Die Höhle in den Schwarzen Bergen
Fährten gefunden.
»Mit Tschetan.«
»Was will er?«
»Den Skalp des Jim.«
Mattotaupas Augen weiteten sich, als ob ihn Entsetzen packe. »Er will den Skalp … aus wessen Hand?«
Harka wurde steinhart. »Wenn es sein muß auch aus der meinen.«
»Harka Steinhart Nachtauge Wolfstöter! Mein Sohn! Wenn du deine Hand gegen meinen Bruder Red Jim erhebst …, gegen meinen treuen Bruder erhebst …, gegen meinen einzigen Bruder …, um seinen Skalp denen zu bringen, die mich verleumdet, verstoßen und beleidigt haben …, so wird dich …«, Mattotaupa nahm den spitzen zweischneidigen Dolch aus der Scheide und stieß ihn bis ans Heft in die Erde …, »so wird dich dieses mein Messer treffen als einen, der seinen Vater verraten hat.«
Harka schaute auf die Hand des Vaters, auf den Griff des Messers und auf die Klinge, die mit einem Ruck wieder aus der Erde gezogen wurde und in der letzten Glut des Hüttenfeuers funkelte, ehe Mattotaupa sie langsam in die Lederscheide gleiten ließ.
»Mattotaupa!« sagte Harka, als das Messer wieder fest in der Scheide steckte, und er sagte es mit einer tiefen, dunkel klingenden Stimme, stolz wie ein Mann. »Du hast mich erzogen, und auf dich habe ich gesehen, als ich heranwuchs. Ich habe keine Angst, auch nicht vor deinem Messer. Aber ich werde deinen Bruder Red Jim erst töten, wenn auch du selbst ihn töten würdest. Ich habe gesprochen, hau.«
Der Vater betrachtete seinen Sohn wie einen Menschen, der ihm neu und fremd war, dem er aber seine Achtung nicht versagen konnte.
Langsam erlosch die Glut. Ein Span nach dem anderen zerfiel zu Asche, einige Zweige erloschen, erst halb verglimmt. Keine Hand schob mehr Holz nach. Die Schatten krochen vor, sie verhüllten die beiden Menschen, das Angesicht, die Schultern, endlich die ganze Gestalt bis hinab zu den Füßen. Es wurde dunkel, und es wurde kalt in der Rindenhütte. Der Wind blies durch die Ritzen, seufzte und raschelte. Draußen rauschte der Fluß. Eine Eule kreischte. Sie kreischte jede Nacht bei diesem Gehölz.
Harka griff nach der büffelledernen Decke, die er aus dem heimatlichen Zelt in der Nacht seiner Flucht zum verbannten Vater mitgenommen hatte: Er wickelte sich darin ein, legte sich hin, zog die Knie an, um in der kleinen Hütte nicht viel Platz einzunehmen, und schloß die Augen. Er hatte noch gesehen, wie sich Mattotaupa auf dem Büffelfell schlafen legte. Es blieb einige Stunden still und finster. Nach Mitternacht prasselte ein Regenguß herab.
Des Morgens erhoben sich die beiden Indianer früh. Keiner wußte vom anderen, ob er wirklich geschlafen hatte. Sie gingen bei Sonnenaufgang über die regennasse Wiese zum Fluß, badeten, rieben sich mit Sand ab und salbten die Haut mit Fett, damit sie nicht spröde wurde. Sie holten die Decken aus der Rindenhütte und brachten sie zu dem Blockhaus. Harka führte die Mustangs zum Fluß, wo sie soffen und am Ufer, von Harka bewacht, zu weiden begannen.
Mattotaupa war in das Blockhaus eingetreten. Noch nie war dem Indianer die Luft in diesem Hause so drückend und widerwärtig erschienen wie an diesem Morgen. Es stank nach Schweiß, Schmutz, kalter Tabakasche, verschüttetem Branntwein und Bratenfett. Mattotaupa erinnerte sich unwillkürlich an den Tag im Blockhaus des alten Abraham, als er sich dort entschlossen hatte, nie mehr in die Zelte der Siksikau zurückzukehren und damit auch seine zweite Heimat aufzugeben.
Die Schläfer krochen eben aus ihren Wolldecken. Jenny kam mit einem Reisigbesen und fegte. Mary steckte Holzscheite in den Herd; knisternd flammten sie auf und wärmten den großen Kessel. Ben schnarchte noch; er hatte sich am Abend betrunken und schlief seinen Rausch aus.
Joe saß am gewohnten Platz, am Ecktisch links hinten auf der Wandbank, und rauchte eine Zigarre. Henry saß bei ihm, unzertrennlich von Joe wie sein Schatten. Mattotaupa ging zu diesen beiden hin, ließ sich bei ihnen nieder und begann auch zu rauchen. Joe verbarg, daß er auf Mattotaupas Entscheidung wartete.
Der Indianer ließ ihn jedoch nicht unnötig warten. »Wir gehen mit dir, um dich und Henry zu beschützen.«
»Gut!« Joe zog den Rauch durch die Lunge. »Du sagtest wir . Wen meinst du, Top?«
»Mich und meinen Sohn Harry.«
»Ausgezeichnet. Jim hat schon zugesagt. Ihr drei seid dreihundert von den roten Giftmischern wert. Davon bin ich überzeugt.«
»Rechne ein wenig vorsichtiger«, riet Mattotaupa, nicht ohne merklichen Spott in der Stimme. »Wenn Tashunka-witko kommt,
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