von links blockiert, und wenn es sich auf Friedrichs Seite stellt, kann es seine Geschäfte mit Mailand vergessen. Also müsste es sich mit Tortona und Novi gutstellen, die ihm erlauben, die Täler der Scrivia und der Bormida zu kontrollieren. Aber du weißt, was passiert ist, der Kaiser hat Tortona dem Erdboden gleichgemacht, Pavia hat die Kontrolle des Landes bis zu den Bergen des Apennin übernommen, unsere Dörfer haben sich auf die Seite des Kaisers geschlagen, und bitte, was blieb uns denn anderes übrig? Sollten wir, klein wie wir waren, die großen Helden spielen? Was mussten uns nun die Genueser dafür bieten, dass wir die Seite wechselten? Etwas, das zu besitzen wir uns nie hatten träumen lassen, nämlich: eine richtige Stadt mit Mauern ringsum, mit Konsuln, Soldaten und einem Bischof, eine Stadt, die Wegzölle für Menschen und Waren einnimmt. Du musst dir klarmachen, Baudolino, allein die Kontrolle einer Brücke über den Tanaro bringt einen Haufen Geld ein, du sitzt da und verlangst mal eine Münze, mal zwei Hähnchen, mal einen ganzen Ochsen, und die Betreffenden zahlen, ohne zu feilschen! Eine Stadt ist ein Goldesel, denk nur mal, wie reich die Leute in Tortona waren,

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