Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
ging. Dem Ingenieur flog der Hut vom Kopf. Er blickte sich verwirrt danach um und sah ihn am Fuße des Höhenrückens im Grase landen. Im Kopf des Hutes steckte ein Pfeil. Schnell warfen sich alle drei zu Boden und krochen den Hang des Höhenrückens einen Meter hinab.
    »Gottverdammte Indsmen, rotes Gelichter!« stieß der Ingenieur dabei hervor. Die beiden Grenzer schwiegen und versteckten ihre Köpfe hinter Sand und Gras.
    Vom Expeditionslager aus hatten die Männer den Vorgang beobachten können. Sofort rannten alle, die Schußwaffen in der Hand, zu den dreien hin und warfen sich bei diesen am Hügelkamm ins Gras. Über den Kamm der Anhöhe hinweg gaben die Männer ein paar Schreckschüsse ins Blaue ab.
    Dann herrschte Stille.
    Der Himmel war dunkelblau, und der ausdörrende Wind strich über die Hochprärie. Bei den Zelten grasten die Pferde. Die wenigen Männer, die dort zurückgeblieben waren, hatten die Tiere in der Mitte des Lagers zusammengetrieben.
    »Wir müssen uns verteilen«, sagte Charlemagne zu dem Ingenieur. »Es kann sein, daß die Indsmen sich auch hinter den südlichen Anhöhen heranschleichen. Wir müssen diese Höhenrücken auch besetzen.«
    »Natürlich, kann sein, daß sie sich auch von Süden heranschleichen. Mitten am Tage. Warum denn auch nicht! Die nehmen uns überhaupt nicht mehr ernst! Jeden Morgen machen sie sich den Spaß, uns Nadelstiche zu versetzen und unsere Arbeit aufzuhalten. Ich gebe aber nicht schon wieder einen Tag verloren. Die großen Kontrakte mit der Regierung stehen bevor. Unsere Kompanie muß mit ins Geschäft kommen! Also ihr beide bleibt hier auf dem Hügel und knallt, sobald sich eine rote Nasenspitze oder ein schwarzer Schöpf zeigt. Auf den Höhenrücken im Süden auch zwei Mann ­ alle anderen an die Arbeit! Los!«
    Einige der Männer murrten und knurrten, aber alle gehorchten und folgten dem Ingenieur, der sich den Abhang hinabgleiten ließ und unten seinen Hut auflas. Dabei betrachtete er den Pfeil, der im Kopfe des Hutes steckte. Der Schaft war gefärbt und eingekerbt. »Den heben wir uns auf. Erkennungszeichen der Halunken!«
    Die Männer nahmen im Tal des Baches ihre Vermessungsarbeiten wieder auf. Auf den Höhen im Süden und im Norden hielten je zwei Wachen Ausschau.
    Bill und Charlemagne auf dem Hügelkamm im Norden des Bachs waren unzufrieden. Sie hatten die Nacht durchwacht und kamen jetzt wieder nicht zum Schlafen.
    »Ein paar Scouts mehr könnten sich die ruhig leisten«, schalt Bill. »Mich soll wundern, wie viele von uns im Herbst noch übrig sind. Übrigens, was hältst du denn nun im Ernst von der Sache mit Tom?«
    »Die Bande hat ihn sich geholt.«
    »Wie der Teufel ’ne arme Seele.«
    »Wenn’s so ist, ist der arme Kerl wirklich in die Hölle geraten. Möchte jetzt nicht die Beute eines Indsman werden.«
    »Ich auch nicht.«
    »Ob wir was für Tom tun können?«
    »Sei bloß still. Hat jeder genug mit sich selbst zu tun.«
    Charlemagne gab darauf keine Antwort mehr. Bills Skrupellosigkeit beruhigte auch sein Gewissen.
    Die beiden dösten in der wachsenden Hitze vor sich hin. Die Luft flimmerte. Der Wind hatte sich gelegt.
    Im Tal am Bach erklangen Schreie. Die beiden Wachen auf dem Hügel fuhren herum und sahen, wie einer der bei der Arbeit befindlichen Männer zusammenbrach. Ein Pfeil hatte seinen Hals durchbohrt.
    Bill und Charlemagne sagten kein Wort. Die Lage war ihnen unheimlich. Seit Tagen erfolgten diese lautlosen Angriffe der feindlichen Indianer. Immer wieder schwirrte ein einzelner Pfeil und traf sein Ziel. Aber kein Indianer war zu fassen. Kein Kriegsruf ertönte. Aus dem Schweigen der einsamen Prärie kam immer wieder der Tod.
    Die Unruhe unter den Teilnehmern der Vermessungsexpedition war groß, und der leitende Ingenieur mußte schon seit einer Woche alle Willenskraft aufbieten, um seine Leute noch zusammen und bei der Arbeit zu halten. Arbeiten und Kriegführen zur selben Zeit, das schien allmählich jedem zuviel und auf die Dauer undurchführbar. Aber woher die Kundschafter nehmen, jetzt, im vierten Jahr des Bürgerkrieges?
    Die Leute, die im Tal gearbeitet hatten, verließen nach dem zweiten Pfeil und dem Tod ihres Gefährten die Arbeit. Die meisten warfen sich ins Gras und suchten hinter Stauden und den Dünen des Flußsandes Deckung. Einige waren zu den Zelten geflohen und hielten sich dort versteckt. Bill brach nun doch das Schweigen. »Große Schweinerei!«
    »Da kommst nicht mal du durch, obwohl du sechsundzwanzig

Weitere Kostenlose Bücher