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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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finden kann«, sagte ich. »Die Autoren, auch die schon gedruckten, schreiben voneinander ab, der eine zitiert als Beleg die Behauptung des andern, und als letzten Beweis benutzen sie alle einen Satz von Jamblichos oder so jemandem.«
    »Na und?« sagte Garamond. »Wollen Sie den Lesern etwas verkaufen, was sie nicht kennen? Die Bücher der Entschleierten Isis müssen genau von denselben Sachen handeln, die auch in den anderen stehen. Sie bestätigen sich gegenseitig, also sind sie wahr. Misstrauen Sie der Originalität.«
    »Schon recht«, sagte Belbo, »aber wir müssten doch wenigstens wissen, was in diesen Kreisen allgemein bekannt ist und was nicht. Wir bräuchten einen Berater.«
    »Welcher Art?«
    »Ich weiß nicht. Er müsste nüchterner als die Diaboliker sein, aber ihre Welt kennen. Und er müsste uns auch bei der Reihe Hermetik beraten. Ein ernsthafter Kenner des Hermetismus der Renaissance…«
    »Bravo«, sagte Diotallevi, »und wenn du ihm dann das erstemal sowas wie den Gral und das Heilige Herz in die Hand drückst, geht er empört davon und knallt die Tür zu.«
    »Das ist nicht gesagt.«
    »Ich wüsste jemanden, der dafür richtig wäre«, sagte ich. »Er ist ein Gelehrter, der diese Sachen ernst genug nimmt, aber mit Eleganz, ich würde sagen, mit Ironie. Ich habe ihn in Brasilien kennengelernt, aber jetzt müsste er in Mailand sein. Ich muss irgendwo seine Telefonnummer haben.«
    »Kontaktieren Sie ihn«, sagte Garamond. »Aber seien Sie vorsichtig, er darf nicht zu teuer sein. Und dann versuchen Sie ihn auch gleich für das wunderbare Abenteuer der Metalle zu benutzen.«
     
    Agliè schien erfreut, meine Stimme zu hören. Er fragte, wie es der entzückenden Amparo gehe, ich gab ihm schüchtern zu verstehen, dass es sich um eine verflossene Geschichte handelte, er entschuldigte sich und machte ein paar liebenswürdige Bemerkungen über die Frische, mit welcher ein junger Mensch immer neue Kapitel in seinem Leben aufschlagen könne. Ich machte ihm Andeutungen über ein neues Verlagsprojekt. Er zeigte sich interessiert, sagte, dass er uns gerne empfangen würde, und wir verabredeten ein Treffen in seinem Hause.
     
    Von der Geburt des Hermes-Projekts bis zu jenem Tage hatte ich mich unbesorgt auf Kosten der halben Welt amüsiert. Nun begannen sie, die Rechnung zu präsentieren. Auch ich war eine Biene und flog zu einer Blüte, nur wusste ich es noch nicht.

 
    46
     
    Während des Tages setze dich etliche Male vor den
    Frosch und sprich Worte der Verehrung. Und bitte
    ihn, die Wunder zu vollbringen, die du dir wünschest ...
    Unterdessen schnitze ein Kreuz, um ihn daran aufzuspießen.
     
    Aus einem Ritual von Aleister Crowley
     
    Agliè wohnte in der Gegend von Piazzale Susa: eine ruhige Seitenstraße, eine Fin-de-siècle-Villa in dezentem Jugendstil. Die Tür öffnete uns ein alter Diener in gestreifter Jacke. Er führte uns in einen Salon und bat uns, auf den Herrn Grafen zu warten.
    »Dann ist er also Graf«, flüsterte Belbo.
    »Hab ich Ihnen das nicht gesagt? Er ist Saint-Germain redivivus.«
    »Er kann nicht redivivus sein, wenn er nie gestorben ist«, sprach Diotallevi. »Er wird doch nicht Ahasver sein, der Ewige Jude?«
    »Nach Ansicht einiger ist der Graf von Saint-Germain auch Ahasver gewesen.«
    »Na bitte.«
    Agliè trat herein, wie immer makellos gekleidet. Drückte uns die Hand und entschuldigte sich: Eine langweilige Sitzung, ganz überraschend, halte ihn leider noch zehn Minuten in seinem Studio auf, wir sollten es uns einstweilen bequem machen. Er hieß den Diener, uns Kaffee zu bringen, und ging durch einen schweren Vorhang aus altem Leder hinaus. Es gab keine Tür, und während wir den Kaffee schlürften, hörten wir erregte Stimmen aus dem Nebenraum. Zuerst sprachen wir laut miteinander, um nicht zu lauschen, dann meinte Belbo, dass wir vielleicht störten. In einem Moment der Stille hörten wir eine Stimme und einen Satz, die unsere Neugier weckten. Diotallevi stand auf und tat, als bewunderte er einen barocken Stich an der Wand, direkt neben dem Vorhang. Es war eine Höhle im Gebirge, zu der einige Pilger über sieben Stufen hinaufstiegen. Nach kurzer Zeit taten wir alle drei, als ob wir das Bild studierten.
    Es war zweifellos die Stimme Bramantis, die wir gehört hatten, und er sagte gerade: »Also jedenfalls, ich schicke niemandem Teufel ins Haus.«
    An jenem Tag wurde uns klar, dass Bramanti nicht nur das Aussehen, sondern auch die Stimme eines Tapirs hatte.
    Die andere

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