Die Höhle in den Schwarzen Bergen
sein. Die Lederplanen gewährten Schutz vor Wind, vor den Sonnenstrahlen, vor der gleißenden Helle. Es herrschte ein den Augen angenehmer Dämmer. Harka schaute sich um und sah eine fremde Frau hantieren. Er begriff nicht, wo er war, fragte aber auch nicht, sondern wartete schweigend ab.
Die Frau wurde darauf aufmerksam, daß er die Augen offenhielt, und brachte ihm zu trinken; als er gierig getrunken hatte, gab sie ihm auch zu essen, ein paar Löffel Büffelhirn, und er aß hungrig. Aber bald hatte er wieder genug und legte den Kopf zurück, um zu ruhen.
Nach einiger Zeit kam der Vater. Die Frau hatte ihn wohl gerufen. Er sah ernst, mit einer scheuen Freude auf den geretteten Sohn und sagte: »Es ist ein großer Zauber geschehen. Mit deinem Blut hat dich der böse Geist verlassen. Du hast ihm selbst den Weg geöffnet, so daß er mit deinem Blut hinausfahren konnte. Jetzt bist du wieder Mattotaupas Sohn, Harka Wolfstöter Bärenjäger.«
Harka fiel es noch schwer, sich an das zu erinnern, was vor oder während seines heftigen Fiebers und seines Fieberwahns vorgegangen war. Er schaute seinen Vater daher forschend an und wiederholte dessen Worte lautlos mit seinen Lippen.
Mattotaupa schien befreit und erleichtert. »Wie gut, wie gut, daß Red Jim mir vorschlug, dich hierherzubringen.«
Bei dem Namen Red Jim war es Harka, als ob plötzlich ein Vorhang von den Gedächtniszellen seines Gehirns weggezogen würde. Mit einem Schlage standen alle Vorgänge, die er überhaupt bewußt erlebt hatte, klar und deutlich vor ihm. Er senkte die Lider.
»Ich will schlafen«, sagte er. »Werde ich die Zeit dazu haben?«
»Es ist Zeit. Es ist viel Zeit, Harka Nachtauge Steinhart. Du kannst in diesen Zelten hier bleiben, so lange du willst. Noch bist du jung, zu jung für einen Krieger. Ich habe das nicht ganz bedacht.«
»Nun bedenkst du es«, erwiderte Harka langsam. »Ich werde auch bedenken, ob ich in den Zelten hier bleiben will. Wem gehören sie?«
»Den Kriegern der Pani.«
Mattotaupa schien es, daß Harka noch sehr müde sei, und er zog sich zurück, um den Genesenden schlafen zu lassen, wie dieser gewünscht hatte.
Erst gegen Abend wurde Harka wieder wach. Als er sich umschaute, noch ohne sich dabei auf seinem Lager zu rühren, erkannte er drei Männer am Feuer. Der eine war sein Vater Mattotaupa, der zweite ein Panikrieger mit der keck wippenden Skalplocke am Wirbel des kahlgeschorenen Schädels, der dritte war der Gastgeber und Herr des Zeltes, ein Panihäuptling, der die Adlerfederkrone trug. Dieser teilte soeben Büffelrippenstücke an seine beiden Gäste aus. Unentwegt schaute der Junge von seinem Lager aus nach den drei Männern am Feuer.
Als die Rippenstücke verzehrt und die Pfeifen zu Ende geraucht waren, begannen die drei Männer am Feuer miteinander zu sprechen. Die Pani verstanden kein Dakota, Mattotaupa nicht die Sprache der Pani. Sie verständigten sich mittels der unter den Indianern üblichen Zeichensprache, in der sich viele einfache Mitteilungen machen ließen. Der Panikrieger und Mattotaupa konnten auch einige Gedanken auf englisch austauschen. Harka beobachtete und lauschte von seinem Lager aus. Er erfuhr aus dem Gespräch, daß es diese Panigruppe war, die vor Jahren mit der Bärenbande gekämpft hatte, als Mattotaupa, damals noch Kriegshäuptling bei den Dakota, die Männer, Frauen und Kinder von den Black Hills zum Pferdebach geführt hatte. Bei diesem Gefecht war Harkas Mutter durch eine fehlgegangene Kugel getötet worden. Mattotaupa hatte jenen Panihäuptling besiegt und getötet, dessen Nachfolger jetzt dem Kundschafter Top Gastfreundschaft gewährte.
Harka sah, wie das Gespräch höflich und im Einvernehmen beendet wurde. Der Panikrieger verabschiedete sich und ging. Harka schloß die Augen, um nicht zu sehen, wie der Häuptling und sein Vater zusammen an sein Lager herantraten, und um nicht sprechen zu müssen.
Am nächsten Morgen war er früh wach. Sobald der Panihäuptling und Mattotaupa das Zelt verlassen hatten, erhob auch er sich. Er ging allein hinaus an den Bach, obgleich er sich noch schwach fühlte; er wusch sich gründlich und kleidete sich dann im Zelte vollständig an. Auch seine Waffen suchte er sich alle zusammen. Zum Frühstück setzte er sich neben die Frau und aß genug, so daß er wie ein gesunder junger Bursche wirkte, obgleich er noch mager war wie ein Büffel im Februar. Er hatte sich im Wasserspiegel gesehen. Der Bastverband um seinen linken Arm erinnerte an das,
Weitere Kostenlose Bücher