Die Hochzeit meiner besten Freundin
hinterhergieße.
Ich werfe meinen Morgenmantel über und mache mich auf die Suche nach Nicky.
Erstaunlicherweise ist sie auf.
In der Küche kauert sie auf einem Stuhl, den Rücken gegen die Anrichte gelehnt. Sie trägt noch immer denselben Morgenmantel, den sie den ganzen gestrigen Tag über anhatte; der letzte Rest Wodka aus der Flasche ist jetzt in ihrem Glas und schon halb getrunken. Mit zitternden Händen zündet sie sich gerade eine Marlboro an.
»Seit wann rauchst du denn?« Ich fülle den Wasserkocher und lehne mich dann ihr gegenüber an die Anrichte.
»Seit. äh. zwei Minuten.« Achselzuckend inhaliert sie vorsichtig und verfällt prompt in ein ungesundes Husten. »Mein Vater muss die hier bei seinem letzten Besuch dagelassen haben.«
»Darf ich fragen, warum du angefangen hast zu rauchen?«
»Weil es angeblich gut für die Nerven ist?«, schlägt sie zerstreut vor und fährt sich mit der freien Hand über die geröteten Augen. »Damit meine Hände beschäftigt sind, so dass ich sie nicht um den Hals dieses Schweins legen kann…«
»Es wäre wohl gesünder, Richard zu erwürgen. Willst du ein bisschen Toastbrot zu deinem Wodka?«
Nicky schüttelt den Kopf, stöhnt aufgrund dieser Anstrengung und nimmt einen weiteren Schluck von »Smirnoffs Bestem«.
»Kann ich dich wenigstens davon überzeugen, ein wenig Cola hinzuzufügen?«, frage ich sarkastisch.
»Einmal Wodka, immer Wodka.« Trotzig sieht sie mich eine Weile an, dann verzieht sich ihr Gesicht. »Oh, Belle, es überrascht mich nicht, dass er mich nicht will – ich habe sowieso nie verstanden, warum er mich wollte. Sieh mich doch an. Eine lächerliche, fette, blöde Kuh…«
Ihre Augen, die bereits zwei roten, geschwollenen Schlitzen gleichen, füllen sich erneut mit Tränen, die ihr in einem weiteren Anfall von Herzschmerz über die Wangen kullern.
»Ich verstehe nicht, wieso jemand wie er überhaupt mit jemandem wie mir ausgehen wollte«, beharrt sie, »von einer Heirat ganz zu schweigen _ aber es hat sich ja herausgestellt, dass er mich nicht wirklich heiraten wollte, stimmt’s? Er wollte wahrscheinlich sogar erwischt werden. Das war der leichteste Weg, mich loszuwerden.« Sie verstummt für einen Augenblick, ihr Gesicht ist vor Schmerz verzogen.
»Sah sie sehr gut aus?«, flüstert sie, hin- und hergerissen zwischen Angst und Interesse.
»Nein«, lüge ich mit Nachdruck und bin dankbar dafür, dass Miss La Perla die Eingebung hatte, beim ersten Ertönen des Martinshorns abzudampfen und so einem Skandal aus dem Weg zu gehen. »Außerdem ist Schönheit nicht nur äußerlich, das weißt du doch. Du bist lieb, nett, aufmerksam, schlau, treu, wunderbar _«
»Und als Nächstes erzählst du mir, dass er nicht gut genug für mich war«, unterbricht Nicky mich. »Dass ich einen Besseren finden werde, der mich wirklich verdient.«
»Ja, stimmt. Aber ich werde versuchen, die Platitüden zu vermeiden, wenn du willst.«
»Du kannst genauso gut die Erste sein, die damit anfängt«, sagt Nix seufzend und zieht ein weiteres Mal behutsam an ihrer Zigarette. Dann fährt sie sich mit dem Handrücken über ihr Gesicht, um die Tränen fortzuwischen. »Warte nur, bis es herauskommt _« Bei dem Gedanken verdreht sie entsetzt die Augen. »Ich brauch noch einen Drink.« Sie greift nach der Wodkaflasche, stellt sie aber gleich wieder ab. »Nein, brauche ich nicht, ich brauche Richard _«
»Ich weiß, was du brauchst. Weder Richard noch das da.« Ich bringe ihr Glas an mich, bevor sie danach greifen kann.
»Aber du selbst hast ihn gekauft«, jammert Nix, als ich das Glas über dem Spülbecken ausleere.
»Schon, aber nicht zum Frühstück.«
Ich schalte den Wasserkocher ein und hole zwei Tassen aus dem Schrank, wobei ich hastig die mit Richard darauf gegen eine etwas Neutralere austausche.
»Okay, lass uns eine goldene Regel aufstellen«, sage ich zu ihr, als der nur zu einem Viertel gefüllte Wasserkocher bereits zu dampfen anfängt. »Man bekommt viel ab im Leben, klar? Manche Brocken sind wie kleine, ärgerlicher Spritzer auf den Schultern deiner Lieblingsjacke. Andere gleichen fetten, großen, stinkenden Kuhfladen, die dir mitten auf den Kopf klatschen.«
»Das hier gehört entschieden in die Kuhfladen-Kategorie«, bemerkt Nicky schnüffelnd und blickt niedergeschlagen auf den Tee, den ich ihr reiche. Offensichtlich hätte sie gern etwas Stärkeres dazu als nur Magermilch und zwei Würfel Zucker.
»Ich weiß, aber wir sollten uns darauf einigen,
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