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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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    Irgendwo außerhalb meines Sichtfelds stöhnte ein Mann erbärmlich. Es hörte sich an, als hätte er all seine Kraft verbraucht und läge nun im Sterben.
    Ich konnte allerdings nicht aufhören und nachschauen, was das Problem war. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, den harten Magen der Boxbirne rhythmisch zu bearbeiten. Diese luftgefüllte Lederblase schlug schneller gegen die Platte, an der sie baumelte, als jeder Basketball, den die NBA sich nur vorstellen konnte. Nichts auf der Welt wirkt beruhigender, als um drei Uhr nachmittags die Boxbirne zu bearbeiten, wenn die meisten anderen Arbeitnehmer noch in ihren Kabuffs hocken, von der Rente träumen, auf den Samstag hoffen oder sich unterirdisch in U-Bahn-Waggons gepfercht wiederfinden, während sie auf Ziele zurasen, die sie sich nicht ausgesucht haben.
    Im Kampf gegen die Boxbirne, erst mit den behandschuhten seitlichen Handballen, dann mit einem eingestreuten geraden Punch zur Abwechslung, schärft man seine Fähigkeit, durchzuhalten, so lange wie man nur kann – so nah ran wie möglich, aber ohne sich die Birne ins Gesicht knallen zu lassen. Und wenn dann der harte Ledersack sich schneller bewegt, als das Auge es fassen kann, fangen Hüfte und Waden, Nacken und Kopf an, sich unerwartet schnell und flüssig zu bewegen, unbeirrbar über alle Hindernisse um sie herum hinweg, und man ermüdet den imaginären Gegner mit der Unausweichlichkeit der Zeit.
    Und wie Ihnen jeder Boxer sagen kann, wird Zeit immer knapp.
    Jeder, der mit dir in den Ring steigt, ist größer und stärker, ist das größte Problem, das du je in deinem Faulenzerleben hattest , hatte Gordo immer gesagt, als ich noch ein junger Mann war, wie verrückt schwitzte und dachte, ich würde eines Tages Profiboxer werden. Die einzige Chance, die du hast, du machst ihn mürbe, die Fäuste stampfen wie Kolben, dein Kopf ist ständig in Bewegung. Du setzt Schädel und Schultern ein, Speckwanst und Spucke, alles, was du hast, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Und die ganze Zeit über bearbeitest du ihn mit den Fäusten, bis die gar nicht mehr wissen, wie man aufhört.
    »Gib mir noch vier.«
    Ein schmerzliches Aufstöhnen. »Ich kann nicht mehr!«, flehte die körperlose Stimme.
    »Noch vier!«
    Die Anstrengung im darauffolgenden Grunzlaut klang ganz nach einem Mann, der seine Eingeweide auskotzt.
    »Meine Brust!«, schrie er. »Tut weh!«
    »Du wirst schon nicht sterben«, versprach ihm sein Folterer. Es hörte sich wie ein Racheschwur an, nicht wie eine Beteuerung.
    Ich senkte meine zitternden Arme, ohne in die Richtung der beiden zu schauen, und ging zur Dusche. Schmerzen haben im Trainingslager der Gladiatoren keine Bedeutung, ebenso wenig wie Blut oder blaue Flecken, gebrochene Nasen oder Gehirnerschütterungen, Bewusstlosigkeit oder gar – ab und zu – Tod.
     
    In letzter Zeit duschte ich dreimal am Tag eiskalt. Nur diese belebende Kälte, dazu die Arbeit an der Boxbirne und das tägliche Zählen der Atemzüge hielten mich davon ab, den Verstand zu verlieren. Mit fünfundfünfzig stellte ich fest, dass das Leben zwar weiterging, aber die Probleme weiter wuchsen und die Lösungen nur dazu dienten, alles noch schlimmer zu machen.
    Ich hatte zu dem Zeitpunkt keinen Fall, was bedeutete, dass kein Geld hereinkam. Wenn ich eine Arbeit fand, dann bedeutete das nur, dass jemand auf die eine oder andere Weise – manchmal auf beide – zu Schaden kommen würde. Und selbst dann konnte es passieren, dass ich meinen Lohn als Privatschnüffler nicht bekam.
    In meiner Wohnung im zehnten Stock lag ein guter Freund im Sterben. Meine Frau hatte eine Affäre mit einem halb so alten Mann. Und das waren nur die Teufel, die ich kannte.
     
    Nach der Dusche war ich so erledigt, dass ich gerade noch aufrecht und nackt auf dem kleinen Eichenhocker sitzen konnte, der irgendwie seinen Weg in die Umkleide gefunden hatte. Aus dem Boxstudio war weiter das Stöhnen zu hören, und meine Muskeln zitterten noch immer von der Anstrengung des mittäglichen Workout.
    Aufzustehen war Glaubenssache. Ich kam mir vor wie der letzte noch stehende Mann nach einem lebenslangen Kampf in einem sinnlosen Krieg.
     
    Der untersetzte, milchkaffeebraune junge Mann war dabei, an einem Sit-up zu scheitern. Er sah aus wie eine riesige betrunkene Made, die jeden Gleichgewichtssinn verloren hatte, krümmte sich und ließ sich dann mit der Wucht einer schweren Matratze auf den Betonboden fallen.
    »Noch drei, und du hast’s

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