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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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den Weg zu versperren, wenn er das nächste Mal nach Italien ziehen würde, wie es seine schlechte Gewohnheit war.
    Aber wie denn den Weg versperren, fragte Baudolino ein bisschen skeptisch, er braucht doch bloß außen herum zu gehen? Ha, nein, antworteten sie, du kennst den Kaiser nicht (dachten die!), eine Stadt, die ohne seine Einwilligung entsteht, ist für ihn ein Schandfleck, der nur mit Blut abgewaschen werden kann. Er wird gezwungen sein, sie zu belagern (und hier hatten sie recht, sie kannten Friedrichs Charakter gut), deswegen brauchen wir solide Mauern und Straßen, die extra für den Krieg gebaut sind, und zu diesem Zweck haben wir uns die Genueser geholt. Die sind zwar Seeleute, aber sie fahren in viele fremde Länder, um dort neue Städte zu erbauen, und sie kennen sich aus.
    Aber die Genueser sind keine Leute, die etwas umsonst machen, sagte Baudolino. Wer hat sie bezahlt? Sie selber haben bezahlt, sie haben uns schon ein Darlehen von tausend Genueser Solidi gegeben, und weitere tausend haben sie uns für nächstes Jahr versprochen. Und was meint ihr mit Straßen, die extra für den Krieg gebaut sind? Das lass dir von Emmanuele Trotti erklären, der hat die Idee gehabt. Trotti, red du, du bist der Poliorket!
    »Was ist ein Poliorket?«
    »Sei still, Boidi, lass den Trotti reden.«
    Daraufhin sagte der Trotti (der ebenfalls wie Oberto del Foro ein miles zu sein schien, das heißt ein Ritter, ein kleiner Lehnsherr mit einer gewissen Würde): »Eine Stadt muss dem Feind so standhalten, dass er nicht über die Mauern steigt, aber wenn er's doch einmal tut, muss die Stadt in der Lage sein, ihm weiter standzuhalten und das Kreuz zu brechen. Wenn der Feind innerhalb der Mauern sofort ein Gassengewirr vorfindet, in das er eindringen kann, dann ist er nicht mehr zu fassen, der eine läuft dahin, der andere dorthin, und nach kurzer Zeit sitzen die Verteidiger in der Falle. Deshalb muss der Feind nach der Mauer einen offenen Platz vorfinden, auf dem er so lange ungedeckt bleibt, dass er aus den Gassen und aus den Fenstern mit einem Hagel von Pfeilen und Steinen empfangen und dezimiert werden kann, bevor er die Gassen erreicht.«
    (Das ist es, warf Niketas traurig ein, was wir in Konstantinopel gebraucht hätten, statt dessen haben wir zugelassen, dass direkt unter den Mauern solch ein Gassengewirr entstanden ist ... Ja, hätte Baudolino ihm gern geantwortet, aber dazu braucht man auch Leute vom Schlag meiner Dörfler und nicht solche Angsthasen wie diese Schlappschwänze von eurer kaiserlichen Wache – aber er unterdrückte es, um sein Gegenüber nicht zu verletzen, und sagte nur: Sei still, unterbrich den Trotti nicht und lass mich weitererzählen.)
    Der Trotti weiter: »Hat der Feind dann den offenen Raum überwunden und dringt in die Straßen ein, dürfen diese nicht gerade und mit dem Senkblei gezogen sein, auch wenn man sich an den alten Römern orientieren will, die eine Stadt wie ein Gitternetz entwarfen. Denn bei einer geraden Straße weiß der Feind immer, was ihn erwartet, und darum müssen die Straßen verwinkelt und kurvenreich sein, voller Ecken oder Ellbogen, nenn's wie du willst. Der Verteidiger wartet hinter der Ecke, sowohl am Boden wie auf den Dächern, und er weiß immer, was der Feind tut, denn auf dem benachbarten Dach – das mit dem ersten einen Winkel bildet – hockt ein anderer Verteidiger, der die Eindringlinge sieht und denen signalisiert, die sie noch nicht sehen können. Der Feind dagegen weiß nie, was ihn erwartet, und darum kann er nur langsam vorgehen. Infolgedessen muss eine gute Stadt lauter schlechtgebaute Häuser haben, die schief und krumm dastehen wie die Zähne einer alten Frau, was zwar hässlich aussieht, aber gerade darin besteht ihre Güte. Und schließlich braucht man noch den falschen Tunnel.«
    »Das hast du uns noch nicht gesagt«, warf der Boidi ein.
    »Konnt' ich ja nicht, das hat mir gerade erst ein Genueser erzählt, und der hatte es von einem Griechen gehört, es war eine Idee von Belisar, dem General Kaiser Justinians. Was ist das Bestreben eines Belagerers? Tunnel zu graben, die ihn unterirdisch ins Herz der Stadt bringen. Und was ist sein Traum? Einen Tunnel schon fertig vorzufinden, den die Belagerten nicht kennen. Also präparieren wir ihm einen Tunnel, der von außen in die Stadt führt, und verstecken den Eingang unter großen Steinen und Ästen, aber nicht so gut, dass der Feind ihn nicht eines Tages entdeckt. Das andere Ende des Tunnels, innerhalb

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